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Verbrechen

Hat ein Bauer aus Wallerstein seine Frau mit Gülle erstickt?

Bopfingen / Lesedauer: 3 min

Prozessauftakt im Mord von Wallerstein– Verteidiger bezeichnen Anklage als Spekulation
Veröffentlicht:15.10.2019, 14:15

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Hat ein Bauer seine Ehefrau mit Gülle umgebracht – oder sitzt der Mann seit mehr als einem Jahr unschuldig in Untersuchungshaft? Diese Frage muss das Landgericht Augsburg in den kommenden drei Monaten in einem Mordprozess klären.

Zu Beginn der Verhandlung am Dienstag ließen die vier Verteidiger des 55 Jahre alten Landwirts kein gutes Haar an den Ermittlungen von Kripo und Staatsanwaltschaft. Die Anklageschrift sei „wenig präzise“, kritisierte Rechtsanwalt Peter Witting . „Es ist alles offen, was passiert sein soll.“ Bei der Schilderung des Verbrechens werde einfach nur „spekuliert“.

Das Opfer soll an Gülle erstickt sein

Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft hingegen ist der „Gülle-Mord“ im September 2018 auf dem Hof im nordschwäbischen Wallerstein passiert. Der beschuldigte Deutsche soll damals seine Partnerin erst bewusstlos geprügelt haben. Danach habe er der Frau Gülle beigebracht, „wohl indem er das auf dem Rücken liegende Tatopfer insbesondere im Bereich des Gesichts mit Gülle übergoss“, heißt es in der Anklageschrift.

Dadurch sei die 51-Jährige wie geplant erstickt. Als Motiv vermuten die Ermittler, dass der Ehemann das gemeinsame Vermögen des Paares für sich allein haben wollte, weil seine Frau die Scheidung geplant habe. Deswegen habe der Mann auch bereits knapp 45 000 Euro bar in seinem Auto versteckt und weitere rund 87 000 Euro im Haus.

Zu diesen Vorwürfen äußerte sich der Mann zunächst nicht selbst in dem Prozess, er ließ seine Anwälte reden. Die wollten auch gar nicht abstreiten, dass die Partnerschaft alles andere als gut war.

„Es ist richtig, dass die Ehe seit vielen Jahren nicht mehr als eine Zweckgemeinschaft war.“ Zu dem Zeitpunkt des Todes der Frau sei alles wie immer bei den Eheleuten gewesen, führte Witting aus – „wie immer schlecht“.

Nach den Schilderungen der Anwälte führte das Paar den Hof im Nebenerwerb. Der Mann sei schon lange der Ansicht gewesen, dass sich seine Frau zu wenig um die Landwirtschaft kümmere und habe ihr zuletzt auch kein Haushaltsgeld mehr gegeben.

Anwälte sprechen von „schlichtem Unfall“

Das Geschehen an der Güllegrube ist nach Überzeugung der Verteidiger aber nur ein „schlichter Unfall“ gewesen. Die dreifache Mutter sei selbst in die Grube gestiegen, sei dort vielleicht auch wegen gesundheitlicher Probleme in die Gülle hinein gestürzt und habe sich dann noch ins Freie retten können, wo sie gestorben sei.

Einen ersten Teilerfolg konnten die Verteidiger bereits verbuchen. Das Gericht ließ am Dienstag den Chef des Hamburger Instituts für Rechtsmedizin, Professor Klaus Püschel, als zusätzlichen Sachverständigen für das Verfahren zu.

Die Anwälte hatten Püschel benannt, um die auf Basis des Gutachtens der Münchner Rechtsmedizin erstellte Anklage zu widerlegen. In einer ersten Stellungnahme vor dem Prozess hatte Püschel bereits erhebliche Zweifel an dem angenommenen Tatablauf vorgetragen.

Die Strafkammer hat zunächst 14 weitere Verhandlungstage geplant, um den Tod der Frau aufzuklären. Das Urteil wird für Januar 2020 erwartet.