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Frauenknast

Carola Merk-Rudolph: Früher Sportunterricht im Frauenknast, heute Gemeinderätin

Bopfingen / Lesedauer: 5 min

Die Bopfinger Gemeinderätin ist leidenschaftliche Lehrerin. Als Studentin gab sie Sportunterricht - im Frauengefängnis.
Veröffentlicht:03.12.2018, 14:53

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Carola Merk-Rudolph steht mitten im Leben. Was sie tut, tut sie von Herzen, mit Selbstvertrauen, Sachverstand und Humor: als Mutter, an der Realschule Bopfingen, im SPD-Ortsverein Bopfingen-Sechta-Ries, als Gemeinde- und Kreisrätin. Sie kennt Erfolg und Verlust sehr persönlich. Von wegen abgehobene Politiker – das kann über die Landtagskandidatin der Sozialdemokraten von 2016 gewiss niemand sagen.

Eine Anekdote aus dem Wahlkampf von damals gefällt Carola Merk-Rudolph besonders gut. „Es war im Lidl an der Kasse. Eine Frau stupst mich an und sagt: ‚Sie gibt es ja wirklich.‘ Das fand ich amüsant.“ Überlebensgroß lächelte das Konterfei der Kandidatin vor den Landtagswahlen von den SPD-Plakaten. Und auch, wenn sie das Ergebnis der Südwest-SPD – nur 12,7 Prozent der Stimmen – „wahnsinnig enttäuschend“ fand, auch wenn sie selbst den Einzug ins Stuttgarter Parlament knapp verfehlte, sagt Carola Merk-Rudolph heute: „Ich würde es noch mal machen.“ Noch mal bei Eiseskälte um 5 Uhr früh vor den Werkstoren von Varta oder SHW stehen und Brezeln und Flyer verteilen oder am Bahnhof rote Rosen. „Ich hatte ein ganz tolles Team, es sind Freundschaften entstanden“, versichert die Mittsechzigerin. „Das war so intensiv, ich will es nicht missen.“

„Kommunalpolitik ist wahnsinnig interessant.“

Nun setzt sich Carola Merk-Rudolph wieder lokal ein. Im Ortsverein, den sie noch bis in die Kommunalwahlen 2019 führen möchte, und im Bopfinger Gemeinderat, für den sie ebenso wie für den Kreistag wieder kandidieren wird. „Ich hätte das nie gedacht, aber Kommunalpolitik ist wahnsinnig interessant“, schwärmt die SPD-Fraktionsvorsitzende, „es ist gelebte Demokratie und betrifft uns unmittelbar.“ Zum Beispiel die Bordsteinhöhe. „Diese hatte mich nie interessiert“, gesteht Carola Merk-Rudolph, „bis ich selbst einen Kinderwagen schob.“ Im Kreistag ist sie Geschäftsführerin der SPD-Fraktion und deren stellvertretende Vorsitzende. Sie fungiert als Sprecherin des Ausschusses für Bildung und Finanzen und gehört dem Verwaltungsausschuss der Kliniken an. Dort geht es derzeit um die Zukunft der Kinderkliniken im Ostalbkreis. Eine komplexe Sache, Carola Merk-Rudolph redet als eine von wenigen Frauen in dem Gremium mit und findet das sehr wichtig. „Wichtig, dass der Blick der Frauen dazukommt zum Männerblick.“ Nur so ergebe sich ein Ganzes. Carola Merk-Rudolph tritt dafür ein, beide Kinderkliniken in Aalen und Mutlangen zu erhalten. Bleibt die Frage, welche der „Levels“ genannten Behandlungsmöglichkeiten für Frühchen wo angeboten werden können. „Das wird spannend.“

Hört man Carola Merk-Rudolph zu, kann man kaum glauben, wie die gebürtige Schwäbisch Gmünderin zur Politik gekommen ist. Sie hat ein Volleyballspiel verloren. 1989 war das, die passionierte Sportlerin spielte mit anderen Junglehrern, als ein Kollege sie ansprach: „Er fragte, ob ich für den Gemeinderat kandidieren würde. Nur, um die Liste zu füllen.“ Sie einigten sich: „Falls seine Mannschaft gewinnt, gehe ich auf die SPD-Liste“, schmunzelt Carola Merk-Rudolph.

Ich wollte nie Lehrerin werden, und jetzt bin ich es von Herzen.

Carola Merk-Rudolph

Gar so weit hergeholt war das gar nicht. Carola Merk-Rudolph ist mit drei Geschwistern in einem SPD-geprägten Elternhaus aufgewachsen. Gerechtigkeit, Mitmenschlichkeit, Soziales sind ihr schon immer Anliegen gewesen und die Geschichte der SPD Inspiration. „Diese Partei hat so starke Frauen und Männer in ihren Reihen gehabt, sie steht auf so starken Schultern“, sagt Carola Merk-Rudolph. Und so war es ein Glücksfall, dass der Listenplatz von 1989 sich als Ticket in den Bopfinger Gemeinderat erwies. „Mit hochschwangerem Bauch saß ich dort und hörte mir die Reden an“, erinnert sich Carola Merk-Rudolph. Kaum war 1990 ihre Tochter auf die Welt gekommen, „war ich wieder dabei. Hörte zu, und irgendwann dachte ich: Das hätte ich jetzt auch sagen können.“ Sie kenne niemanden, der gewählt werde und sofort alles wisse. „Mit der Zeit kommt man rein.“

28 Jahre später ist Carola Merk-Rudolph mehr als „drin“. Im Gemeinderat ist sie die SPD-Fraktionsvorsitzende, den Ortsverein leitet sie, und alles neben ihrem Beruf als Lehrerin und kommissarische Rektorin an der Realschule Bopfingen . Auch hier hat sie viel erreicht, obwohl sie eigentlich „nie Lehrerin werden wollte“. An der Pädagogischen Hochschule in Schwäbisch Gmünd schrieb sie sich nur deshalb für Englisch und Sport ein, weil sie die Wartezeit auf ein Visum für einen Job in den USA überbrücken wollte. Als das Okay kam, ließ sie den Job in Übersee sausen und blieb an der PH. Sie lernte dort ihren Mann kennen, den sie 2008 wieder verlor: Er starb an Krebs, seinen Verlust spürt sie noch immer. Sie wurde Lehrerin an der Realschule Bopfingen, promovierte an der Uni Augsburg berufsbegleitend in Frühgeschichte und ist seit 2007 Konrektorin. Carola Merk-Rudolph lächelt wieder. „Ich wollte nie Lehrerin werden, und jetzt bin ich es von Herzen. Es ist ein ganz arg schöner Beruf.“

Merk-Rudolph als Sportlehrerin im Frauengefängnis

Carola Merk-Rudolph wäre nicht sie selbst, wenn sie ihren Erfolg in Beruf und Politik nicht mit Dankbarkeit verknüpfen würde. Für ihre Eltern, deren Vertrauen sie stark gemacht habe, und für die guten Lebenschancen, die sie erhalten habe. Wie anders es laufen kann, erlebte die Gmünderin im Frauengefängnis Gotteszell, wo sie während ihres Studiums Sportunterricht gab. Die Zeit mit den straffälligen Frauen ist ihr auch nach 38 Jahren noch sehr präsent. „Ich habe dort gelernt zu hinterfragen, wodurch etwas geschieht“, sagt sie. „Seither bin ich dankbar, dass ich andere Lebenschancen erhalten habe.“

Sie nutzt sie gut. „Auch nach 28 Jahren in der Kommunalpolitik macht es noch Spaß“, findet die Sozialdemokratin und ermutigt andere Frauen, es ihr gleich zu tun. „Es lohnt sich zu kämpfen. Man redet nicht nur, sondern handelt. Das ist heute wichtiger denn je.“