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Mastjahr

Wieder ein „Mastjahr“: Die fetten Jahre kommen immer öfter

Aalen / Lesedauer: 4 min

Wieder ein „Mastjahr“: Der Wald ist im Stressmodus – Gut fürs Wildschwein, schlecht für den Baum
Veröffentlicht:21.10.2018, 16:29

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Herbst-Finale eines extrem trockenen Jahres: Zu beobachten ist das gerade im Wald, und der Spaziergänger kann’s unter den Schuhen spüren: An vielen Stellen sind die Böden übersät mit Eicheln, Bucheckern und Kastanien. Und an den Nadelbäumen hängen Tannen- und Kiefernzapfen satt. „Mastjahr“ heißt so ein Jahr, das es eigentlich je nach Baumart nur ungefähr alle sechs bis zehn Jahre geben dürfte. In den vergangenen Jahren tritt es aber immer häufiger auf.

Für die Bäume bedeutet das nichts wirklich Gutes. Freuen über die massenhaften Samen können sich dagegen Wildschwein, Rötelmaus und andere. Los ging dieses Mastjahr aber eigentlich schon im Frühjahr. Das Wort Mastjahr stammt aus alten Zeiten. Früher trieb man das Vieh in die Wälder, um sich an den Samen vor dem Winter nochmals richtig satt zu fressen. Mast eben. Ein Nebeneffekt war, dass die Wälder schön licht blieben.

Begonnen hat dieses Jahr 2018 mit einer knackigen Kälteperiode im März. Dann wurde es unverhältnismäßig warm und viele Pollen bildende Bäume „explodierten“ zur selben Zeit. Das sah man an regelrechten gelben Stauwolken, Pollenschichten auf den Autos. Für Pollenallergiker begann eine besonders intensive Zeit der geröteten Augen und laufenden Nasen.

Futter in rauen Mengen

„Die Tiere im Wald finden gerade eine Futterauswahl in rauen Mengen“, erklärt Wolf Noack im Dezernat Wald und Forstwirtschaft im Landratsamt. Der Grund: Der heiße und vor allem extrem trockene Sommer setzte die Bäume unter großen Stress. Dann gehen sie in so eine Art Notfall-Modus. Aus Reflex heraus wird die Reproduktion angeregt, die Bäume wollen das Überleben ihrer Art sichern und bilden besonders viele Samen aus, die jetzt zu Boden fallen beziehungsweise schon länger auf dem Boden liegen.

Für Bäume ist die Mast eine Überlebensstrategie. In den meisten Jahren werden kaum oder wenig Samen ausgebildet. Dann können sich die sogenannten Fraßfeinde wie Mäuse oder Eichhörnchen nicht so stark vermehren. Ebenso wenig Parasiten, die sich auf die Samen spezialisiert haben. In den Mastjahren aber, den „fetten Jahren“, produzieren die Bäume so viele Früchte, dass sie die Fraßfeinde gar nicht alle verwerten können. So bleiben etliche Samen liegen und die Bäume haben für die nächste Generation gesorgt.

Die Jagd wird nicht einfacher

Der derzeitige Überfluss freut unter anderem die Wildschweine, die jetzt Bucheckern, Eicheln und Kastanien im Überfluss finden. Und das Mastjahr 2018 folgt auf das Mastjahr 2017. Auch Kreisjägermeister Michael Ott-Stopar beobachtet die erneute „Mast“ im Wald. „Die Tiere finden überall Nahrung“, erklärt er. Wie und ob sich das auf den Bestand der Tiere auswirkt, könne man nicht so genau sagen. Ein kalter, schneereicher Winter kann die Tiere wieder dezimieren.

Weil etwa Wildschweine nun so viel Futter im Wald finden, gehen sie tiefer in den Wald hinein und erscheinen weniger an den Rändern. Das macht die Jagd auf die „Schwarzkittel“ nicht einfacher. Und ein hoher Jagddruck, so Ott-Stopar, bringe bei den anpassungsfähigen Allesfressern sogar noch mehr Nachkommen. Ohnehin habe sich einiges verschoben. Die Bachen (die weiblichen Wildschweine) werfen mittlerweile teilweise sogar zweimal im Jahr.

Merkmal: Ein dünner Jahresring

Für den Wald neigt sich das Jahr 2018 dem Ende zu. Es war ein stressiges Jahr für ihn wegen der Trockenheit. Schon Mitte August hatten sich viele Blätter verfärbt oder wurden frühzeitig abgeworfen. Dazu kommt noch: In einem Mastjahr stecken die Bäume ihre ganze Energie in die Produktion von Samen oder Früchten. Mit dem Ergebnis, dass sie kaum noch wachsen und weit weniger Holz bilden. Das trockene Jahr 2018 kann man also an einem zukünftig gefällten Baum an einem besonders dünnen Jahresring erkennen.

 Im Wald knirscht es gerade oft unter den Schuhen: Jede Menge Samen haben die Bäume abgeworfen in diesem „Mastjahr“. Die massive Samenbildung ist ein Reflex auf den extrem trockenen Sommer.