Der Einzelhandel in der Aalener Innenstadt ist weiter in Bewegung. Geschäfte ziehen um, neue kommen hinzu. Diese seien kleine, aber wichtige Bausteine für die City und zeigten, dass die Kreisstadt für Existenzgründer nach wie vor der interessanteste Standort in der Region ist, sagt der Citymanager Reinhard Skusa bei einem Rundgang mit den „Aalener Nachrichten“.
Was lange währt, wird endlich gut. Nachdem Petra Hillebrand 2016 mit ihrer Strickbar in die Spitalstraße umgezogen ist, standen die Räumlichkeiten in der Radgasse fast zwei Jahre leer. Seit 2. Mai sind diese wieder mit Leben gefüllt. Derya Cimenlik betreibt hier seither ihren Friseursalon La Coupe. „Mit der Resonanz bin ich sehr zufrieden“, sagt die 41-jährige Friseurmeisterin, die bereits von 2000 bis 2003 unter dem Namen Coiffure La Coupe ein eigenes Geschäft in der Bahnhofstraße hatte und danach zehn Jahre in Stuttgart gearbeitet hat. Auf der Suche nach einem neuen Geschäft in Aalen habe sie lange mit dem Laden in der Radgasse geliebäugelt und freut sich, dass es geklappt hat. Vor der Eröffnung standen für Cimenlik umfangreiche Renovierungsarbeiten an. Auch die komplette Elektrik musste ausgewechselt und Wasserleitungen für die Bedienungsplätze gelegt werden. Drei gibt es bislang, ein vierter Platz kommt noch, sagt die 41-Jährige, die in ihrem Laden auch Kosmetik anbietet.
Wo einst Schmuckstücke angefertigt und verkauft wurden, werden künftig Hosen gekürzt, Reißverschlüsse ausgewechselt oder Lederjacken enger gemacht. Nachdem der Laden Schmuck Rall in den Neubau in der Beinstraße neben dem Früchtehaus Hieber gezogen ist, stand die ehemalige Wirkungsstätte von Wolfram und Sylvette Rall in der Löwenstraße leer. Seit Freitag bietet hier Murat Aybar seine Dienste an. Offiziell wird er sein Nähatelier am 21. Juli mit einem Tag der offenen Tür eröffnen. 15 Jahre lang hat der 39-Jährige eine Änderungsschneiderei in Crailsheim betrieben. Der Grund, sich beruflich nach Aalen zu orientieren, wohin er mit seiner Familie auch gezogen ist, sei, dass die Frequenz in der Kreisstadt besser sei. Das Handwerk hat der in Istanbul geborene Schneider von der Pike auf gelernt. „Bereits mit elf Jahren habe ich Nähte aufgetrennt, Knöpfe angenäht und Hosen gekürzt“, erzählt Aybar. Vorerst wird er sich allein um die Kunden kümmern. Wenn es gut läuft, will er Mitarbeiter einstellen und dann auch die Fläche im ersten Obergeschoss nutzen.
Ein neues Lokal gibt es in der Stadelgasse. Das Restaurant, das der Gastronom Guiseppe di Pietro hier Anfang 2016 hier eröffnet hat, gehört der Vergangenheit an. Statt La Giara prangt seit eineinhalb Monaten der Schriftzug Too Faces – Bar & Café auf dem Eingangsschild. Chef des Lokals ist Aytekin Yilmaz , der bereits seit siebeneinhalb Jahren das Face & Faces im Aalener Stadtbezirk Dewangen im ehemaligen Josefle betreibt. „Ich wollte schon immer einen Laden in Aalen aufmachen“, sagt Yilmaz und jetzt habe sich die Gelegenheit dazu ergeben. In die Einrichtung habe er kräftig investieren müssen. Von der Theke bis zu den Tischen und Stühlen sei alles neu. Für die Gestaltung der Wände zeichne seine Freundin Eileen Ulbricht verantwortlich, die diese unter anderem mit den Konterfeis von John Lennon, Elvis Presley oder Jonny Cash verschönert hat. Sie wird in der Anfangszeit auch federführend im Lokal stehen, während sich Yilmaz um die Stammkunden in Dewangen kümmert. Das Konzept seiner Raucherkneipe, die auch über einen großen Fernseher und Spielautomaten verfügt, beschreibt der Gastronom, der die meiste Zeit seines Lebens in Oberkochen verbracht hat, heute aber in Dewangen lebt, als weltoffen. „Bei mir sind alle Nationalitäten willkommen.“
Ein ähnliches Konzept verfolgt Murtaza Arslan in den Räumlichkeiten am Storchenplatz neben Olli’s Bistro, in denen einst ein Wettbüro seinen Sitz hatte. „Wir setzen vor allem auf Fußballfans“, sagt der Mitarbeiter und gelernte Koch Ahmet Altundag und zeigt auf drei Fernseher, in denen auch Spiele in Sky übertragen werden. Deshalb habe die Raucherkneipe Agora auch bereits während der Fußball-WM vorübergehend geöffnet. Richtig los gehe es aber erst in zwei Wochen. Über rund 30 Sitzplätze verfügt das Lokal, in dem auch Liebhaber von Spielautomaten auf ihre Kosten kommen. Der Inhaber Murtaza Arslan ist kein Unbekannter. In Unterkochen betreibt er die Alte Post und in Oberkochen das Fässle.
Jahrzehntelang ging im Geschäft Linea Uomo in der Radgasse italienische Mode für Herren über den Tresen. Seit Mitte März ist der Laden allerdings in Kinderhand. Unter dem Namen Tausendfüßler gibt es hier auf 130 Quadratmetern alles rund um die Füße der kleinen Zwerge – von Größe 18 bis Größe 38. Ein spezielles Kinderschuhgeschäft habe in Aalen gefehlt, sagt die Mitarbeiterin Annegret Krieg, die allerdings betont, dass es im Laden auch eine kleine Kollektion für die Mütter und Omas gebe. Die Resonanz der Kunden sei sehr gut. Viele würden auch aus Heidenheim, Bopfingen und Ellwangen hierher kommen. Sogar aus München und Stuttgart hätten Kundinnen über Mundpropaganda den Weg nach Aalen gefunden. Neben dem Haupthaus in Waldstetten in der Kreisstadt eine Filiale zu eröffnen, habe sich gelohnt. Aalen habe eine tolle Fußgängerzone und der Standort in der Radgasse sei ideal.
Wer das Geschäft Unitymedia noch in der Radgasse sucht, sucht vergebens. Dieses befindet sich mittlerweile in den Räumlichkeiten in der Mittelbachstraße, in denen über zwei Jahrzehnte lang der Laden Wolle Rödel seinen Standort hatte. Als einen Grund für den Umzug nennt Andreas Siep, Geschäftsführer der SC Media GmbH, die Vertriebspartner für unterschiedliche Anbieter sei, die Größe des Ladens. „Hier haben wir fast 40 Quadratmeter mehr.“ Darüber hinaus hätten sich durch das Mercatura und den Kubus die Laufwege verändert. In der Mittelbachstraße sei die Frequenz weitaus besser „und wir haben hier das Fünffache an Kunden“, sagt Siep. Insofern sei es die richtige Entscheidung gewesen, von einer B- in eine A-Lage zu ziehen. Aalen sei eine der wenigen Städte, die noch einen lebendigen Einzelhandel hätten und Ketten wie Fielmann, Binder oder Gina Laura seien Frequenzbringer.
Apropos Frequenz. Diese könnte im Kubus besser sein, sagt Kagan Zinner, der am 2. Juni im ersten Stock des Kubus‘ auf 114 Quadratmetern den Naturkinderladen LiebeVoll eröffnet hat. Im Schnitt seien die Umsätze in Ordnung, aber es sei noch viel Luft nach oben. Zinner, der seit 2015 die im Kubus erhältlichen Produkte, die vom Schnuller bis zum Shampoo reichen, in einem Onlineshop anbietet, sei Geschäftsmann und habe genau gewusst, auf was er sich einlässt, als er den Schritt in den Einzelhandel wagte und sich im Kubus einmietete. Doch selbst wenn es besser laufen könnte, ist er optimistisch, dass es mit dem Einkaufscenter nach oben geht. Das brauche allerdings Zeit. Fest überzeugt ist er davon, dass ein Laden wie seiner in Aalen gefehlt habe. Nicht nur mit Blick auf das Sortiment, bei dem Zinner großen Wert auf biologischen Anbau und faire Herstellung lege und das auch Angebote für Erwachsene beinhalte, sondern auch hinsichtlich des zusätzlichen Services, den er unter anderem mit einem Wickeltisch und einem Stillraum kostenlos anbiete.
Ende Juli füllen werden sich auch die Räume in der Mittelbachstraße, in denen einst die Buchhandlung Osiander ihren Sitz hatte. Dann zieht hier die Filiale von Binder Optik ein. Für den dann entstehenden Leerstand in der Reichsstädter Straße gebe es laut Citymanager Reinhard Skusa bereits einige Überlegungen. In wenigen Monaten Vergangenheit sein wird auch der Leerstand im ehemaligen Reno im Reichsstädter Markt. Hier zieht im Herbst NKD ein (wir berichteten). Im Geschäft Shoes in der Roßstraße läuft seit April der Abverkauf der Ware. Anschließend schließt das Geschäft seine Pforten. Laut Skusa gebe es für die Fläche allerdings schon Interessenten. Auch für den Leerstand, den Fielmann mit dem Umzug von der Radgasse in die Mittelbachstraße hinterlassen hat, werden Mieter gesucht. Nach wie vor leer steht auch das ehemalige Geschäft Malibu in der Radgasse. Ebenfalls Leerstände gibt es sowohl im Erd- als auch im Obergeschoss des Kubus.