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Impfmarathon

Gut vorbereitet in den Impfmarathon

Aalen / Lesedauer: 6 min

Bei einer Webkonferenz beantworteten verschiedene Experten Fragen zum Start des Kreisimpfzentrums
Veröffentlicht:15.01.2021, 13:22

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Was für ein „dummes Ding“ das Coronavirus doch ist, betonte Jens Mayer nicht nur einmal am Donnerstagabend. Als stellvertretender Vorsitzender der Kreisärzteschaft Schwäbisch Gmünd und Experte im Ostalbkreis für den Corona-Impfstoff war er Teil einer Webkonferenz, zu der der CDU-Landtagsabgeordnete Winfried Mack und der CDU-Landtagskandidat für Schwäbisch Gmünd, Tim Bückner, eingeladen hatten. Gemeinsam mit Vertretern der Malteser und des DRK informierten sie zeitweise mehr als 100 Teilnehmer über die Impfstrategie, die Organisation, den Ablauf und die Terminvergabe im Kreisimpfzentrum (KIZ). Denn sofern der Impfstoff geliefert wird, geht dieses am 22. Januar in der Ulrich-Pfeifle-Halle in Aalen in Betrieb.

Anschaulich erklärte Jens Mayer die relativ einfache Funktionsweise des Virus, die mit ein Grund dafür gewesen sei, warum so schnell ein Impfstoff gefunden und auch zugelassen werden konnte. Neben Ausführungen dazu, wie mit Hilfe der Impfung gegen Covid-19 vorgegangen wird, kam er auch darauf zu sprechen, warum es zweier Impfdosen bedarf: „Die erste Impfung bietet einen gewissen Schutz. Wesentlich effizienter ist es aber, nach etwa drei Wochen die zweite Impfung zu machen, da dann große Mengen von Antikörpern produziert werden.“ Um eine Herdenimmunität zu erreichen und damit den Effekt, dass sich „die Infektion irgendwann tot läuft“, sollten 50 bis 60 Prozent der Bevölkerung geimpft sein, so Mayer.

Dass der Impfstoff im Vergleich zu anderen so schnell zugelassen wurde, sei darauf zurückzuführen, dass enorm viel Geld und Ressourcen in die Forschung gesteckt wurden, was die teuren und sonst so langwierigen Prozesse enorm beschleunigt habe. Zu bisher fehlenden Langzeitstudien sagte der Experte: „Entweder es gibt eine Reaktion, die sofort eintritt, oder gar keine.“ Und weil der Impfstoff nachweislich Wirkung gezeigt habe, der derzeit verfügbare allerdings komplex gelagert werden müsse, habe die Impfung am Ende in mehrere Phasen eingeteilt und priorisiert werden müssen. „Momentan befinden wir uns in Phase 1a, in der 80 Prozent der höchsten Risikogruppe, also die Menschen über 80, und 20 Prozent der Menschen, die sich um diese kümmern, geimpft werden.“

Mit Menschen, die bereits geimpft wurden, hatte sich Bernd Schiele vom Malteser Hilfsdienst im Vorfeld unterhalten. Dabei hätten ihm insgesamt sechs Kollegen und Mitarbeiter bestätigt, dass sie die Impfung gut vertrugen und quasi keine Nebenwirkungen spürten, „außer vielleicht ein wenig Druck an der Einstichstelle“. In Hinblick auf die bevorstehenden Impfungen im KIZ Ostalbkreis sagte sein Kollege Heiko Born: „Wir stehen bereit und sind froh, wenn es losgeht.“ Nachdem sich enorm viele freiwillige Helfer gemeldet hätten, sei man gut aufgestellt. Die Mitarbeiter würden bereits intensiv geschult, um im Umgang mit dem Impfstoff fit zu sein. Denn dieser müsse nicht nur bei minus 70 Grad gelagert werden, sondern sei auch empfindlich gegenüber Erschütterungen. DRK-Kreisgeschäftsführer Matthias Wagner fügte hinzu, dass das Ziel sei, täglich 700 bis 800 Menschen im KIZ zum impfen.

Diese sogenannte Impfstraße läuft laut Bernd Schiele vor Ort folgendermaßen ab: Am Eingang erfolgt eine Einlasskontrolle, bei der Einladung und Ausweis kontrolliert werden. Drinnen angekommen, wird eine Registrierung vorgenommen, Daten werden abgeglichen und die Dokumentation gestartet. Als nächstes folgt eine Videovorführung mit einem kurzen Aufklärungsfilm. Danach gibt es ein persönliches Aufklärungsgespräch mit einem Arzt. Dabei sei vor allem für chronisch Erkrankte wichtig, eine Medikamentenliste oder einen entsprechenden Brief vom Hausarzt mitzubringen. Anschließend bringt ein Helfer den Patienten in eine Impfkabine. „Da wird zuerst desinfiziert, dann gibt es einen kleinen Pieks und schließlich folgt eine 15-minütige Nachbeobachtung“, so Schiele. Diese sei bei jeder Impfung gang und gäbe, eine Reaktion auf den Impfstoff hingegen äußerst unwahrscheinlich.

Zwar magelt es derzeit noch an Impfstoff für des Ostalbkreis, doch Winfried Mack sieht den Weg der Regierung, geeignete Produktionslinien aufzuspüren und zu nutzen, statt ungeeignete aufwendig auszubauen, als den richtigen an. Außerdem verkündete er, dass sich die gesetzlichen Krankenkassen dazu bereit erklärt hätten, nun die Taxifahrten zu den Impfzentren mit Begleitperson zu bezahlen. Ursprünglich hätte diese jeder selbst bezahlen müssen. Des Weiteren sei man in Baden-Württemberg derzeit noch dabei, Sozialminister Manfred Lucha zu überzeugen, ein Schreiben samt Impftermin an Betroffene zu verschicken.

„Ein Durchbruch ist auch, dass nun auch die Menschen im betreuten Wohnen von den mobilen Impfteams geimpft werden“, so Mack. Eigentlich hätten diese auf eigene Faust zu den Impfzentren kommen müssen. Nachdem aber in zuletzt Protest aufgeflammt war, habe man dies angepasst. Ziel müsse in jedem Fall sein, im ersten Halbjahr so viele Personen wie möglich zu impfen. Mayer stellte in diesem Zusammenhang allerdings fest, dass die Impfbereitschaft diversen Umfragen zufolge mit derzeit etwa 30 bis 40 Prozent noch zu niedrig sei. Dennoch ist sich der Experte sicher, dass eine dritte Welle im Herbst 2021 verhindert werden kann. Matthias Wagner fügte hinzu: „Jetzt müssen wir die Qualität des empfindlichen Impfstoffs sichern. Eine umfassende Immunität werden wir dann erzielen, wenn die Hausärzte mit ins Impfgeschehen einsteigen.“

Johann Hoffer, der Vorsitzende der Senioren-Union des Ostalbkreises, brannte eine Frage besonders auf der Seele: „Wie bekommen Senioren eine Termin beim Kreisimpfzentrum in Aalen?“ Heiko Born erklärte, dass unter der Telefonnummer 116117 das KIZ Ostalbkreis wohl schon freigeschaltet sei, online aufgrund technischer Probleme aber nicht. Gleichzeitig bot er an: „Wenn jemand nicht klar kommt, kann er jederzeit in der Zentrale der Malteser anrufen. Wir helfen gerne weiter.“ Mack betonte noch einmal, dass es dringend ein Einladungswesen brauche und Tim Bückner betonte, wie wichtig eine große Info-Kampagne aus öffentlicher Hand sei und es nicht sein könne, dass das Land für viel Geld Adressen von DHL kaufen müsse, weil auf anderen Wegen der Datenschutz im Wege steht.

Eine weitere Frage, die viele beschäftigte: „Wenn ich Corona schon hatte, soll ich mich dann auch impfen lassen?“ Laut Mayer hat, wer infiziert war, „Minimum für drei Monate Sicherheit, dass er nicht mehr erkrankt“. Danach sollte zunächst noch einmal auf Antikörper getestet und anschließend geimpft werden. Menschen, die allergische Reaktionen auf andere Impfstoffe gezeigt haben, rät Mayer, genau abklären zu lassen, worauf im Speziellen reagiert wurde.

Was die Ansteckung mit Corona angehe, so könne man nie vorsichtig genug sein und solle daher immer Maske tragen, Abstand halten und lüften. Schließlich könne man das Virus in sich tragen, aber trotzdem ein negatives Testergebnis erhalten, wenn es noch nicht ausgebrochen ist. In dieser „diagnostischen Lücke“, so Mayer, liege eine hohe Gefahr. „Die schwere der Erkrankung korreliert mit der Menge des Virus, die man aufnimmt. Je höher die Viruslast, desto schlimmer der Verlauf“, erklärt er weiter.

Wie lange der Impfschutz hält, konnte selbst Mayer nur vage beantworten: „Nachdem wir hier über eine Boosterung mit Memory-Cells reden, hat man vermutlich einen lebenslangen Schutz.“ Er fügte allerdings hinzu, dass eine Auffrischung wohl angebracht wäre.