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Misthaufen

Auf den Spuren eines Rebellen

Aalen / Lesedauer: 5 min

Am 22. Februar wird in Aalen die Schubart-Gesellschaft gegründet – Zweitägiges Symposium
Veröffentlicht:18.02.2019, 19:54

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Als bieder, geschäftig, wild und stark wie ihre Eichen hat er die Aalener beschrieben, als trotzige Verteidiger ihrer Misthaufen und ihrer donnernden Mundart: Christian Daniel Friedrich Schubart. In Aalen ist er aufgewachsen und hier begegnet man ihm noch auf Schritt und Tritt, wenn man durch die Stadt geht. Nicht zuletzt, weil es einen nach ihm benannten renommierten Literaturpreis gibt. Künftig wird er in Aalen noch präsenter sein, denn am 22. Februar wird im Rathaus die Schubart-Gesellschaft gegründet. In einem zweitägigen Symposium gehen hochkarätige Referenten Schubarts widersprüchlicher Position zur französischen Revolution und zum Revolutionsgedanken nach.

Wer also war Schubart? Er erblickt am 24. März 1739 in Obersontheim das Licht der Welt. Aber schon ein Jahr später zieht er mit seinen Eltern nach Aalen, wo sein Vater eine Stelle als Kantor, Lehrer und Pfarrvikar antritt. Die Familie, zu der noch zwei Mädchen und zwei weitere Buben gehörten, wohnt in der Roßstraße 4. Der Vater hält ihn so erfolgreich zum Musizieren an, dass Schubart in seiner Autobiografie schreiben kann: „Im achten Jahr übertraf ich meinen Vater schon im Clavier, sang mit Gefühl, spielte die Violin, unterwies meine Brüder in der Musik und setzte im neunten und zehnten Jahr Galanterie- und Kirchenstücke auf, ohne in allen diesen Stücken mehr als eine flüchtige Anweisung genossen zu haben.“ Von Schubart stammt auch das Gedicht von der Forelle, das er selbst vertont hat. Bekannt geworden ist es jedoch vor allem in der Vertonung von Franz Schubert.

Prägende Jahrein Nördlingen

Prägende Jahre verbringt Schubart in Nördlingen, wohin sein Vater den 14-Jährigen 1753 auf das Lyzeum schickt. Drei Jahre lebt der junge Mann in der Stadt im Ries und fühlt sich dort so wohl wie kaum irgendwo sonst, berichtet der Professor und Träger des Schubart-Literaturpreises, Hartmut Schick . Zwei weitere Schuljahre in Nürnberg und danach das Theologiestudium in Erlangen schließen sich an. Wegen seines ausschweifenden Lebenswandels holen ihn seine Eltern 1760 vorzeitig nach Aalen zurück.

Erst hilft er seinem Vater beim Predigen aus, dann verdingt er sich als Hauslehrer in Königsbronn. Insgeheim hofft er wohl auf eine Kantorenstelle in Aalen, zumal er sich in eine Tochter aus einer wohlhabenden Aalener Familie verliebt hat, wie Schubart-Biograf Kurt Honolka berichtet. Doch für deren Eltern kommt der „Hungerleider von Lehrer“ nicht als Schwiegersohn in Frage. Das wird Daniels Bruder Konrad, der Stadtschreiber.

Christian Daniel Friedrich geht nach Geislingen – und ist nach drei Monaten verheiratet. Die Schwester der Braut ist Wirtin in Aalen und hat die beiden zusammengebracht. Schubart schreibt in seiner Autobiografie: „Es war eine Verbindung des Sturms mit der Stille, der feurigen Thorheit mit der abgekühlten Vernunft, der Anarchie mit der Ordnung.“ In der Ehe gibt es oft Streit. Schubart verlässt seine Familie, seine Frau Helene und seine Kinder Ludwig und Julie; Johann Jakob ist im Kindesalter gestorben.

Herzog Karl Eugenwirft ihn aus Württemberg

Auch in Geislingen will Schubart nicht bleiben. In Ludwigsburg erlebt er zusammen mit seinem Schwager zum ersten Mal eine Opernaufführung und ist begeistert. Kurze Zeit später wird dort die Stelle des Musikdirektors frei und Schubart erhält sie mit Zustimmung des württembergischen Herzogs Karl Eugen. Nach Affären mit adligen Frauen und Töchtern, die er im Klavierspiel unterrichtete, schreibt Schick, verwies ihn der Herrscher jedoch wegen mutmaßlichen Ehebruchs mit seinem Hausmädchen des Landes. Andere Quellen sprechen davon, er habe über einen Hofmann gespottet und dies habe das Fass zum Überlaufen gebracht.

Sein weiterer Weg führt Schubart unter anderem nach Augsburg, wo er die „Teutsche Chronik“ herausgibt und einer der führenden und einflussreichen Journalisten in Deutschland wird. Sie erscheint ab März 1774 in Augsburg und erreicht bald 20 000 Leser. Die Zeitschrift enthält regionale und nationale Nachrichten, Ratschläge für Bauern und Händler sowie volkstümliche Balladen. Bekannt wird sie aber vor allem wegen Schubarts bissiger politischer Gedichte und Artikel, mit denen er die Willkürherrschaft der absolutistischen Fürsten und die katholische Kirche kritisiert. Als Schubart wiederholt die Jesuiten aufs Korn nimmt, wird er aus Augsburg ausgewiesen. Anfang 1775 zieht er ins protestantische Ulm um, wo er seine Zeitschrift weiter veröffentlicht.

Schiller besucht Schubartauf dem Hohenasperg

In dieser Zeit erscheint eine berühmte Schrift von Schubart. Darin prangert er die deutschen Fürsten, auch Herzog Carl Eugen von Württemberg, an, die Untertanen als Söldner an ausländische Mächte verkaufen. Außerdem macht er spöttische Bemerkungen über Franziska von Hohenheim, die Mätresse des Herzogs. Dieser lässt Schubart 1777 auf württembergisches Gebiet locken, verhaften und zehn Jahre lang auf der Festung Hohenasperg einkerkern. Ohne Anklage, ohne Gerichtsverfahren, ohne Urteil, nur aufgrund eines Befehls des Landesherrn. Schubart leidet körperliche Qualen und wird mit einem Schreibverbot belegt.

Besuch bekommt er auf dem Hohenasperg unter anderem von Friedrich Schiller, den Schubart dort auf den Stoff für das Theaterstück „Die Räuber“ aufmerksam macht. Später musste auch Schiller vor dem Herzog fliehen und traf in Weimar Johann Wolfgang Goethe.

Erst nach acht Jahren sieht Schubart Frau und Kinder wieder. Zehn Jahre ist er seiner Freiheit beraubt, bis ihn der Herzog persönlich von seiner Freilassung unterrichtet. Er stellt Schubart als Theaterdirektor in Stuttgart an. Damit hat der ehemalige Häftling ausgesorgt. Bei der Obrigkeit erregt er keinen Anstoß mehr.

Einmal noch kehrt Schubart in die Stadt zurück, in der er aufgewachsen ist. In Aalen sei ihm höchste Ehre widerfahren, der Magistrat habe ihn köstlich bewirtet, schreibt er. Auf der Straße habe es Menschengewimmel gegeben. Im Alter von 52 Jahren stirbt er am 10. Oktober 1791. Seine letzte Ruhe hat er auf dem Hoppenlau-Friedhof in Stuttgart gefunden.