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Honoraranpassung

Aalener Apotheken streiken für eine gerechte Honoraranpassung – Verständnis der Kunden ist groß

Aalen / Lesedauer: 3 min

Aalener Apotheken streiken für eine gerechte Honoraranpassung – Verständnis der Kunden ist groß
Veröffentlicht:12.09.2012, 18:10

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Knallrote Plakate mit der Aufschrift „Warnstreik“ zierten am Mittwoch die Schaufenster und Eingangstüren der Apotheken im Notdienst-Bezirk Aalen. An dem landesweiten Protest haben sich 26 von 29 Apotheken beteiligt – nicht teilgenommen haben unter anderem die Apotheken im Facharztzentrum und im Kaufland . Das hatte, so Michael Völter, Inhaber der gleichnamigen Apotheke und Mitorganisator der Aktion, vertragliche Gründe. Allerdings wurden auch hier die Kunden über die Hintergründe des Streiks aufgeklärt.

Klappe auf, Rezept reinlegen, Medikament rausholen, Klappe zu. Nach diesem Schema haben Mitarbeiter einiger Apotheken ihre Kunden gestern bedient, um ihren Forderungen nach höheren Honoraren Nachdruck zu verleihen. So unter anderem die Angestellten in der Adler-Apotheke. Um mit den Bürgern in Dialog zu treten und entstehende Wartezeiten vor der Klappe zu überbrücken, wurden hier auch Kaffee und Tee ausgeschenkt. Die Reaktionen der Bevölkerung seien größtenteils von Verständnis geprägt, sagt Karda Igel. Die meisten hätten sich aufgrund der Medienberichterstattung auf den Warnstreik eingestellt.

Es gab allerdings auch einige Passanten, die von der Protestaktion nichts wussten: „Dass die Ärzte streiken war mir bekannt, von einem Streik der Apotheken höre ich heute zum ersten Mal“, meint ein überraschter Aalener im Reichsstädter Markt. Für den unbedarften Kunden war hier auch wenig vom Protest zu spüren. Die Apotheke hatte wie an anderen Tagen auch geöffnet – allerdings mit Sparbesetzung. Darüber hinaus sind den Bürgern gestern keinerlei Nachteile entstanden, ihre Medikamente haben sie trotz Warnstreiks bekommen. Ein deutlicheres und spürbares Zeichen hätte die Schließung der Apotheken gesetzt. Doch „das dürfen wir nicht, weil wir gesetzlich zu einer Notversorgung verpflichtet sind“, erklärt Igel.

Optisch hervorgehoben haben die Mitarbeiter der Apotheke Dr. Jäger ihren Protest: aufgestellte Warndreiecke, Plakate noch und nöcher, rot-weiße Bänder, mit denen Teile der Apotheke abgesperrt wurden, und Mitarbeiter, die ausgestattet mit Warnwesten auf ihre prekäre Lage aufmerksam gemacht haben. Da die Notfallklappe hier nicht überdacht ist und „wir die Kunden im wahrsten Sinne des Wortes nicht im Regen stehen lassen wollten, haben wir unser Geschäft geöffnet“, sagt Meike Jäger. Wie ihre Kollegen ärgert sie sich darüber, dass die Apotheken vom wirtschaftlichen Wachstum abgekoppelt werden. Trotz vielfach gestiegener Kosten erhalten die Apotheken seit 2004 unverändert den gleichen Betrag für ein Arzneimittel auf Rezept: 8,10 Euro plus drei Prozent vom Einkaufswert. Im gleichen Zeitraum betrug der Kostenanstieg durch Inflation 14,4 Prozent, der durch höhere Löhne für die Apothekenmitarbeiter 18 Prozent. Die Zuzahlung der Patienten für viele Arzneimittel müssen die Apotheken in voller Höhe an die Krankenkassen weiterleiten.

„Eine Erhöhung des Honorars ab 1. Januar 2013 um 25 Cent auf 8,35 Euro ist nicht genug“, sagt Jäger und spricht damit Michael Esdar, Inhaber der Apotheke im Reichsstädter Markt, aus der Seele. Das decke bei weitem nicht die gestiegenen Kosten. Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände hatte eine Erhöhung auf 9,14 Euro gefordert.

Mit dieser Politik sei die flächendeckende Rund-um-die-Uhr-Arzneimittelversorgung nicht zu sichern, sagt Martin Jäger. Jeden Tag schließe in Deutschland eine Apotheke, viele würden ums Überleben kämpfen. Gerade auf dem Land finde so mancher Apotheker jetzt schon keinen Nachfolger mehr. Lange Zeit seien die Apotheker geduldig gewesen, sagt Michael Völter. Jetzt sei die Schmerzgrenze jedoch erreicht, denn, wie es seine Frau Ursula formuliert: „Eine Zitrone lässt sich nur bis zu einem gewissen Grad ausquetschen.“