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Deutenberg

„Hinter der Zahl den Menschen sehen“

Villingen-Schwenningen / Lesedauer: 5 min

GaD-Schulleiter Manfred Koschek geht in den Ruhestand – Austausch ist ihm immer wichtig
Veröffentlicht:21.07.2019, 10:45

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Die Tage sind gezählt für Manfred Koschek – am kommenden Freitag hat er seinen letzten Tag als Schulleiter des Gymnasiums am Deutenberg. Nun blickt er auf seine 13-jährige Tätigkeit zurück – als Rektor, Pädagoge und als Mensch.

Im provisorischen Rektorzimmer des Containerbaus sieht es noch nicht danach aus, dass Manfred Koschek seine Zelte am GaD bald abbrechen und in den Ruhestand gehen wird. Denn es gibt noch viel zu tun für ihn. Derzeit sitzt er an der Kursstufenplanung für das nächste Schuljahr – in dem er gar nicht mehr an der Schule sein wird. „Eigentlich hatte ich noch gar keine Zeit, zu realisieren, dass es bald vorbei ist“, sagt der Schulleiter. Erinnert werde er doch immer wieder daran, unter anderem in den verschiedenen Gremien, in denen er bereits verabschiedet wurde, oder durch die Briefe, die ihn in den vergangenen Wochen von ehemaligen Kollegen erreichten.

Pädagogik

Wenn in der Pause dann doch einmal Zeit zum Durchschnaufen ist, dann kämen Erinnerungen an die vergangenen 13 Jahre, an denen Koschek die Geschicke des Schwenninger Gymnasiums geleitet hat, auf. „Ich kann ehrlich sagen, dass es keinen einzigen Tag gab, an dem ich mich überwunden habe, herzukommen“, sagt der gebürtige Singener, der in Tuttlingen lebt. Sein Einsatz galt Schülern und Lehrerkollegen gegenüber gleichermaßen, wie er stets deutlich macht. So sah Koschek seine Aufgabe nicht nur darin, die Schule zu verwalten, sondern auch pädagogisch zu leiten. Sein Credo: Das Fachliche nur zusammen mit dem Pädagogischen vermitteln. Bedeutet: „Man darf hinter dem Stoff den Schüler nicht vergessen, muss hinter der Zahl den Menschen sehen“, meint Koschek, und weiter: „Ich glaube an die Kraft des Gesprächs.“

Denn Kommunikation, egal ob man der gleichen Meinung sei oder nicht, helfe, Konflikteskalationen zu vermeiden. Motivieren, begeistern, Lösungen finden: Das war Manfred Koscheks Ding. Entfaltung Wichtig sei ihm außerdem gewesen, dass die Schule genügend Platz für unterschiedliche Schülertypen und Lehrkräfte hat. Im Unterricht sei viel reglementiert, da müssten sich beide gleichermaßen entfalten. Mit Kreativität könne das fachliche Wissen der Lehrer herausgekitzelt werden, bei Schülern mit Schwächen beispielsweise müssten die Stärken erkannt werden. „Die Vielfalt an der Schule ist wie ein Mosaik, das sich aus vielen Steinchen zusammenfügt“, veranschaulicht der Rektor, der auch geschäftsführender Schulleiter aller Gymnasien in VS war.

Vielfalt

Der Begriff Vielfalt zieht sich für Koschek durchs GaD wie ein roter Faden: Um die Profilvielfalt zu stärken, wurden unter seiner Leitung mit Sport und Informatik zwei neue Profilfächer in den Lehrplan aufgenommen. Vier Profile insgesamt, das sei in der Region einzigartig. Dem Deutsch- und Geschichtslehrer war es zudem ein Anliegen, Nicht-Muttersprachler auf dem Weg zum Abitur mitzunehmen. So wird seit geraumer Zeit Deutsch als Zweitsprache angeboten. Gemäß des Credos, die Schule mit der Welt zu verknüpfen, sollte laut Koschek jeder GaD-Schüler einmal in Berlin gewesen sein – so findet in der zehnten Stufe jedes Jahr eine Fahrt in die Hauptstadt statt. Auch der Spanienund USA-Austausch wurde im Laufe der vergangenen 13 Jahre ins Leben gerufen.

Medienkompetenz

Die Medienvielfalt: Er sei ein Technik-Freund, doch die Auswirkungen sehe er kritisch, gibt der Oberstudiendirektor zu. „Die Macht der Medien ist zu einem pädagogischen Problem geworden.“ Dass die Klassenzimmer nach der Sanierung mit Whiteboard & Co. auf dem neuesten technischen Stand sind, hat er immer begrüßt. Lernplattformen beispielsweise jedoch müssten richtig genutzt werden und dürften zum Ersatz für menschliche Beziehungen werden. Umso wichtiger ist für Koschek die entsprechende Weiterbildung der Lehrerkollegen in Medien- und Sozialerziehung.

Engagement

Die Engagementvielfalt: „Man kann die Arbeit nur im Team schaffen“, sagt der Schulleiter mit Rückblick auf das Geleistete. So verteilt der Schulleiter Bestnoten an die drei Abteilungsleiter, das Schulentwicklungsteam oder auch den Elternbeirat, der die Arbeit stets wohlwollend unterstützt habe. Es gebe sehr viele engagierte Leute an der Schule, die selbstständig arbeiteten. „Man kann sich selbst verwirklichen, indem man sich einbringt“, fasst Koschek zusammen – wiederum auch im Hinblick auf die Schüler.

Wermutstropfen

Ein kleiner Wermutstropfen bleibt: die Generalsanierung des Gymnasiums, die Koschek nahezu seine gesamte Zeit in Schwenningen begleitet hat und die nicht wie geplant parallel zu seinem Abschied fertiggestellt werden kann. „Die Punktlandung wäre ein Traum gewesen“, gibt er zu. Zumal die Sanierung ein Grund für seine einjährige Verlängerung bis zum Ruhestand gewesen sei.

Hoffnung

Rückschläge hatte er in den vergangenen Jahren beim Sanierungsprojekt immer wieder hinnehmen müssen. Schwingt also auch Enttäuschung mit? Nein, meint Koschek „Wir haben getan, was wir konnten.“ Ein kleiner Trost: „Schule wird immer Baustelle sein, sowohl äußerlich als auch innerlich“, sagt er mit einem Schmunzeln. Die Hoffnung, dass seine offizielle Verabschiedung durch die Stadt und das Regierungspräsidium am 24. Oktober nicht in der Neckarhalle, sondern doch in der frisch sanierten Deutenberg-Aula stattfinden kann, habe Koschek noch nicht ganz aufgegeben.

Zukunftspläne

Doch erst einmal wird er am kommenden Freitag, 26. Juli, im kleineren Rahmen von Schülern und Lehrern verabschiedet. So hat der dreifache Familienvater zwischen den beiden Feierlichkeiten bereits rund ein Vierteljahr Gelegenheit, sich auf seinen neuen Lebensabschnitt einzustellen und „zu schauen, wie es sich anfühlt, keine Termine mehr zu haben.“ Ein Frankreich-Urlaub stehe zunächst an, dahinter sehe er Ideen, aber noch keine konkreten Pläne, blickt Koschek voraus. In erster Linie freue er sich auf die Zeit mit seine Familie. Was bleibt aus seiner Zeit als Schulleiter und Pädagoge? „Der Austausch mit den Lehrern, Schülern und Eltern“, sagt er sofort. Und: die Entwicklung der Schüler zu sehen. „Wenn man sie in der fünften Klasse als Kinder bekommt und sie bei der Zeugnisvergabe als Erwachsene verabschiedet – das ist ein gutes Gefühl.“