Doppelstadt

Ausgestellt: VS auf ganzer Linie

Villingen-Schwenningen / Lesedauer: 2 min

Künstlerin Renata Jaworska präsentiert unter dem Thema Verortung eine diverse Sicht auf die Dinge
Veröffentlicht:20.05.2019, 18:07

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Selbstverständlich kennt Oberbürgermeister Jürgen Roth „seine“ Stadt. Deswegen lehnte er zunächst einmal die jedem Besucher beim Betreten der Städtischen Galerie VS angebotene großformatige Kopie eines Stadtplans der Doppelstadt ab.

Besucher sollen persönliche Karte der Doppelstadt gestalten

Wenn Roth, der sich übrigens bei der Vernissage der aktuellen Ausstellung wieder sehr intensiv mit der Kunst auseinandersetzte, bei seinem vollen Terminplan dennoch Zeit findet, sich mit der Karte auseinanderzusetzen, dann dürfte ein ähnliches Konstrukt herauskommen, wie es auch die Künstlerin Renata Jaworska entwirft. Die Besucher sind dazu aufgerufen, ihre persönliche Karte der Stadt Villingen-Schwenningen zu gestalten.

Zum Ende der Ausstellung entsteht so unter Beteiligung der Besucher ein großes Bild der Stadt, das ihre Diversität und die Vielzahl an individuellen Perspektiven zum Ausdruck bringen soll, so Galerieleiterin Vanessa Charlotte Heitland . Beim Stadtoberhaupt, aber auch bei Zeitungsausträgern oder bei Postboten ergibt das Bild dieser ganz individuellen Erfahrung eines Ortes ein dichtes, kaum überschaubares Netz über der stilisierten kartographischen Karte. Bei Menschen, die Villingen-Schwenningen nur als Schlafstatt nutzen, sind nur die Wege bis zur Autobahn oder bis zum Bahnhof markiert. Die vielen persönlichen Annäherungen an die Stadt werden von Renata Jaworska zu einem Gesamtbild verdichtet, das schließlich zur Finissage präsentiert wird. „Das eine, allgemeingültige Bild eines Ortes, es existiert nicht“, sagt die Galerieleiterin.

So präsentiert die Künstlerin mit ihren Liniengeflechten unter dem Thema „Verortung“ eine diverse, vielsichtige Sicht auf die Dinge. Es sind Kartographien des Lebens, des großen und des ganzen, aber auch des sehr privaten, persönlichen. Heitland: „Es mag ihre persönliche Geschichte sein, die sie dafür sensibilisiert, welche Kraft der eigene Standpunkt, die eigene Erfahrung, Herkunft und Sozialisation für die Wahrnehmung eines Ortes haben.“

Auch Jaworska ist in den Weiten des virtuellen Raums, den erlebten Orten, den komplexen Erinnerungsorten, die in der Ausstellung ganz konkret auch vom Schicksal ihres Urgroßvaters handeln, auf der Suche nach einem greifbaren Platz im Koordinatensystem des eigenen Lebens. Man kann dabei den linearen Spuren der Künstlerin strikt folgen oder im Labyrinth des Daseins völlig neue Wege einschlagen.

Heitland: „Die eigene Verortung – ist sie oftmals doch nicht mehr als eine Utopie?“ Gegenfrage: Ist unser Leben wirklich nur Illusion? In virtuellen Welten, im zunehmend digitalisierten Alltag könnte man das vermuten. Das ist selbstverständlich eine subjektive Standpunktsache. Letztlich geht es in der Ausstellung dabei auch immer um die Frage, wie die eigene Wahrnehmung das Bild eines Ortes verändert. Dem Besucher bleibt somit die spannende Angelegenheit, das herauszufinden.