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Von den Schwierigkeiten der Landwirtschaft

Tuttlingen / Lesedauer: 3 min

Grünen-Landtagsabgeordneter Martin Hahn plädiert in seinem Vortrag für Qualität und gesundes Wachstum
Veröffentlicht:28.06.2018, 18:46

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Der grüne Landtagsabgeordnete Martin Hahn hat am Mittwoch im BUND-Umweltzentrum über die Perspektiven der ökologischen Landwirtschaft referiert. Der agrarpolitische Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen im Landtag war 30 Jahre lang selbst Biobauer und beleuchtet das Thema aus politischer und praxisbezogener Sicht.

Ökologische Landwirtschaft ist in Baden-Württemberg weiter auf dem Vormarsch: Seit 2011 ist die Zahl der Ökobetriebe um 28 Prozent gestiegen. Über 4000 Höfe machen etwa zehn Prozent der Landwirtschaftsbetriebe im Südwesten aus. Der Anteil der ökologisch bewirtschafteten Flächen betrug 2017 bereits 11,6 Prozent und die Tendenz ist steigend. In allen Kategorien liegt Baden-Württemberg somit über dem Bundesschnitt.

Als Landwirt hat Martin Hahn die agrarstrukturellen Veränderungen der vergangenen 30 Jahre hautnah miterlebt. Der 54-Jährige erinnert sich an die 80er-Jahre zurück, in denen sich die Rinderzucht durch die aufkommende Hormonbehandlung der Tiere massiv veränderte. Hahn wendete sich damals von der konventionellen Bewirtschaftung seines Hofs ab und stellte auf ökologische Landwirtschaft um.

Hahn führt aus, dass die konventionelle Landwirtschaft sich in einer ökonomisch schwierigen Situation befindet. In vielen Kernbereichen sei es für die Betriebe kaum mehr möglich, kostendeckende Erlöse zu erzielen. Der Milchpreis in der Bundesrepublik Deutschland sei mittlerweile mehr von weltweiten Entwicklungen beeinflusst als der nationalen Überproduktion. Längst habe die Globalisierung mit all ihren Vor- und Nachteilen Einzug in die Welt der Agrarwirtschaft gehalten.

Kniescheibe statt Filet

Pointiert erzählt Hahn, dass der wertvollste Teil eines Schweins in Baden-Württemberg schon lange nicht mehr das Filet, sondern die Kniescheibe sei, die in der pharmazeutischen Industrie verwertet wird. Zwar sei es wünschenswert, dass viele Teile eines Schweins Verwertung finden, aber für die lokalen Betriebe sei es schwierig, mit der Preisentwicklung mithalten zu können. Die betroffenen Branchen politisch zu unterstützen sei finanziell oftmals nicht mehr darstellbar.

In Anbetracht der weltweiten Konkurrenzsituation sei die Qualitätsproduktion wichtiger denn je. Im Gegensatz zur weltmarktdominierten konventionellen Bewirtschaftung sei bei der ökologischen Landwirtschaft durch Qualitätsstandards eine politische Steuerungsmöglichkeit gegeben. Märkte, die sich regionalisieren lassen, seien unterstützenswert, da sie sich von anderen absetzen und etablieren können. Es sei wichtig, die Kunden auf dem Weg zur Ökologiesierung mitzunehmen und preislich attraktiver zu werden. Um weiteres Wachstum verbuchen zu können, müsse in der ökologischen Landwirtschaft der Dreiklang „Regionalisierung, Ökologiesierung und Digitalisierung“ weiter vorangetrieben werden. Wichtiger als die von Landwirtschaftsminister Peter Hauk (CDU) als Ziel genannte Erhöhung der Anzahl landwirtschaftlicher Betriebe auf 30 Prozent ist für Martin Hahn ein gesundes Wachstum der Betriebe.

In der Diskussionsrunde wird lebhaft über die Vereinbarkeit von Biodiversität und Landwirtschaft, über Insektensterben, Wasserqualität, Bürokratieabbau und Entwicklungen in der Weidewirtschaft debattiert. Für die Diskutanten wird schnell klar, dass man mindestens einen weiteren Abend bräuchte, um den vielen Themen gerecht werden zu können.