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Dreifachmord

Todesschütze schweigt zu Mordverdacht

Tuttlingen / Lesedauer: 4 min

Nach der Verhaftung des mutmaßlichen Dreifach-Mörders von Villingendorf gibt die Polizei erste Einzelheiten bekannt
Veröffentlicht:20.09.2017, 17:23

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Mehrfach sprechen Vertreter von Polizei und Staatsanwaltschaft am Mittwoch von Erleichterung. Erleichterung darüber, dass die Polizei nach fünftägiger Suche den mutmaßlichen Dreifach-Mörder von Villingendorf im Rottweiler Ortsteil Neufra, etwa zwölf Kilometer südöstlich vom Tatort, verhaften konnte. Am Mittwoch wurde er dem Haftrichter vorgeführt und sitzt seither in Untersuchungshaft. Er verweigert bisher jede Aussage.

Innerhalb von gut einer Stunde berichten Polizei und Staatsanwaltschaft in der Turn- und Festhalle der 3500-Seelen-Gemeinde im Landkreis Rottweil darüber, was die Ermittlungen über den Mord an einem sechsjährigen Jungen sowie an einer Frau und einem Mann bei einer Einschulungsfeier am Donnerstag der vergangenen Woche bisher zu Tage gefördert haben. Der Leitende Rottweiler Staatsanwalt, Joachim Dittrich, geht davon aus, dass der 40-Jährige einen „bewussten Tötungsplan“ verfolgt hat. Damit könnte es sich um Mord mit dem Merkmal Heimtücke handeln. Dabei gehe der Täter von einer Ahnungs- und Wehrlosigkeit seiner Opfer sowie einem Überraschungseffekt aus.

Für die Polizei habe es laut Markus Walter , der die Soko „Hochwald“ zur Ergreifung des Täters leitet, für die Flucht des Mörders drei Hypothesen gegeben: Der Mann habe nach seiner Tat, im naheliegenden Wald Suizid begangen, er habe seine Flucht geplant oder er sei ad hoc und unstrukturiert seine Flucht angegangen: „Für alle drei Varianten gab es Erkenntnisse. Keine war auszuschließen.“ Aufgrund von Schüssen, die in einem naheliegenden Wald abgefeuert sein sollen, hatte die Polizei bis Dienstag das vier Quadratkilometer große Gelände abgesucht.

Nach dem, wie der mutmaßliche Mörder am Dienstag gegen 16.35 Uhr festgenommen wurde, scheint klar zu sein, dass er keinen Plan für sein Entkommen hatte. „Er stand unter einem Baum, trug eine dunkle Jacke und eine graue Hose. Er hatte drei Plastiktüten dabei“, berichtet der Leiter der Rottweiler Kriminalpolizeidirektion, Rolf Straub . Der 40-Jährige habe ziemlich erschöpft gewirkt und sei total durchnässt gewesen. „Der Mann hat sich in den vergangenen Tagen wohl im Freien aufgehalten“, sagt Straub. Laut Walter habe er wohl keine Mitwisser gehabt.

Kein Widerstand geleistet

Die Festnahme sei von den Beamten professionell und mit gezückter Waffe durchgeführt worden, der Mann habe keinen Widerstand geleistet. „Ich bin der, den Ihr sucht“, habe er laut Straub den Polizisten gesagt. In einer der Plastiktüten fanden die Beamten neben weiteren Beweismitteln auch die mutmaßliche Tatwaffe – einen jugoslawischen Nachbau des deutschen Mehrladekarabiners K98k. Mit ihr können die Patronen abgeschossen werden, die am Tatort gefunden worden sind. Vor seiner Festnahme hatten zwei Zeugen den Mann in Richtung Frittlingen (Landkreis Tuttlingen) laufen sehen. Sie verständigten umgehend die Polizei.

Mit der Festnahme ging auch die Fahndungstaktik der Polizei auf: „Vom Jogger in Villingendorf , über den Lastwagenfahrer in Bayern und den Tankwart in Österreich bis hin zum Fischer in Split sollte jeder von der Tat wissen und den Täter kennen“, erklärt Walter die seit Freitag laufende öffentliche Fahndung nach dem 40-Jährigen, der zuletzt in Mahlstetten (Landkreis Tuttlingen) gelebt hat. Die Polizei habe 220 Spuren abgearbeitet. Der mutmaßliche Täter sei von Zeugen auch in Berlin und Rheinland-Pfalz gesehen worden – jeweils ein Irrtum.

Jetzt geht es für die Polizei auch darum, den Fluchtweg des Mannes nachzuzeichnen. Auch deswegen wird die Soko „Hochwald“ noch mindestens bis zum kommenden Wochenende bestehen bleiben. Der stellvertretende Tuttlinger Polizeipräsident, Gerold Sigg, bestätigt auf Nachfrage, dass es zum 31. März dieses Jahres vom Amtsgericht Tuttlingen ein Annäherungsverbot zu seiner Ex-Frau und möglicherweise auch zu seinem sechsjährigen Sohn für den Mann gegeben hat. Während der Junge am Donnerstagabend tödlich von einer Kugel getroffen wurde, konnte die Frau aus der Wohnung entkommen. Zudem starben der neue Lebensgefährte der Frau sowie dessen Cousine. Ein dreijähriges Kind und ein Mann, der zum Tatzeitpunkt Getränke holen war, überlebten.