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Rettungsgasse

Polizei meldet 1300 Anzeigen für Rettungsgassen-Rowdys

Tuttlingen / Lesedauer: 3 min

Seit einem Jahr werden hohe Bußgelder und Fahrverbote verhängt, wenn Autofahrer keine Rettungsgasse bilden. Doch immer wieder bleiben Verstöße ungeahndet - aus einem einfachen Grund.
Veröffentlicht:16.10.2018, 17:20

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Seit einem Jahr werden hohe Bußgelder und Fahrverbote verhängt, wenn Autofahrer keine Rettungsgasse bilden. Doch immer wieder bleiben Verstöße ungeahndet - aus einem einfachen Grund.

200 Euro Bußgeld und zwei Punkte in Flensburg drohen seit dem 19. Oktober 2017 jedem Autofahrer, der keine Gasse für Polizei und Rettungsdienst bildet. Zusätzlich gibt es Fahrverbote, sollten Autofahrer die Einsatzkräfte sogar behindern.

Nachdem Rettungskräfte in den vergangenen Jahren immer wieder wegen versperrter Rettungsgassen zu spät an Unfallstellen kamen - und das auch öffentlich für viel Kritik gesorgt hatte - wurde die Gesetzeslage deutlich verschärft.

Wohl viele ungeahndete Verstöße

Seitdem hat die Polizei auf den Autobahnen in Baden-Württemberg mehr als 1300 Verstöße zur Anzeige gebracht. Es könnten wohl noch deutlich mehr sein. Doch offenbar gibt es Probleme, jeden Fahrer, der keine Rettungsgasse bildet oder sie sogar versperrt, zu erfassen.

Seit Jahresbeginn betreibt das Land Baden-Württemberg eine Werbekampagne. Brückenbanner, Plakate und Videospots unter dem Motto „Rettungsgasse – rettet Leben“ sollen Autofahrern klar machen, wie eine Rettungsgasse auszusehen hat.

Das Innenministerium zieht jetzt ein positives Zwischenfazit der verschärften Strafen und der Kampagne:  "Es ist uns gelungen das Thema in den öffentlichen Fokus zu rücken." Erste Einschätzungen von Polizeibeamten würden darauf hindeuten, dass die Autofahrer ihr Verhalten ändern.

Das teilt Renato Gigliotti, Sprecher des Ministeriums, mit. Aber in Bezug auf die mehr als tausend Anzeigen sagt er auch: "Die Beanstandungen zeigen, dass wir nach wie vor sanktionieren müssen, damit alle schnelle Hilfe ermöglichen."

Autofahrer wüssten mittlerweile zwar, wie man die Gasse bildet. Problematisch sei aber das 'Wann' - nämlich schon dann, wenn der Verkehr stockt und nicht erst, wenn der Rettungswagen kommt.

Personal reicht nicht, um jeden Verstoß zu verfolgen

Trotz aller Fortschritte gibt es beim Kampf gegen Rettungsgassen-Verweigerer allerdings auch eine große Hürde. Das stellen Polizisten auf der Straße immer wieder fest. Polizeihauptkommissar Rainer Lutz vom Polizeipräsidium Schwaben Süd/West sagt, dass die Ahndung eines Verstoßes gegen das Rettungsgassen-Gebot nicht leicht sei: Das hänge natürlich damit zusammen, dass die Polizeikräfte bei Notfällen meist keine Kapazitäten mehr frei hätten, um andere Autofahrer zu beanstanden. "Sie sind schließlich mit der Aufnahme des Verkehrsunfalles beschäftigt", sagt Lutz.

Auch sein Kollege Albert Maier, Leiter des Verkehrskommissariats in Kißlegg, zuständig für den baden-württembergischen Teil der A96, sieht dieses Problem: "Die Kollegen müssen in erster Linie zur Unfallstelle fahren". Anschließend sei es dann wichtig, den Stau abzusichern. Erst danach könne man sich darum kümmern, ob die Rettungsgasse eingehalten werde.

Polizeifahrzeuge sollen mit Dashcams ausgestattet werden

Um Rettungsgassen-Verweigerer dennoch zu erwischen sollen Polizeifahrzeuge in Baden-Württemberg in Zukunft allerdings mit sogenannten Dashcams ausgerüstet werden. Die zeichnen das Staugeschehen auf, sodass die Beamten nachträglich Anzeigen erstatten können. Andere Bundesländer haben das bereits getestet.

Ein solcher Pilotversuch wurde beim Polizeipräsidium Freiburg gestartet. Ende des Jahres sollen die Kameras dann flächendeckend im Ländle eingeführt werden.