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Bahnbaufieber

Militär forderte eine Ost-West-Bahn

Tuttlingen-Nendingen / Lesedauer: 2 min

Bau der Donautalbahn vor 125 Jahren sollte Nachschubweg sichern
Veröffentlicht:04.08.2015, 17:24

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In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts herrschte in ganz Europa ein regelrechtes Bahnbaufieber. Mit der Eisenbahn stand für die Entwicklung der Wirtschaft und Industrie endlich ein leistungsfähiges Verkehrsmittel zur Verfügung. Friedrich List hatte zudem ein wohldurchdachtes deutsches Eisenbahnnetz entworfen.

In Württemberg gingen die wichtigsten Bahnlinien sternförmig von Stuttgart aus. Die Obere „Neckartalbahn“ erreichte 1869 Tuttlingen und 1870 Immendingen mit dem Anschluss an die badische Schwarzwaldbahn. Was fehlte waren in den äußeren Landesteilen Querverbindungen, also eine Ost-West-Linie durch Südwürttemberg und Südbaden. Es gab im Oberschwäbischen einzelne Teilstrecken, so 1873 eine von Ulm nach Sigmaringen, die fünf Jahre später über Inzigkofen als Zollernbahn nach Balingen und Tübingen geführt wurde. Erwähnenswert ist auch die Linie Altshausen-Sigmaringen-Meßkirch-Schwackenreute-Radolfzell, da diese bei den späteren Planungen eine gewisse Rolle spielte.

Fernbahn Wien-München- Freiburg-Paris bleibt Traum

Seit 1861 diskutierte und strebte man in Tuttlingen eine Verbindung via Ulm an. Hintergrund war auch der Gedanke an eine internationale leistungsfähige Fernbahn Wien-München-Freiburg-Paris. So sollten vorhandene Teilstrecken ausgebaut und bestehende Lücken geschlossen werden. Der badische Staat gab einer Verbindung von Schwackenreute über Liptingen und Hattingen zur Schwarzwaldbahn den Vorzug. Dagegen wehrten sich allerdings Württemberg und Tuttlingen, sodass eine weitere Trasse von Meßkirch über Worndorf und Mühlheim ins Gespräch kam.

Der Traum von einer Fernbahn Wien-München-Paris wurde nie Wirklichkeit, da der Schwarzwald und die Vogesen baulich große Schwierigkeiten erwarten ließen und in den fast nur landwirtschaftlich genutzten Gebieten keine Wirtschaftszentren waren. Zudem konnten aufgrund der politischen Zersplitterung die verschiedenen Interessen von Württemberg, Baden und Preußen-Hohenzollern nicht in Einklang gebracht werden.

In den 1880er-Jahren forderten die militärischen Stellen eine Ost-West-Bahn. Hintergrund war, dass seit dem Krieg 1870/71 das Elsass zum Deutschen Reich gehörte und man daher einen Revanche-Feldzug von Frankreich befürchtete. Der Generalstab forderte eine Bahnlinie unter Umgehung schweizerischen Territoriums für den Nachschub von Truppen und Material aus Oberschwaben und Bayern. Darauf kam 1887 ein Vertrag zwischen Württemberg, Baden und Preußen zustande. Die Bahnstrecke Inzigkofen-Tuttlingen sollte gebaut und später durch die „Königlich Württembergische Staatseisenbahn“ betrieben werden. Die Strecke Hintschingen-Blumberg-Oberlauchringen (heute Museumsbahn) diente denselben strategischen Zielen.