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Novellierungsgesetz

Makler spüren leichten Einbruch

Tuttlingen / Lesedauer: 3 min

Viele Vermieter schreckt die Courtage ab – Mietraum ist ohnehin sehr knapp
Veröffentlicht:07.09.2015, 11:02

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Seit 1. Juni gilt das Novellierungsgesetz für die Maklerprovision: Derjenige, der einen Makler beauftragt, zahlt dafür. Tatsächlich verzeichnen die Immobilienmakler in Tuttlingen seit Inkrafttreten des Gesetzes einen Rückgang an Aufträgen im Bereich Vermietung. „Es ist ruhiger geworden“, sagt Michael Bacher vom gleichnamigen Immobilienbüro. Eine Einschätzung, die der Großteil der Befragten teilt.

Doch das wird sich wieder ändern: „Dann, wenn die Vermieter sehen, welche Arbeit es mit sich bringt, selbst einen Mieter zu finden“, prophezeit Natascha Wolf von Fichter & Döbele Immobilien. Grundsätzlich sind in Tuttlingen ohnehin nicht viele Wohnungen am Markt. Vor allem große Wohnungen zu günstigen Preisen sind absolute Mangelware. Bislang war die Courtage meist an den Mietsuchenden hängengeblieben. Nun müssen Vermieter zahlen, wenn sie ein Büro zu Rate ziehen.

Ingo Leibinger von Leibinger Immobilien, der auch als Gutachter tätig ist, geht deshalb von steigenden Mieten aus: „Die Vermieter werden die Kosten umlegen.“ Im Schnitt bleibe ein Mieter drei Jahre in der Wohnung. Die Kosten für die Courtage würden für diesen kalkulierten Zeitraum dann monatlich einfach draufgeschlagen. Aus seiner Sicht bringt die Novellierung nur Nachteile für die Mieter: „Es treibt die Preise nach oben, verknappt das ohnehin knappe Angebot, und die Maklerdienstleistungen fallen weg.“

Tatsächlich vermarkten viele Vermieter ihre Wohnungen derzeit lieber selbst. Doch: „Wenn man jetzt mit einem Mietangebot an den Markt geht, dann ist richtig viel los“, so Natascha Wolf. Das bedeutet: Anfragen bearbeiten, Termine ausmachen, Gespräche führen. Und dann tauchen die Interessierten zur verabredeten Zeit doch nicht auf.

Die Makler kennen das. Für manchen Vermieter dürfte das neu sein. Und zeitintensiv. Monika Coudoro von Coudoro Immobilien aus Talheim spricht noch ein anderes Problem an: Finanzierungsbestätigung und Schufa-Auskünfte sind oft wichtige Voraussetzungen für den Abschluss eines Mietverhältnisses oder den Verkauf einer Immobilie. „Privatleute tun sich hier schwerer nachzufragen als wir Makler.“ Daher geht sie ebenso wie ihre Kollegen davon aus, dass der Rückgang nur eine vorübergehende Flaute ist und sich nach und nach wieder bereinigen wird. Zumal noch mehr dran hängt: Unterlagen zusammentragen und Mietverträge ausarbeiten.

Viele treibt die Verzweiflung

Eberhard Böttiger von Böttiger Immobilien hat beobachtet, dass sich die Vermieter derzeit zwar zurückhalten, sich aber auffallend viele Mietsuchende an ihn wenden. Sie treibt die pure Verzweiflung: Die Suche nach Wohnraum, vor allem im Preissegment von fünf bis sechs Euro pro Quadratmeter. Dafür sind sie auch bereit, zwei Monatsmieten Kaution plus Mehrwertsteuer an den Makler zu überweisen – wenn ein Vertragsabschluss zustande kommt. Helfen kann Böttiger in den wenigsten Fällen. „Ich mache in diesem Bereich nur sehr wenig“, sagt er.

Michael Bacher kann dem Novellierungsgesetz durchaus Positives abgewinnen. „Ich finde das okay.“ Schon vor dem 1. Juni hat er es in der Regel so gehandhabt, dass er die Provision je zur Hälfte Mieter und Vermieter berechnet hat. „Ich vertrete die Meinung, dass derjenige bezahlen sollte, dem man Arbeit abnimmt“, sagt er. Noch in einer anderen Hinsicht dürfte die Neuregelung eine Bereinigung mit sich bringen: Makler ist kein geschützter Begriff, jeder kann den Beruf ausüben. Bacher ist überzeugt: „Hier wird sich die Streu vom Weizen trennen.“