StartseiteRegionalRegion TuttlingenTuttlingenHier werden Eichhörnchen wieder aufgepäppelt

Eichhörnchen

Hier werden Eichhörnchen wieder aufgepäppelt

Tuttlingen / Lesedauer: 4 min

Beate Linzmeier kümmert sich in ihrer Auffangstation um verletzte oder verwaiste Eichhörnchen
Veröffentlicht:07.08.2020, 12:08

Artikel teilen:

15 Mitbewohner zählt Beate Linzmeier im Moment. Alles Eichhörnchen. Linzmeier betreibt eine Auffangstation für Tiere, die verletzt oder verwaist sind. Gerade hat sie besonders viel zu tun. Zwischen März und August bekommen Eichhörnchen Nachwuchs. Aber auch der Mensch werde offenbar aufmerksamer auf die Tiere, beobachtet Linzmeier. Im Interview mit Volontärin Birga Woytowicz erzählt sie, wie wir uns gegenüber den Tieren verhalten sollten und warum zu viel Nähe ein Hilferuf der Tiere ist.

Auf Facebook teilen Nutzer Eichhörnchen-Bilder und auch ich persönlich habe das Gefühl, den Tieren im Stadtgebiet immer öfter über den Weg zu laufen. Täuscht der Eindruck oder werden sie zutraulicher?

Selbst habe ich das noch nicht festgestellt. Ich bin aber auch weniger direkt in der Stadt unterwegs. Ich kann mir aber vorstellen, dass sich die Tiere an die Menschen gewöhnen. Manche Leute füttern sie vielleicht auch. Was ich seit Corona aber beobachte: Viele Menschen sind daheim, weil sie im Home-Office sind. Dadurch sind auch viel mehr Leute gekommen und haben mir verletzte Jungtiere gebracht. Gerade kümmere ich mich um 15 Tiere. Das ist sehr viel. 2019 waren es insgesamt 40 und davon kamen viele von anderen Auffangstationen, die überlastet waren.

Mit welchen Beschwerden kommen die Patienten zu Ihnen?

Zuletzt waren wieder viele Jungtiere unterwegs. Bei ihren ersten Kletterversuchen stürzen sie manchmal ab, die Mutter holt sie dann nicht immer zurück in den Kobel (Nest des Eichhörnchens/Anm.d.Red.). Manchmal werden die Mütter auch erschreckt und lassen den Nachwuchs fallen. Oder sie werden von Krähen verletzt.

Wenn ich ein hilfloses Jungtier entdecke: Was muss ich beachten?

Gerade Jungtiere laufen Menschen hinterher. Das kann Neugier sein. Oder die Tiere suchen unsere Nähe, weil sie Hilfe brauchen. Oft hört man, dass sie dann am Hosenbein hochklettern. Manche sitzen apathisch auf dem Boden, weil sie schon längere Zeit nicht versorgt wurden. Bevor man die Tiere aber sichert und sich bei der Auffangstation meldet, sollte man eine Weile beobachten. Manchmal findet die Mutter ihr Kleines noch, oder sie finden selbst zurück in den Kobel. Wenn sie sich leicht einfangen lassen, brauchen sie meist dringend Hilfe.

Wie fange ich ein Eichhörnchen ein?

Man kann sie einfach mit den Händen fangen. Am besten wickelt man sie gleich in ein Tuch und sichert sie in einer Kartonschachtel. Darin können sich die Eichhörnchen richtig einmummeln. Gerade Jungtiere brauchen eine Wärmequelle. Es ist wichtig, schnell die nächste Auffangstation zu kontaktieren. Eichhörnchen soll man nicht einzeln halten. Sonst werden sie fehl geprägt. Sie werden bei mir auch in Gruppen aufgeteilt. Damit sie immer unter Gleichaltrigen lernen. Die erwachsenen Tiere sollte man mit Handschuhen sichern, da sie sich aus Angst wehren.

Vorhin sagten Sie, dass die Tiere die Nähe zum Menschen suchen. Das ist dann also reiner Opportunismus in der Not?

Ganz genau. Sobald ich sie in die Auswilderungsvoliere setze, wollen sie von mir nichts mehr wissen. Das ist auch richtig so. Eichhörnchen sind Wildtiere. So soll man sie auch lassen. Sie sind zwar niedlich, manche auch neugieriger als andere. Aber Eichhörnchen sind keine Haustiere.

Kann ich die Tiere zum Beispiel füttern, in der Not oder auch einfach so?

Bei Jungtieren, die verletzt sind, rate ich davon ab, sie selbst zu füttern. Die Tiere brauchen oft erst eine Elektrolytlösung, um den Kreislauf zu stabilisieren. Wenn man ihnen etwas Falsches gibt, bekommen sie Durchfall. Da habe ich dann nur mehr Mühe, sie wieder aufzubauen. Es kann auch sein, dass man ihnen zu viel auf einmal gibt. Wenn sich die Tiere verschlucken, führt das gerade bei Jungtieren häufig zu einer Lungenentzündung. Generell aber kann man gerne Futterkästen im Garten aufstellen, oder Nüsse ins Vogelhaus legen. Am besten sind Walnüsse und Haselnüsse mit Schale. Im Winter ist das mehr gefragt. Im Sommer sollte man dann nicht jeden Tag auffüllen. Ein bisschen sollen die Tiere schon selbst arbeiten und sich nicht gleich an einen gedeckten Tisch setzen. Was auch noch wichtig ist: In Wasserfässer am besten einen Ast stellen, damit die Hörnchen im Notfall herausklettern können. Oft ertrinken sie.