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Freispruch

Freispruch für den Mann mit dem Hammer

Tuttlingen / Lesedauer: 4 min

Schlägerei vor einer Tuttlinger Bar im November 2017: Details nicht mehr aufzuklären
Veröffentlicht:18.07.2018, 11:33

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Mit einem Freispruch hat der Prozess vor dem Amtsgericht Tuttlingen wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung in fünf Fällen geendet. Richter Thomas Straub begründete das Urteil unter anderem damit, dass nicht auszuschließen sei, dass das Tun des Angeklagten durch Notwehr geprägt gewesen sei.

Rückblick: 18. November 2017: Ein ganz normaler Samstag in einer Bar in Tuttlingen. Man tanzt, man unterhält sich – und man trinkt Alkohol. Im Falle eines – laut Anklageschrift – Mittäters sogar so viel, dass die Polizei einen Wert von um die drei Promille ermittelt hat. Die Menschen, die an benachbarten Tischen Platz genommen haben, kennen sich. Sie stammen alle aus Rumänien, manche aus dem selben Ort, und sind in den Raum Tuttlingen gezogen. Zum Teil sind es Arbeitskollegen.

Was ist dann genau passiert? Staatsanwalt Jan Welsch , der die Anklage verlas, schilderte eine wüste Prügelei mit Schlägen und Tritten vor dem Lokal, wobei der 30-jährige Angeklagte mehrere Beteiligte mit einem Hammer traktiert haben soll.

„Viele Fehlerquellen“

Die Schwierigkeit des Verfahrens zeigten sich alsbald: Richter Straub sprach in der Sitzung diese Woche von vielen Fehlerquellen aufgrund des Alkoholkonsums der Protagonisten, der großen sprachlichen Schwierigkeiten – der Angeklagte und ein Großteil der Zeugen konnten sich nur per Dolmetscher verständigen – sowie der Tatsache, dass zwei der mutmaßlich Geschädigten und der Mitangeklagte nicht mehr als Zeugen vernommen werden können. Sie sind nach Rumänien zurückgekehrt.

Gegen Mitternacht, als der 30-Jährige und sein Bekannter das Lokal verließen, hat der Angeklagte die Tasche einer Bekannten mitgenommen. „Aus Spaß“, wie der Mann vor Gericht sagte. Und wohl auch, weil er die Frau mit nach draußen locken wollte. Eine Freundin habe sie darauf aufmerksam gemacht, worauf die beiden Frauen den Männern gefolgt seien. Vor der Bar sei es zu einem Gerangel zwischen Besitzerin und vermeitlichem Dieb um die Tasche gekommen. Die Freundin habe wohl lautstark die Herausgabe verlangt – und daraufhin vom Begleiter des Mannes einen Schlag abbekommen.

Sie ging in das Lokal und sagte das ihren Freunden, worauf mehrere mit nach draußen kamen und die körperliche Auseinandersetzung begann. Wer angefangen hat? Das konnte vor Gericht nicht geklärt werden. „Die lagen alle auf einem Haufen auf dem Boden“, ließ der Angeklagte von der Dolmetscherin übersetzen. Der Mann gab zu, dass er einen Hammer aus seinem in der Nähe geparkten Fahrzeug geholt habe, um die Leute auseinanderzubringen und um „sich zu schützen“. Ob er mit dem Hammer zugeschlagen hat oder „nur“ mit der Hand einen Schlag verpasst hat, wie er sagte, blieb offen. Ebenso, wer sonst noch wen mit was geschlagen hat. Bei der polizeilichen Vernehmung kurz nach dem Vorfall wurden Verletzungen mehrerer Beteiligter dokumentiert – Schmerzen an der Hüfte, eine aufgeplatzte Lippe, ein Schlag hinter dem Ohr, eine schmerzende Körperseite. Der Wirt des Lokals hatte die Beamten verständigt.

Als eine „unüberschaubare Gememgelage“ bezeichnete denn auch der Staatsanwalt das Geschehen, „das wir mit den Mitteln, die wir zur Verfügung haben, nicht bis ins Detail aufklären können“. Die Tatsache, dass der Angeklagte einen Hammer zur Schlägerei mitbrachte, sah er als Indiz für eine gewisse kriminelle Energie an: „Das spricht nicht unbedingt für Friedfertigkeit.“ Er forderte eine Haftstrafe auf Bewährung: sechs Monate und zwei Wochen wegen gefährlicher Körperverletzung mittels eines gefährlichen Werkzeugs, wobei sich dieses geforderte Strafmaß unter Berücksichtigung einer noch ausstehenden Rate eines anderen Verfahrens ergab.

Ein Nachspiel

Denn der Abend in Tuttlingen hatte ein Nachspiel: Der Mann mit dem Hammer setzte sich hinter das Steuer seines Wagens. In Höhe Rußberg/Risiberg kam er von der Fahrbahn ab und baute einen Unfall. Da er alkoholisiert war, verständigte er einen Arbeitskollegen, der ihn und seinen Freund nach Hause fahren sollte. Auch der war als Zeuge geladen. Kaum 800 Meter nach der Unfallstelle habe es eine Polizeikontrolle gegeben,sagte er. Der Fahrer des Unfallwagens war wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr verurteilt worden und musste eine Geldstrafe bezahlen. Die letzte Rate steht immer noch aus. Das Verfahren am Montag endete dagegen mit „nach Zweifelsgrundsatz freizusprechen“, so Richter Straub.

Bleibt die Frage, warum der Mann die Bekannte in der Bar unbedingt nach draußen locken wollte. Das muss er wahrscheinlich noch seiner Ehefrau erklären. Die war die ganze Zeit im Gerichtssaal dabei und hörte aufmerksam zu.