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Rittergartenverein

Dieser Buchhändler lässt sich nicht einschüchtern

Tuttlingen / Lesedauer: 4 min

Buchhändler Christof Manz erhält regelmäßig Drohungen – Keine kontroversen Veranstaltungen mehr sind dennoch keine Option
Veröffentlicht:07.09.2018, 13:04

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Christof Manz ist Buchhändler und Mitglied des Rittergartenvereins. Regelmäßig finden bei ihm Veranstaltungen zu kontroversen Themen wie Rechtsradikalismus, Salafismus, Antisemitismus oder Zwangsheirat statt. Dafür erntet Manz nicht nur Gegenwind sondern auch regelmäßig Drohungen. Sebastian Heilemann hat mit dem Buchhändler darüber gesprochen, wie er damit umgeht und warum er trotzdem weitermacht.

Herr Manz, in der Vergangenheit fanden immer wieder in Zusammenarbeit mit dem Rittergartenverein Veranstaltungen zu kontroversen Themen statt. Wurde es da auch schon mal heikel?

Es gibt natürlich Veranstaltungen, die von vornherein etwas heikel sind. Nachdem ich zum Beispiel eine kurdische Referentin an die Hauptschulen begleitet habe, um über das Thema Zwangsheirat zu sprechen, wurde im Anschluss ihr Auto zerkratzt. Oder Gegenwind verbaler Natur gab es auch für eine Veranstaltung mit einem Salafismus-Aussteiger – Themen, die mit dem Islam zu tun haben sind sehr heikel. Wir hatten auch schon Veranstaltungen mit KZ-Überlebenden. Die braune Begleitmusik ist da immer dabei.

Salafismus, Zwangsheirat, Antisemitismus und Rechtsradikalismus. Das sind Themen, die polarisieren. Warum tun Sie sich das an?

Das ist ja nur ein Ausschnitt, der Themen, die wir bearbeiten. Aber wer soll es denn sonst machen? Ich bin weder Held, noch Gutmensch, geschweige denn Intellektueller. Aber ich habe als Buchhändler ein Erbe zu verwalten. Mutige kontroverse Autoren und Künstler brauchen ein Plattform für ihre Gedanken und Ideen, damit wir von ihnen lernen können. Tuttlingen hat in den letzten Jahren zivilgesellschaftlich viel erreicht, da sind wir schon weiter als andere Städte. Auch weil der Rittergartenverein solche Themen schon lange vor Anne Will oder Maybrit Illner aufgegriffen hat.

In Tuttlingen denkt man oft, dass wir hier ab vom Schuss sind und dass hier Entwicklungen wie aktuell in Chemnitz keine Rolle spielen. Aber wir sind Teil der Bundesrepublik und deswegen bleiben wir auch nicht unberührt von bundesweiten Entwicklungen. Da muss man einfach Flagge zeigen.

Ein Einstellung, für die Sie aber schon mehr als nur Gegenwind einstecken mussten.

Das ist alles andere als angenehm. Mir sind schon einige Male die Scheiben beschmiert worden. Ich bekomme auch regelmäßig Post ohne Absender mit braunem Morast, oder auch schon ganz massive Drohungen per Telefon. Nach der letzten Landtagswahl, als die AfD eingezogen ist, standen hier drei Gestalten im Laden und sagten zu mir: „Manz, jetzt sind wir dran – und Du gehörst zu den Ersten.“ Die Qualität hat sich verändert. Die Anfeindungen sind offener und direkter geworden. Das sieht man auch daran, was gerade in Chemnitz los ist. Die braunen Kettenhunde sind von der Leine.

Haben Sie da jemals daran gedacht, solche Themen einfach nicht mehr zu behandeln?

Nein, die Frage stellt sich für mich nicht. Ich bin vorsichtiger geworden und bestelle mir auch mal ein Taxi für den Heimweg. Beliebter wird man dadurch nicht. Das ist mir schon klar. Dafür bezahle ich auch mit meinem Laden. Früher wurde mir auch schon mal gesagt: „Bei einem Kommunisten trinke ich keinen Kaffee.“ Aber es wäre ein fatales Zeichen, wenn man einknickt.

Am 20. September haben Sie die AfD-Aussteigerin Franziska Schreiber eingeladen. Wieder ein kontroverses Thema, oder?

Es geht dabei nicht um Sensationsgehasche. Und die Reaktionen im Internet zeigen, dass wir einen Nerv getroffen haben. Ich habe das Buch von Franziska Schreiber gelesen und sie stellt sich darin klar gegen den Rechtstrend der AfD. Für uns ist das einfach der Versuch ins Gespräch zu kommen – gerade vor den anstehenden Kommunalwahlen im kommenden Jahr.

Wie bereiten Sie sich dann auf eine solche Veranstaltung vor?

Der Kartenvorverkauf hat mittlerweile begonnen. Wir verkaufen nur noch höchstens zwei Karten pro Einzelperson. In der kommenden Woche habe wir ein Gespräch mit Polizei und Staatsschutz.