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Weihnachtsmarkt

Deshalb hat Tuttlingen keinen großen Weihnachtsmarkt

Tuttlingen / Lesedauer: 4 min

Stimmung statt Kommerz: ProTut erklärt, warum Tuttlingen keinen klassischen Weihnachtsmarkt hat
Veröffentlicht:29.11.2018, 15:49

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Mit einem dampfenden Glühwein in der Hand an stimmungsvoll beleuchteten Kunsthandwerksständen vorbeischlendern und sich auf die Weihnachtszeit einstimmen – für viele ist der Advent untrennbar mit einem Besuch auf dem Weihnachtsmarkt verbunden. Jahr für Jahr stellen sich dabei viele die Frage, warum es einen klassischen Innenstadt-Weihnachtsmarkt nicht auch in der Tuttlinger Fußgängerzone gibt.

Mehrere Anläufe wurden in der Vergangenheit bereits unternommen, jedoch ohne nennenswerten Erfolg. Für die engagierten Organisatoren sei dies sehr demotivierend gewesen – weshalb man letztlich wieder zu einem kleinen Adventstreff zurückgekehrt sei, der sich auf ein paar wenige Stände auf dem Marktplatz beschränkt, erklärt Stadt-Pressesprecher Arno Specht .

Mit einer ganzen Reihe an kleinen Veranstaltungen möchte sich der Tuttlinger Gewerbe- und Handelsverein „ProTut“ in Kooperation mit der Stadt und dem Rittergartenverein auch in diesem Jahr vom üblichen Weihnachtsrummel abgrenzen. „Es geht alles immer mehr in Richtung Kommerz – da müssen wir uns einfach mal überlegen, was wir wollen und worum es an Weihnachten eigentlich geht“, findet Buchhändler Christoph Manz , der sich seit vielen Jahren für „ProTut“ engagiert.

Als mittelgroße Stadt mit rund 36 000 Einwohnern habe Tuttlingen ein breiteres Angebot an Adventsaktivitäten als manch andere Stadt, ist er überzeugt und verweist auf die lange Liste an kleineren Veranstaltungen in der Stadt und den umliegenden Gemeinden. Mit dem Adventstreff auf dem Marktplatz möchte ProTut zumindest die weihnachtlichen Grundbedürfnisse der Tuttlinger befriedigen – und die lauten nach Einschätzung von Manz: Glühwein, Bratwurst und ein bisschen weihnachtliche Musik.

Bei einem so großen Marktplatz können Sie nicht nur mit vier oder fünf Ständen kommen

Christoph Manz, Buchhändler

Dass es keinen klassischen Weihnachtsmarkt in der Innenstadt gibt, hat vor allem finanzielle Gründe. Denn einen entsprechenden Rahmen zu schaffen, um genügend Stände für einen größeren Markt zu bekommen, sei mit hohen Investitionen verbunden, erklärt Manz. „Bei einem so großen Marktplatz können Sie nicht nur mit vier oder fünf Ständen kommen“, sagt Manz. Mindestens 50 000 bis 60 000 Euro müsste die Stadt dafür in die Hand nehmen, schätzt er. Specht argumentiert zudem, dass man nicht mit falschen Erwartungen an die Sache herangehen dürfe.

Specht sieht keinen Schaden am Image der Stadt

Mit Weihnachtsmärkten in Großstädten wie Stuttgart könne man einen Tuttlinger Weihnachtsmarkt schlicht nicht vergleichen – ebensowenig mit Städten, die von sich aus mit einer mittelalterlichen Stadtkulisse und einem dementsprechenden Flair punkten können. „Sicher könnte man auch hier einen großen Markt mit eingekauften Kunsthandwerkern und einem Feuerwerk an glitzernder Weihnachtsdeko aufstellen – aber das kostet natürlich Geld“, gibt Specht zu bedenken.

„Ansehnliche Beträge“ gebe die Stadt über das ganze Jahr verteilt für die zahlreichen Veranstaltungen in der Stadt aus. Bei den Weihnachtsmärkten habe man bisher jedoch auf den Charme der lokalen Akteure gesetzt, anstatt eine profesionelle und teure Eventagentur damit zu beauftragen, teilt Specht mit. „Diese Entscheidung ist aber nicht für alle Ewigkeiten in Stein gemeißelt“, stellt er klar. Vorerst soll es jedoch beim bisherigen Programm bleiben – ohne einen großen Innenstadtweihnachtsmarkt.

Einen Imageschaden für die Stadt sieht Specht dadurch aber nicht: Er glaube, „dass das Image der Stadt nicht alleine von der Weihnachtsmarktfrage abhängig ist“. Zudem gebe es ja Weihnachtsmärkte in der Stadt, beispielsweise beim Rittergarten, in Möhringen und Nendingen. „Das sind traditionsreiche und beliebte Veranstaltungen, die jeweils eine ganz persönliche Handschrift tragen und einen großen Freundeskreis haben.“

Kunsthandwerk verkauft sich immer schlechter

Ebenfalls erschwert wird die Situation durch die wachsende Konkurrenz an Weihnachtsmärkten. „Manche Städte fahren auch schon wieder zurück. Viele Konzepte erscheinen veraltet, Kosten und Nutzen stehen in keinem Verhältnis“, schildert Specht seinen Eindruck.

Hinzu kommt, dass viele Kunsthandwerker schlechte Geschäfte beklagen würden, weiß Manz: „Die Standbetreiber zahlen hohe Mieten, und die Sachen verkaufen sich einfach nicht so gut. Die Leute sagen sich dann häufig, das bekomme ich anderwo billiger“, sagt der Buchhändler. Wolle man hingegen örtliche Vereine als Standbetreiber mit ins Boot holen, brauche man widerum viele Ehrenamtliche. Und die seien heutzutage nur sehr schwer aufzutreiben.

Ob es auf lange Sicht irgendwann wieder einen größeren Weihnachtsmarkt in Tuttlingen geben wird, ist derzeit noch nicht entschieden. Gemeinsam mit ProTut möchte die Stadt nun zunächst an einem neuen Konzept feilen. „Das wird auch Aufgabe des neuen Citymanagers sein“, lässt Specht wissen. „Wenn das neue Konzept und die Kosten stehen, kann der Gemeinderat eine Entscheidung treffen“, fügt er hinzu.