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Wenn das Cello zu singen scheint

Trossingen / Lesedauer: 2 min

Öffentliche Abschlussprüfungskonzerte an der Musikhochschule Trossingen
Veröffentlicht:14.07.2020, 16:25

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Nach Frankreich und ins 18. Jahrhundert fühlten sich die Besucher der öffentlichen Abschlussprüfung zum „Master, Alte Musik“ von Jakob Herzog am Sonntagmittag an der Musikhochschule Trossingen entführt. Der Zutritt zur Kleinen Aula war streng reglementiert, neben den vier Prüfern konnten nur zwanzig Gäste die vier exquisiten Sonaten hören.

Jakob Herzog, vor 27 Jahren in Graz geboren, hatte schon als Fünfjähriger Cello-Unterricht bekommen. Nach dem Musikstudium in Luzern studierte er die letzten vier Semester in Trossingen bei Professor Werner Matzke . Für die künstlerische Abschlussprüfung hatte er Alte Musik aus drei Ländern ausgewählt.

Im ersten, nichtöffentlichen Prüfungsteil standen italienische und deutsche Komponisten im Fokus, am Sonntag dann Joseph de Boismortier, Jean-Baptiste Barrière und der kaum bekannte Louis F. J. Patouart. Aus dessen zweitem Opus hatte Herzog die erste der sechs Sonaten ausgewählt, vermutlich 1760 für Cello und Basso continuo geschrieben.

Fast majestätisch wirkte der erste Satz, mit „Grave“ überschrieben. Beim folgenden Allegro moderato konnte der angehende Master seine hohe Fingerfertigkeit auf den Saiten und seine ausgefeilte Bogenführung bestens unter Beweis stellen. Zwei wohlklingende „Minuetti“ vervollständigen die Sonate.

Aus dem ersten Sonaten-Buch von Jean Baptiste Barrière, 1707 in Bordeaux geboren, erklangen die vier Sätze der ersten Sonate: Nach einem feinherben Adagio ein anregendes Allegro, bei dem das Zusammenspiel mit dem Basso continuo besonders beeindruckte: Herzog hatte die Trossinger Cembalo-Dozentin Evelyn Laib und die freischaffende Cellistin Marie-Louise Wundling hierfür ausgesucht und damit eine sehr gute Wahl getroffen.

Nach einem träumerisch beginnenden Adagio-Andante lotete der Prüfungskandidat die Grenzen seines Instruments beim rasant-zackigen Schlusssatz aus und stachelte die Continuo-Spielerinnen förmlich an, bis hin zum versöhnlichen Ende.

Zwei der über hundert überlieferten Werke von Joseph Bodin de Boismortier bildeten den Rahmen des Konzerts. Die vierte Sonate aus dem Opus 50, 1734 in Paris komponiert, bot ein sonores Andante, ein lebendiges Allegro mit einem markanten Motiv und eine elegante Sarabande. Bei der folgenden Giga schien das Cello zu singen, erst vergnügt, dann himmelstürmend.

Neben dem großen Cembalo erklang die Viola da Gamba von Lisa Kuhnert. Die Chemnitzerin ist jedoch primär Violinistin, wie sie bei der abschließenden Triosonate unter Beweis stellte. Hier gefiel besonders das hochsommerlich bunte Allegro und das melancholische „Lar-gheto“, wie der berühmte Franzose es nannte, mit filigran perlenden Cembaloklängen.

Sein Instrument sei nicht außergewöhnlich, sagt Herzog. Das dunkellasierte Barockcello ist 240 Jahre alt und wurde von einem der Geigenbauer aus der Mittenwalder Hornsteiner-Dynastie gefertigt. „Aber es klingt fantastisch!“, schwärmt der passionierte Musiker. Und der langanhaltende, kräftige Beifall in der Aula bestätigte dies.