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Poetry Slam

Poetry-Slam: Zum Nachdenken und Lachen

Trossingen / Lesedauer: 3 min

Publikum kürt Anne Sanden zur besten Künstlerin des Abends
Veröffentlicht:19.05.2019, 17:30

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„Poetry-Slam ist nichts Halbes und nichts Ganzes, Poetry-Slam ist alles oder nichts, Poetry-Slam ist ziemlich cool.“ Dass trotz dieser Phrasen, angesichts der schwierigen Definition von Poetry-Slam, etwas spannendes herauskommen kann, zeigten in Trossingen junge Talente, die in der Szene bereits gut dabei sind.

Lukas Dystopia, Keymaya, Michelle Meissner und Anne Sanden präsentierten literarische Texte auf die andere Art und Weise.

„Beim Poetry-Slam gibt es zwei Runden, jeder Text ist innerhalb vier bis sieben Minuten vorzustellen, das Publikum ist die Jury und bewertet jeden Auftritt“, erklärt Jonathan Engel, der selbst „Slamer“ ist, und den Abend moderiert. Bis zu zehn Punkte kann das Publikum verteilen – fünf Juroren geben das finale Ergebnis nach einer Diskussionsrunde ab.

Den Anfang – „zum Proben“ – macht Engel selbst mit einem Poetry-Slam: Er erzählt davon, wie sich manche Menschen fühlen, die wie ein Goldfisch durch eine dicke Scheibe von der Außenwelt abgetrennt sind und durch diese mit großen Augen angestarrt werden, Menschen, die eingesperrt sind. „Ich will ausbrechen, frei sein, furchtlos sein“, heißt es in seinem Text. „Aus dem Goldfisch wurde ein großer Wal.“

Die Person ist gewachsen, mit ihr das Selbstvertrauen. Schnell wird klar, dass Poetry-Slam zum Nachdenken anregen soll, aber auch eher unterhaltend und komödiantisch sein kann.

Wer will ich sein, was soll ich tun?

Michelle Meissner (18) aus Offenburg regt sich darüber auf, „dass man immer gefragt wird: ‚Was willst du mal werden?’“. Dabei sei doch die Frage „Was und wer will ich sein“ viel wichtiger. Sie spricht über die typischen Eigenschaften, die im Beruf abverlangt werden, über das bloße Funktionieren.

„Doch möchte ich wirklich so leben? Oder doch lieber mit meinen Freunden Abenteuer erleben?“ Im Leben braucht’s Gelassenheit. „Wer bringt mir diese bei?“ Etwa die Schule? „Wo wir alle der höchsten Punktzahl hinterherrennen?“ Die Lösung ist die Kunst, „denn in der Kunst brauchst du nur du selbst zu sein, du musst niemanden überzeugen.“

Anne Sanden (18) aus Rottweil spricht ähnliche Probleme an. „Als Kind ist man noch glücklich, sorglos, muss nicht weiterdenken.“ Doch blitzschnell ist man älter, „und man hat tausende Möglichkeiten.“ Entscheidungen müssen getroffen werden, „was soll ich tun?“ Angst mache sich dadurch breit. Und am Ende käme es nur darauf an, was man kann, nicht was man ist. „Am Ende blickt man aufs Leben zurück und fragt sich: ‚Was habe ich denn die ganze Zeit gemacht?‘“. Zeit ist kostbar und „vergeht schnell“, stellt Sanden fest.

Neben den beiden traten auch die 16-jährige Keymaya aus Steinach und der 24-jährige Lukas Dystopia aus Berlin auf. Während Keymaya dazu aufrief, Emotionen herauszulassen und Dankbarkeit zu zeigen, erzählte Dystopia über seine Vorstellungsgespräche unter LSD-Einfluss. „Ich glaube ich habe davor mal eine Dosierungseinheit genommen“, sorgt Lukas Dystopia für einen Lacher.

Hauptsache, den Job nicht bekommen

Hauptsache für ihn war, dass er den Job nicht bekommen habe. Bekommen hat dafür Anne Sanden etwas: Den Preis des Abends als beste Künstlerin. Sie bekam – so die Tradition – einen Jutesack voller alter Gegenstände, die das Publikum hineinlegt und nicht mehr braucht. Für Künstler und Publikum war es ein gelungener Abend, sodass für Jonathan Engel feststeht: „Trossingen, wir kommen wieder.“ Für das kommende Jahr ist ein weiteres Programm geplant.