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Wahlkampf

Das Ringen um die neuen Wähler

Trossingen / Lesedauer: 3 min

Parteien und Listen möchte gerne EU-Bürger für die Kommunalwahl gewinnen
Veröffentlicht:17.04.2019, 14:11

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Nach Ostern werden die Parteien und Gruppen, die in Trossingen zur Kommunalwahl am Sonntag, 26. Mai, antreten, aktiv in den Wahlkampf einsteigen. Die Frage, wie die rumänischen Neubürger, die immerhin zehn Prozent der Bevölkerung ausmachen, für die Wahl aktiviert werden können, beschäftigt die Kommunalpolitiker aber bereits im Vorfeld.

Bei der Kommunal- und Kreistagswahl dürfen nicht nur deutsche Staatsangehörige ab 16 Jahren wählten, sondern auch EU-Bürger, die seit mindestens drei Monaten ihren Wohnsitz in der Gemeinde haben. Für die Trossinger Parteien und Wählerlisten eröffnet dies die Möglichkeit, neue Wähler zu gewinnen.

„Wir müssen zusehen, dass wir Kontakt zu den Leuten bekommen“, sagte Gustav Betzler, Fraktionssprecher der Freien Wähler, jüngst bei einer Veranstaltung des Ortsseniorenrats, wo das Thema aufkam. Er erinnerte an 1989, als eine große Zahl von Russlanddeutschen nach Trossingen zog. „Jetzt erleben wir die zweite Auflage“, sagte er. Die Integration zu Beginn der 90er Jahre habe ihre Zeit gebraucht, sei aber gelungen, ergänzte er.

Clemens Henn von der CDU hoffte, dass es mit der Zeit gelingen könne, sowohl mehr Russlanddeutsche als auch EU-Bürger für die Listen der Parteien zu gewinnen. Dies könne ein Anreiz für die einzelnen Gruppen sein, zur Wahl zu gehen. „Viele Russlanddeutsche und Rumänen sind sehr stark kirchlich orientiert. Den Freikirchen gelingt es, auch die Jungen zu integrieren“, nannte Henn einen möglichen Ansatzpunkt. Doch die Umsetzung sei schwierig.

Optimistischer zeigte sich das Susanne Reinhardt-Klotz von der OGL. „Ich glaube, das muss man nicht zu dramatisch sehen“, sagte sie. Dass sich die Neubürger erst mal „zusammenraufen“ müssten, sei normal. Ähnlich habe sich die Integration der Italiener oder Aussiedler entwickelt.

„Erzwingen kann man nichts“, sagte Hilmar Fleischer (FDP); „Das wird sich über ein oder zwei Generationen auflösen.“

Im Gespräch mit der Trossinger Zeitung ergänzte Dieter Görlich, der für die SDP im Trossinger Gemeinderat sitzt, die Diskussion um einen weiteren Punkt. Gerade für seine Partei sei es schwierig, Wählerstimmen von Menschen, die aus dem ehemaligen Warschauer Pakt stammten, zu gewinnen. „Wir sind für sie die Kommunisten“, sagte er. Und eben der Kommunismus sei für viele mit negativen Erinnerungen behaftet. „Vielleicht muss man da klein anfangen, über die Vereine oder die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen“, so seine Idee.

Vereine als Brückenbauer

Ähnlich sieht das Simon Mayer von der Liste Trossingen – Neue Generation (TNG). „Wir sehen, dass die Integration zum größten Teil bei unseren Vereinen beginnt. Viele Kinder kommen ohne Deutschkenntnisse in die Vereine“, so seine Erfahrung. Dort würden die Jungen und Mädchen schnell die Sprache erlernen. Auch deshalb würde die TNG der Vereinsförderung einen hohen Stellenwert zurechnen.

Aus eigener Erfahrung, wie sich Integration anfühlt, kann Otto Schön, der für die AfD kandidiert, sprechen. Er selbst sei vor über 40 Jahren nach Deutschland als Aussiedler gekommen. „Es dauert ein bis zwei Jahre, bis man realisiert, wo man lebt, sich engagiert und zur Wahl geht“, so seine Einschätzung. Er vertraut darauf, dass auch die rumänischen Neubürger diesen Weg gehen werden.

Warum die Gemeinderatskandidaten auf eine möglichst hohe Wahlbeteiligung hoffen, brachte Hilmar Fleischer auf den Punkt: „Wenn sie bei 30 Prozent oder darunter liegt, hat man leicht das Gefühl, nicht legitimiert zu sein.“