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Narrenkleid

Narrenkleid gibt es seit halbem Jahrhundert

Spaichingen / Lesedauer: 4 min

Deilinger Zunft feiert Jubiläum des Köhlernarrenkleides
Veröffentlicht:09.05.2018, 13:47

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Die Narrenzunft Deilingen hat zum 50-jährigen Jubiläum des Köhlernarrenkleides eine Geburtstagsfeier der besonderen Art gefeiert. Gekommen war eine große Anzahl der aktuellen Akteure und der vergangenen Jahrzehnte, was den hohen Stellenwert der Fasnacht in der Gemeinde vor Augen führte.

So konnte Zunftmeister Björn Zielinsksi neben zahlreichen Ehrengästen seine Vorgänger Willi Weiß und Bernd Stier sowie die Gründungsväter der Zunft, Hermann Schätzle, Siegfried Köllner, Gerhard Kuolt und Horst Weiss begrüßen. Sein Gruß galt auch zahlreichen Vertretern befreundeter Zünfte der Umgebung, der Abordnung des Narrenfreundschaftsrings Baar-Heuberg und Bürgermeister Albin Ragg.

Abseits der vorrevolutionären Zustände in den deutschen Großstädten im Jahr 1968 beschäftigte man sich in Deilingen lieber mit der Fasnet. Nur drei Jahre nach Neugründung der Zunft kam der Gedanke auf, ein neues Narrenkleid zu kreieren. Es sollte keineswegs ein Abklatsch des alten Kleides sein, wie Ragg in seiner Ansprache meinte. So suchte man in der Historie und fand die Köhlerei auf dem Bol. Damals brauchte man viel Holzkohle für die Verhüttung von Eisenerz. Die Metallverarbeitung ist heute noch die bestimmende Industrie auf dem Heuberg. So wurde der Köhlernarr geschaffen, eine etwas dunklere Gestalt als die rußigen Gesellen ihrer Vorlagen.

Im gleichen Jahr richtete die Zunft das erste Ringtreffen des Freundschaftsrings aus. Dieser Anfangselan bestimmte die weitere Entwicklung der Zunft, wie Vizepräsident Köhler vom Freundschaftsring in seinem Grußwort meinte. Große Aktivposten seien die vier Ringtreffen gewesen, die die Deilinger seitdem ausrichteten. Letztes Treffen war in Spaichingen, wo sie unterstützend mithalfen, das Treffen erfolgreich über die Bühne zu bringen.

Anschließend sprach Peter Schnekenburger namens der Vereine der Zunft die besten Wünsche für die Zukunft aus. Das Kleid selber durchlief einige Stadien der Herstellung. Die ersten Kleider wurden von Maler Johann Weiß gemalt, dann kam der Siebdruck von Erwin Schätzle ins Spiel, danach bis heute wieder ein Maler aus Weilen. Auch die Stoffe mussten von besonderer Qualität sein. Für das Schneidern ist Christa Schätzle zuständig. Heute sind etwa 250 bis 270 Kleider im Umlauf, eine gigantische Anzahl, gemessen an der Größe von Deilingen. 1981 kam der Köhlergeist dazu, eine die anderen überragende Gestalt. Die Maske wurde von Hans Marquardt geschnitzt. Der Köhlergeist ist ein Geist, der den Köhlern helfend zur Seite stand. 1983 bekam der Narr eine weibliche Ergänzung, die Köhlergret.

Björn Zielinnski ging auf die geschichtliche Entwicklung der Fasnacht in Deilingen ein, die auch in einer Ausstellung dargestellt wurde. Der erste schriftliche Nachweis der Fastnacht im Ort war ein Gemeinderatsprotokoll aus dem Jahr 1896, das allerdings für die Narren nicht allzu schmeichelhaft war. Genaueres kann man in Dr. Aichs „Albbilder“ aus dem Jahr 1962 nachlesen. Aich war Gemeindepfarrer in Deilingen. So heißt es dort: „Die Masken können im Fistelton und unter Anonymität es einem auch „wüst sagen“; ist doch Fasnet die Zeit, wo der Heuberger so ganz aus sich heraus darf und „unscheniert“ an die Große Glocke hängt, wer dem anderen gegenüber etwas auf dem Herzen hat, aber es offen zu sagen nicht getraute, um nicht in einen Prozess verwickelt zu werden“.

In der nachfolgenden Zeit gab es den bekannten Weißnarren als Vorläufer des Köhlernarren, dessen Herkunft aber im Dunkeln liegt. Die Fasnacht spielte sich bis 1965 spontan organisiert, oft auch kurzfristig ab.

Akteure der Deilinger Fasnacht von heute, aber auch aus früheren Tagen, erhielten bei den Ehrungen aus der Hand von Zielinski Fasnachstorden mit Urkunden. Zwei verhüllte Gestalten standen neben dem Rednerpult und warteten auf ihre Demaskierung, die der Zunftmeister und der Bürgermeister in Angriff nahmen. Heraus kamen ein Narr in einem ehemaligen Narrenkleid und ein Köhlernarr. Beide Figuren wurden an das Rathaus gestiftet. Am Schluss stand eine Powerpoint-Präsentation mit historischen und neuzeitlichen Fotos, die zur Zeit als Grundlage für ein Fotobuch der Deilinger Fasnacht dienen.