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Heimweh

Manche haben schon noch Heimweh

Spaichingen / Lesedauer: 3 min

Manche haben schon noch Heimweh
Veröffentlicht:25.04.2012, 17:45

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Werden die Geschichten aus der alten Heimat noch regelmäßig gelesen? Konnte nach dem Auszug aus dem Banat eine gelungene Integration hergestellt werden? Wie geht man mit dem Gestern um? Unsere Mitarbeiterin Regina Koch befragte Gäste beim Vortrag von Richard Wagner über ihre Sicht der Vergangenheit und die Bedeutung von Geschichten aus der Heimat.

Nikolaus Hügel: „Ich habe einige Bücher von Müller-Guttenbrunn gelesen. Auch von anderen. Ein Volk, dass seine geschichtliche Vergangenheit nicht kennt, hat keine Orientierung in Richtung Zukunft. Wir müssen wissen, woher wir kommen und wohin wir gehören. Wir Donauschwaben sind keine Asylanten aus politischen Gründen oder Eigenverschulden, sondern Deutschstämmige. Trotzdem müssen wir Prüfungen machen, ob wir die deutsche Sprache beherrschen. Deshalb fühle ich mich benachteiligt.“

Josef Koch meint: „Den Adam Müller-Guttenbrunn habe ich gelesen in meiner Zeit als Jugendlicher und Student. Für diesen Nachmittag haben ich von ihm den kleinen Schwab‘ gelesen, um vorbereitet zu sein. Ich kenne auch andere Schriftsteller und Dichter, wie Peter Jung. Man muss die Geschichten immer im Bezug zu der Zeit sehen, in der sie geschrieben wurden. Im „kleinen Schwab“ sind Thesen aufgestellt, die man heute nicht mehr vertreten kann. Man muss den Autor in seiner eigenen Zeit verstehen. An der Vergangenheit kann man nichts mehr ändern. Ich musste in der Schule Rumänisch lernen und für Deutschland waren wir rumänische Staatsbürger. Den Eltern und Großeltern im Banat ging es gut, materiell waren wir auf der sicheren Seite.

Wilhelmine Olah liest „querbeet alles, auch die Bücher von Müller-Guttenbrunn habe ich alle. Einen richtigen Bezug zu meiner Vergangenheit im Banat habe ich nicht. Ich bin dort geboren und aufgewachsen, aber lebe seit 1980 hier in Deutschland, mein Lebensmittelpunkt ist hier. Wenn wir die alte Heimat besuchen, ist es zwar etwas nostalgisch, aber die Leute, die man kannte, sind alle nicht mehr da. Für mich ist die Vergangenheit nicht verklärt. Heimat ist da, wo man sich wohlfühlt. Und ich fühle mich hier sehr wohl und akzeptiert.“

„Ich möchte gern, dass man den Ausdruck Donauschwaben verwendet“, sagt Magdalena Weiner . Von den heimischen Autoren habe ich Guttenbrunn, Lenau und viele andere gelesen. Für mich bedeuten diese Geschichten alles. Ich hänge noch wahnsinnig an meiner alten Heimat und durch die Geschichten wird eine Verbindung hergestellt. Ich fühle mich aber hier sehr wohl und sehr integriert. Wir Donauschwaben haben den Banat urbar gemacht, nicht mit dem Schwert, sondern mit dem Pflug. Es tut uns sehr weh, dass wir die Gegend verlassen mussten. Ich kann mich an eine herrliche Kindheit erinnern.“

Armin Keilbach: „Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich keine Bücher der Donauschwaben-Autoren gelesen habe, ich bin kein Donauschwabe. Durch meinen Kollegen Josef Koch wurde ich schon in der Vergangenheit über viele Geschichten aus dem Banat informiert. Nun habe ich mir vorgenommen, etwas darüber zu lesen. Ich bin hier auf der Veranstaltung, weil ich Richard Wagner und Josef Koch kenne.“

„Ich habe von Guttenbrunn die „Glocken der Heimat“ gelesen und „Meister Jakob“. Ich finde die Sprache sehr schön, in der er schreibt und die geschichtlichen Hintergründe. Man findet vieles wieder, wie das Leben auf dem Dorf tatsächlich war. Vieles kann man in der Erinnerung wieder miterleben. Ich bin mit 22 Jahren nach Deutschland gekommen, erinnere mich aber noch an die politische Situation, auch, wie man vielen Schulfächern die deutsche Sprache genommen hat“, berichtet Gerlinde Wagner.