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Wiederentdeckung

Die Wiederentdeckung Albert Weisgerbers

Spaichingen / Lesedauer: 3 min

Erste Ausstellung 2018 der Kunststiftung Hohenkarpfen widmet sich einem Vertreter der Klassischen Moderne
Veröffentlicht:22.03.2018, 15:08

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Die Klassische Moderne ist eine der fruchtbarsten Epochen der deutschen Malerei gewesen mit weltweit bekannten Künstlergruppen wie „Brücke“ und „Blauer Reiter“. Ein eher unbekannter, nichtsdestotrotz qualitativ hochwertiger Künstler jener Zeit war Albert Weisgerber. Dem vorwiegend in München tätigen Maler widmet das Kunstmuseum der Kunststiftung Hohenkarpfen seine erste Ausstellung der Saison 2018, die am Sonntag, 25. März, um 11 Uhr eröffnet wird.

Albert Weisgerber ist offenbar ein Suchender gewesen. Bei den 40 gezeigten Gemälden sind vielfältige Einflüsse erkennbar, die Stilfindung zeigt noch keine eindeutige Handschrift – die der Künstler womöglich gefunden hätte, wäre er nicht 1915 als Mittdreißiger auf dem Schlachtfeld gestorben. Die frühen Werke stehen eindeutig unter dem Einfluss des Impressionismus – etwa „Im Biergarten“ von 1904, das wie von einem französischen Impressionisten geschaffen wirkt, in dem Weisgerber Erfahrungen aus einem Paris-Aufenthalt verarbeitete.

Eine deutliche Inspiration durch El Greco weist mit seinen in die Länge gezogenen Figuren hingegen „Der Maler und die drei Grazien“ von 1910 auf. Weisgerber wurde experimentierfreudiger: So zeigt das vielleicht beeindruckendste Werk der Ausstellung, „Jeremia vor dem Zug in die babylonische Gefangenschaft“ in pastos aufgetragenen Farben einen Propheten mit expressiver Körperhaltung und Miene. „Christlicher Expressionismus“, nannte das mal ein Kritiker.

Die Einflüsse der seinerzeit dominierenden Stilrichtung, dem Expressionismus, prägen sich in einem weiteren, überragenden Bild der Schau, „Schlafender Knabe im Wald“ von 1912, vehement aus: Mit der grün schimmernden Haut des Jungen bewegt sich Weisgerber weg vom Naturalismus. Laut Mark R. Hesslinger, dem Kustos der Kunststiftung, diente es dem „Brücke“-Künstler Erich Heckel als Inspiration für dessen Bildnis vom schlafenden Max Pechstein, ebenfalls Mitglied der Künstlervereinigung. „Heckel und Weisgerber kannten sich.“ Einige der Werke Weisgerbers, der einmal, so Hesslinger, „der süddeutsche Beckmann“ genannt worden ist, wurden von den Nationalsozialisten aus Ausstellungen entfernt.

Der in St. Ingbert geborene Weisgerber hatte an der Münchner Akademie der bildenden Künste bei Franz von Stuck studiert. Er war erster Präsident der Neuen Münchner Secession und Illustrator der Zeitschrift „Jugend“, die das Gesicht des Jugendstils mitprägte; auch davon sind einige Beispiele zu sehen.

Auf Weisgerber als Ausstellungsthema aufmerksam geworden war Hesslinger durch die Hohenkarpfen-Schau „Südwestdeutsche Maler in Paris“. Bei dieser wurden im Jahr 2000 sieben seiner Werke gezeigt. „Drei davon stammten von der Albert-Weisgerber-Stiftung St. Ingbert“, erläutert Hesslinger. „Jetzt hatten wir Gelegenheit, 33 seiner Werke auszuleihen.“ Weitere Leihgeber sind unter anderem das Saarlandmuseum in Saarbrücken und private Sammler. Die Ausstellung ergänzen einige Werke von Zeitgenossen und Malerfreunden Weisgerbers, so ein paar hervorragende Landschaftsbilder von William Straube und Hans Purrmann.

Auch das Ende des Ersten Weltkriegs vor hundert Jahren war für den Kustos ein gebührender Anlass, einen Maler zu würdigen, dessen Karriere wie die von Franz Marc oder August Macke jäh auf dem Schlachtfeld gestoppt wurde.