Wirtshausschlägerei

Besuch im Wirtshaus wird teuer

Spaichingen / Lesedauer: 3 min

Spaichinger Amtsgericht verhängt nach Schlägerei 1750 Euro Geldstrafe
Veröffentlicht:27.12.2017, 16:11

Artikel teilen:

Am dritten Verhandlungstag um eine Wirtshausschlägerei im Juli 2016 ist am Mittwoch das Urteil gesprochen worden: Richterin Beate Philipp schloss sich dem Plädoyer von Staatsanwältin Isabel Gurski-Zepf an und verdonnerte einen 30-Jährigen zu 50 Tagessätzen à 35 Euro. Und gab dem seit längerem arbeitslosen Mann mit, er könne das auch in Raten zahlen oder abarbeiten.

Die Tat war am 27. Juli in einer Kneipe auf dem Heuberg passiert (wir berichteten): Damals kam es zu einer Schlägerei, bei der der Angeklagte am Boden landete und von mehreren Personen geschlagen wurde. Der Wirt und sein Bruder hatten daraufhin die Schläger zur Tür hinaus komplimentiert und ihnen Hausverbot erteilt, und waren dann ihrerseits körperlich aktiv geworden – denn der Angeklagte und seine Freunde weigerten sich, das Gelände zu verlassen.

Dass es zuvor auch zu Rempeleien seitens der Wirtsleute gekommen war, hielt die Richterin für nachvollziehbar. Einer der Schläger hätte sogar einen Barhocker in der Hand gehabt, und da stehe es dem Wirt zu, sein Hausrecht zu verteidigen. Vor der Tür hätten der Angeklagte und sein Freund weitergemacht, weil sie nicht einsehen wollten, warum sie gehen sollten. „Aber es ging ja darum, eine größere Auseinandersetzung zu verhindern“, begründete Philipp ihr Urteil. Der Angeklagte habe das Hausverbot einfach nicht akzeptieren wollen, habe den Wirt und seinen Bruder beleidigt.

Auch dass dieser das Geschehen mit dem Handy gefilmt habe, sei in Ordnung. Doch deshalb sei der Angeklagte völlig ausgetickt. Er schlug offenbar dem Bruder des Wirts das Handy aus der Hand, und als dieser es aufhob und weiter filmte, habe er ihn zu Boden geschlagen. Der Sohn des Wirts habe als Zeuge das Geschehen deutlich geschildert, so Philipp, das sei die erhellendste Aussage im ganzen Prozess gewesen. Aber auch die anderen Mitglieder der Wirtsfamilie hätten stimmige Aussagen gemacht und dabei auch nicht versucht, jemanden zu beschuldigen, so Philipp.

Zur Neuauflage des Prozesses war es gekommen, da der 30-Jährige – im Gegensatz zu den Mitangeklagten – die Geldstrafe aus dem ersten Verfahren nicht akzeptieren wollte und Einspruch einlegte. Und dann mit einer völlig neuen Version des Geschehens um die Ecke kam, in der er sich als Opfer darstellte. Zu Verzögerungen kam es unter anderem, weil Zeugen nicht auftauchten (wir haben berichtet).

Letzte Zeugin sagt aus

Am Mittwoch kam als letzte von insgesamt 14 Zeugen die Frau eines Freundes des Angeklagten zu Wort, für die eigens ein polnischer Dolmetscher angefordert werden musste. Viel Neues brachte ihre Aussage jedoch nicht zu Tage – allerdings betonte auch sie, dass der Wirt und sein Bruder die Gäste teilweise zur Tür hinaus geschoben und geschubst hätten.

Steffen Graf, der Verteidiger des 30-Jährigen, plädierte am Mittwoch auf Freispruch: Für ihn war die Tat eine fahrlässige, sein Mandant hätte nicht die Absicht gehabt, den Wirt und seinen Bruder zu verletzen oder dessen Handy runter zu schmeißen. Er habe erhebliche Bedenken am Vorwurf der vorsätzlichen Körperverletzung, und das Handy sei eben im Gerangel durch die Luft geflogen – also sei das als fahrlässige Sachbeschädigung einzuschätzen. Graf bezweifelte, dass das Filmen mit dem Handy rechtmäßig gewesen sei, und sein Mandant habe den Bruder des Wirts mit einer „einmaligen Abwehrbewegung“ getroffen. Er betonte, dass der 30-Jährige kein Einkommen habe.

Richterin Philipp jedoch ließ das nicht gelten. „Für mich ist es nicht nachvollziehbar, warum er seit Jahren nicht arbeitet!“ Der 30-Jährige könnte durchaus Geld verdienen, wenn auch nicht in seinem Traumjob. Nun muss der Mann also zahlen, seine Strafe abarbeiten oder erneut in Berufung gehen, denn das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Dann allerdings könnte es richtig teuer für ihn werden: Denn schon jetzt muss er die Kosten des Verfahrens tragen.