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Erinnerungskultur

Reise vergegenwärtigt Europas Erinnerungskultur

Primtal / Lesedauer: 3 min

Aktive der Gedenkstätten Eckerwald und Spaichingen haben sich an Exkursion beteiligt
Veröffentlicht:14.10.2019, 11:52

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Kulturerbe und Erinnerungskultur in Europa - diesem hochaktuellen Thema stellten sich Aktive an 15 Gedenkstätten in Frankreich und Baden-Württemberg im ehemaligen KZ-Komplex Natzweiler, die 2018 mit dem Europäischen Kulturerbe-Siegel ausgezeichnet worden sind (darunter die KZ-Gedenkstätten aus der Region Bisingen und Eckerwald aus dem Ölschiefer-Komplex mit dem Tarnnamen „Wüste“; Spaichingen und Mössingen, Neckarelz , Vaihingen und andere) .

„Eine der wirksamsten Möglichkeiten, der Zukunft eines vereinten Europas einen Weg zu bahnen, besteht darin, unsere Vergangenheit miteinander zu teilen“, mahnte der ehemalige Häftling des KZ Buchenwald und spanische Schriftsteller Jorge Semprun. Auf den Weg in die gemeinsame Vergangenheit machten sich die Teilnehmer des VGKN e.V. mit der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg unter der Leitung von Sibylle Thelen auf zu Gedenkstätten und Einrichtungen mit dem Europäischen Kulturerbe-Siegel in die Beneluxländer: Luxemburg (Schengen), Belgien (Brüssel / Haus der Europäischen Geschichte ) und in die Niederlande ( Vught National Monument Camp und das Memorial Center Camp Westerbork).

Vor Ort traten die Exkursionsteilnehmer in den Austausch mit Ausstellungskuratoren, Museumsdirektorinnen, Museumspädagogen und Führern durch die KZ-Gedenkstätten. Im Haus der Europäischen Geschichte erfuhren sie, wie der Prozess der gemeinsamen Europäischen Geschichte aufgearbeitet und museal dargestellt wird. In Schengen wurde die Geschichte der Vertragsunterzeichnungen zu einem grenzüberschreitenden Vereinten Europa gegenwärtig, während die Stadtführung in Brüssel sich schwerpunktmäßig auf Stadtplanung durch das Europaviertel und die Stellung der Juden im liberalen Belgien einließ. Ein Empfang der Deutschen Botschaft zum Tag der deutschen Einheit am 3. Oktober ließ auch dieses Datum Revue passieren.

Sicher den tieferen Eindruck hinterließen die beiden KZ-Camps Vught / Herzogenbusch und Westerbork, beides von den Nationalsozialisten eingerichtete Vernichtungs-KZ’ in den besetzten Niederlanden. In beiden Lagern kamen die Inhaftierten zu Tode: In Vught erinnert ein Mahnmal an die am 5. Juni 1944 von den Nazis in das Vernichtungslager Sobibor deportierten 1290 jüdischen Kinder.

Das größte Durchgangslager vor allem für jüdische Flüchtlinge aus dem damaligen Deutschland und Österreich, aber auch Widerstandskämpfer und Sinti und Roma erinnert an die Deportationszüge zwischen 1942 und 1944 in Richtung Osten: Bergen-Belsen, Theresienstadt , Sobibor und Auschwitz. Beeindruckend für die Teilnehmer war das Mahnmal mit den 102 000 Steinen für jedes Opfer auf dem ehemaligen Appellplatz des großen Lagers.

Auch die Rekonstruktion des Lagers mit wenigen Objekten, zum Beispiel einem Zugwaggon auf der Gleisrampe aus den Jahren 1942, machte die Besucher betroffen. Im dazugehörigen Museum wurde die Geschichte der Menschen dargestellt, ganz individuelle Lebensgeschichten bis zur ihrer Ermordung, zum Beispiel die bekannte von Anne Frank.

Das Wissen um die Geschichte der großen Verbrechen gegen die Menschlichkeit ist die eine Seite, die erfahrbare Betroffenheit um die persönlichen Schicksale die andere Seite, beides vereint in einer Kultur der Erinnerung, setzt „in Zeiten von Re-Nationalisierung, von einem ungebrochenen ,wir zuerst’“ – wie die Einladung zur Exkursion festhält – „einen Gegenstandpunkt für Demokratie, ein starkes Europa und die Menschenrechte!“