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Tierkeks

Biberachs Kinderärzte kommen in die Jahre

Biberach / Lesedauer: 3 min

Biberachs Kinderärzte kommen in die Jahre
Veröffentlicht:03.05.2013, 19:25

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Nach der Untersuchung bekommt die fünfjährige Pauline Bleicher ihren verdienten Keks. Den gibt es bei der Kinder- und Jugendärztin Dr. Adelheid Olischläger für jeden kleinen und großen Patienten. „Die wissen, dass es bei mir Tierkekse gibt, und wenn ich das mal vergesse, fordern die Kinder ihren Keks ein“, sagt die 72-Jährige. Adelheid Olischläger ist seit 37 Jahren eine von fünf Kinderärzten in Biberach. Ans Aufhören will sie noch nicht denken: „Erst dann, wenn ich einen geeigneten Nachfolger gefunden habe.“

Das sei momentan gar nicht so einfach: „Die jungen Kollegen scheuen sich davor, sich irgendwo niederzulassen“, sagt die Biberacher Ärztin. „Viele Kollegen jammern und klagen und verunsichern so die potenziellen jungen Nachfolger. Auch die Politik trägt ihren Teil dazu bei.“

Ähnlich sieht das Dr. Christopher Neuhaus aus Laupheim, Arzt für Kinderheilkunde und Jugendmedizin: „Viele streben eben nicht mehr eine selbstständige Niederlassung an, sondern eine Mitarbeit an einem medizinischen Versorgungszentrum“, sagt der Sprecher des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte im Landkreis Biberach. „Als angestellter Arzt hat man alle Vorzüge des Angestelltendaseins.“ Geregelte Arbeitszeiten seien dabei ein wichtiger Faktor.

Dass aber Kinderärzte in einem Landkreis wie Biberach Zukunft haben, davon ist der 60-Jährige überzeugt: „Ich gehe mal davon aus, dass sich jeder Arzt aktiv um seine Nachfolge kümmert, schließlich will keiner seine langjährigen Patienten im Stich lassen.“ Dr. Neuhaus selbst kümmert sich bereits um einen möglichen Nachfolger, der mit ihm in der Praxis arbeitet. Die Patienten könnten sich so ganz langsam an einen neuen Arzt gewöhnen.

Was natürlich kein Geheimnis ist: Die Ärzte für Kinderheilkunde und Jugendmedizin im Kreis Biberach sind überaltert. Der Altersdurchschnitt liegt bei etwa 50 Jahren. Ob sich das in den kommenden zehn Jahren zu einem Problem entwickeln könnte, will Neuhaus nicht prognostizieren. Er denkt jedenfalls noch nicht ans Aufhören: „Ich übe meinen Beruf sehr gerne aus“. Wer Olischläger kennt, weiß, dass auch sie ihrer Arbeit aus Leidenschaft nachgeht: „Ich könnte mir niemals vorstellen, dass ein anderer Beruf mich glücklicher machen könnte.“ Das Alter spiele dabei keine Rolle: „Ich mache das, solange ich kann.“ Sechs Wochen im Jahr arbeitet sie als Ärztin in Nairobi, das macht sie seit 15 Jahren.

Vier Tage in der Woche, jeweils mindestens zehn Stunden, ist sie in ihrer Praxis am Alten Postplatz anzutreffen, an den Wochenenden ist die Biberacherin viel auf Fortbildungen. Sie hat Patienten von 0 bis 18 Jahren, und manchmal auch ein bisschen drüber hinaus: „Manche wollen sich dann keinen anderen Hausarzt suchen, weil ich sie schon so lange begleite.“

Natürlich gebe es auch in ihrem Beruf weniger schöne Seiten, die die Grenze des Medizinischen überschreiten: „Wenn Kinder sterben, eine schwere Krankheit oder Behinderung haben, dann begleite ich die Familien und unterstütze, wo ich nur kann“, sagt die 72-Jährige. „Natürlich ist das oft nicht einfach, aber das ist nun mal der Lauf der Dinge, auf den wir keinen Einfluss haben.“

„Der Landkreis Biberach ist, was die Ärzte für Kinder- und Jugendheilkunde betrifft, nicht unterversorgt“, sagt Christopher Neuhaus, Sprecher des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte. „Aber natürlich besteht auch keine Überversorgung, das ist sicher.“ Laut einem Berechnungsschlüssel der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) sind keine weiteren Niederlassungen von Kinder- und Jugendärzten vorgesehen. Momentan gibt es im Landkreis neun Hausärzte mit dem Fachgebiet Kinderheilkunde: Fünf in Biberach, drei in Laupheim und einer in Ochsenhausen. Laut dem Biberacher Landratsamt leben im Kreis 36331 Kinder und Jugendliche im Alter von 0 bis 18 Jahren (Stand: 31.12.2012).