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Massenschlägerei

Massenschlägerei auf dem Fußballfeld: Gerichtsverfahren eingestellt

Egesheim / Lesedauer: 3 min

Partie SV Egesheim–Türkgücü Tuttlingen endete 2020 mit Spielabbruch – Tritt mit Stollenschuh
Veröffentlicht:11.11.2022, 05:00

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Das Skandalspiel zwischen dem SV Egesheim und Türkgücü Tuttlingen im März 2020 hat jetzt zu einem Nachspiel vor dem Amtsgericht Tuttlingen geführt. Vor Richterin Larissa Terlecki stand einer der Tuttlinger Spieler, angeklagt wegen gefährlicher Körperverletzung – er hatte seinerzeit im Tumult einem Kontrahenten in den Bauch getreten. Die Richterin stellte das Verfahren jedoch aufgrund verschiedener Umstände ein.

Das Spiel in der Kreisliga B im Frühjahr von zwei Jahren steht 2:1, als es zu Rudelbildungen und körperlichen Auseinandersetzungen kommt, die den Schiedsrichter veranlassen, die Partie abzubrechen. Mehr noch: Die Polizei wird gerufen, Krankenwagen fahren vor, nur mühsam lassen die Streithähne voneinander ab. Ein paar landen im Krankenhaus, darunter der Gegner des jungen Türkgücü-Kickers, der nun auf der Angeklagten-Bank sitzt.

Verteidiger und Richterin sind sich einig

Schon vor der Verhandlung sprechen Verteidiger und Richterin über das Verfahren und sind sich einig: Einstellung . Über die Gründe ist man sich ebenso einig: Zum einen liegen zwischen Tat und Verhandlung mehr als zweieinhalb Jahre, zum anderen sieht man das Delikt, also den Tritt mit dem Stollenschuh, juristisch an der Grenze der angeklagten „gefährlichen“ Körperverletzung.

Zudem hat der getretene Gegner keine Verletzung davon getragen, und viertens ist der Angeklagte unbescholten, hat einen Job in Tuttlingen und ist nicht weiter auffällig. Vor Gericht zeigt er sich kooperativ. Die lange Spanne zwischen Tat und Prozess erklärt sich unter anderem mit der Pandemie, aber auch durch konkurrierende Termine des Verteidigers, der in anderen umfangreichen Fällen eingebunden ist.

Tuttlinger Tafelladen bekommt 500 Euro

Die Verhandlung selbst ist schnell über die Bühne, die vier geladenen Zeugen, darunter einer der damals eingesetzten Polizeibeamten, werden gar nicht erst angehört und nach Hause geschickt. Die Staatsanwältin ist einverstanden, als Richterin Terlecki den Vorschlag macht, das Verfahren wegen geringer Schuld einzustellen – gegen Zahlung von 500 Euro an den Tuttlinger Tafelladen. Der Verteidiger stimmt froh zu: „Selten wurde mir der Wind so aus den Segeln genommen!“ und verzichtet auf ein weitergehendes Plädoyer.

Das Skandalspiel in Egesheim hatte seinerzeit auch sportgerichtliche Folgen. Das Sportgericht des Bezirks Schwarzwald des Württembergischen Fußballverbands (WFV) bestrafte beide beteiligten Vereine gleichermaßen mit einer Geldbuße in Höhe von 400 Euro sowie drei Verlustpunkten. Das Spiel wurde für die Mannschaft aus Tuttlingen als mit 0:3 verloren gewertet.

Das Gericht gab beiden Teams Schuld am Abbruch der Partie – aus Reihen der Gastgeber soll im Spiel provoziert worden sein, seitens der Gäste erfolgten Überreaktionen . Dabei stützte sich das Gericht unter anderem auch auf Smartphone-Videos vom Vorfall, die beide Vereine zur Verfügung gestellt hatten.

Vereine waren auf Bewährung

Zu den Vereinsstrafen kamen noch einzelne Sperren für die an der Massenschlägerei beteiligten Spieler dazu. Außerdem wurden beide Vereine unter Beobachtung durch den Verband gestellt, quasi unter Bewährung; zusätzlich wurden die beteiligten Akteure zur Teilnahme an einem Gewaltpräventions-Seminar verdonnert. Ob es im Nachgang auch noch weitere Prozesse vor Amtsgerichten der Region wie dem aktuellen in Tuttlingen gegeben hat, ist nicht bekannt.

Im Rückblick hat die Gewalteskalation von Egesheim kaum wirkliche Folgen gezeitigt. Die Teilnahme der Türkgücü-Spieler am Seminar zur Gewaltvermeidung wurde nur als spärlich beschrieben, das Verfahren am Amtsgericht endete nun mit einer Einstellung, und bereits wenige Monate nach dem Skandalspiel hatte WFV-Präsident Matthias Schöck sämtliche Spielsperren von betroffenen Spielern mit einer „ Gnadenentscheidung “ aufgehoben.