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Raubtier

Füchse im Dorf: Bitte nicht streicheln!

Emmingen-Liptingen / Lesedauer: 5 min

In Emmingen-Liptingen werden die Tiere immer wieder gesichtet – Berthold Laufer vom Veterinäramt klärt auf
Veröffentlicht:13.07.2016, 10:16

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Ein Fuchs im eigenen Garten oder auf der Straße – das kommt in Emmingen-Liptingen schon mal vor. „Man wird von der Bevölkerung immer wieder darauf angesprochen“, sagt Gemeinderat Thomas Renner. Daher hat er bei der jüngsten Gemeinderatssitzung den Vorschlag eines „Runden Tisches“ gemacht.

An diesem könnte beratschlagt werden, wie man mit den Füchsen im Ort am besten umgeht. Mit am Tisch sitzen sollen ein Jäger und Vertreter des Landratsamts. Über die Idee soll im Herbst nochmals beraten werden. Redakteurin Cordula Sailer hat mit Dr. Berthold Laufer , dem stellvertretenden Leiter des Tuttlinger Veterinäramts, über die „Gemeinde-Füchse“ gesprochen.

Herr Dr. Laufer, warum kommen die Füchse in bewohntes Gebiet?

Die Füchse leben dort schon lange. Dieses Phänomen der „Stadt-Füchse“ kennt man hier etwa seit der Jahrtausendwende. Sie ziehen nicht vom Wald um, sondern vermehren sich in den Ortschaften. Was die Tiere begünstigt, sind Nahrung und Unterschlupfmöglichkeiten.

Wo wohnen die Tiere denn in den Ortschaften?

Sie kommen zum Beispiel in alten Schuppen unter, die niemand mehr nutzt. Füchse brauchen als Bau kein aufwändiges Gangsystem wie der Dachs. Da reicht auch ein Heuballenlager: Unterschlupf finden die Füchse hier in den Hohlräumen zwischen den Ballen. Aber auch unter Fertiggaragen siedeln sich die Tiere gern an. Die Garagen haben meist Streifenfundamente, und die Zwischenräume können auch als Bau genutzt werden.

Und wovon ernähren sich die Füchse in Wohnsiedlungen?

Auf freiem Feld sind Mäuse die bevorzugte Fuchsbeute. Gibt es wenig Mäuse, so vermehren sich die Füchse nicht so stark. Im Siedlungsbereich gibt es dagegen ein konstantes Angebot an Abfällen: liegengebliebene Pausebrote auf dem Schulhof, offene Komposte oder Mülltonnen. Manche Füchse räumen sogar offene Abfalleimer aus und durchsuchen den Müll nach Essbarem. Außerdem bekommen Hunde und Katzen heute sehr gutes Futter. Steht der Napf draußen hinterm Haus, stellt sich die Frage, wer ihn tatsächlich leert.

Man sollte Haustiere also besser im Haus füttern?

Genau, das ist besser. Manche Leute denken auch, sie müssten einem Fuchs helfen und stellen bewusst Futter vor die Tür. Es gibt also Nahrungsquellen in den Gemeinden, die es in freier Landschaft nicht gibt. Dazu kommt, dass dem Fuchs heute nichts mehr passiert. Als sich viele Leute noch Hühner gehalten haben, hat das schnell für Ärger gesorgt, wenn ein Fuchs im Garten gewildert hat. Inzwischen stehen viele Menschen dem Tier meist neutral gegenüber.

Darf man die Füchse in den Ortschaften denn fangen?

Theoretisch darf man das mit Lebendfangfallen. Das muss aber jemand machen, der fallensachkundig ist. Außerdem muss das Einfangen vom Kreisjagdamt genehmigt sein und auch die Falle muss von der Behörde abgenommen werden. Aber das Fangen eines Fuchses ist nicht ganz einfach. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass stattdessen Nachbars Katze in der Falle sitzt. Ein Abschuss der Füchse in der Ortschaft ist nur in Ausnahmefällen gestattet. Auch dafür braucht man eine Genehmigung des Kreisjagdamtes. Beim Schießen im Siedlungsgebiet müssen viele Sicherheitsaspekte beachtet werden.

Können denn die Füchse dem Menschen gefährlich werden – auch im Hinblick auf Krankheiten?

Die Tollwut gibt es seit 1993 nicht mehr hier in der Gegend. Die Staupe wurde schon bei Füchsen nachgewiesen, zuletzt 2013. Sie befällt jedoch nur Füchse, Hunde und Marder – nicht aber den Menschen. Aber seit etwa einem Jahr tritt die Fuchsräude lokal gehäuft auf. Gesichtet wurden kranke Tiere im Bereich des Witthoh, in Emmingen und auf dem Tuttlinger Honberg. Die Fuchsräude ist eine Milbenerkrankung. Hunde können sich daran anstecken. Bei direktem Kontakt können die Milben sich auch beim Menschen einnisten und eine Scheinräude verursachen – unangenehm und behandlungsbedürftig, aber ungefährlich.

Woran erkennt man, dass ein Fuchs die Räude hat?

Das sind deutlich sichtbare Hautveränderungen wie etwa dicke Krusten – vergleichbar mit der Krätze beim Menschen. Außerdem gehen den Tieren die Haare aus. Sie magern ab und sterben schließlich an der Räude.

Und wie steht es mit dem Fuchsbandwurm – ist der hier in der Region verbreitet?

Das ist ein geringes Risiko für den Menschen, aber es ist da. Zirka 50 Prozent der Füchse auf der Schwäbischen Alb haben den Bandwurm. Eine Infektion ist über den Kot des Fuchses möglich. Im Menschen kann sich ein Zwischenstadium des Bandwurms bilden und zu einer Lebererkrankung führen. Seit 2001 gibt es eine anonyme Meldepflicht in Deutschland. Im Schnitt gab es in Baden-Württemberg in den letzten Jahren neun Neuerkrankungen bei Menschen im Jahr. Aber es gibt deutlich größere Gefährdungen. Zum Vergleich: Im Jahr 2014 gab es 465 Verkehrstote in Baden-Württemberg.

Was kann man tun, wenn man einen Fuchs im eigenen Garten hat?

Gegen Füchse hilft manchmal schon ein Gartenzaun. Aber zunächst sollte man sich fragen: Gibt es einen Grund, warum der Fuchs in meinem Garten ist? Generell sollte man Futter- und Unterschlupfmöglichkeiten reduzieren. Vielleicht steht das Katzenfutter draußen oder der Fuchs hat seinen Bau unter der Garage. Wenn die jungen Füchse ab August mobil sind, sollte man Baue verschließen. Dabei darf man ein letztes Loch zunächst nur mit lockerer Erde zuschütten. Wenn diese am nächsten Tag weggebuddelt ist, ist der Bau noch bewohnt.