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Am Fasnet-Freitag bleibt kein Gesicht sauber

Emmingen-Liptingen / Lesedauer: 3 min

Rußhexen jagen Eiersammler – Auch Alte Schachteln und Hexenmusik sind unterwegs
Veröffentlicht:01.03.2019, 21:31

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Singend ziehen die Eiersammler am Freitag durch Emmingen. Doch sie müssen auf der Hut sein: Die Rußhexen sind hinter ihnen her. Sie wollen die gesammelten Eier klauen. Aber es gibt eine Sache, die ihnen noch wichtiger ist.

„In Emmingen war am Freitag eigentlich tote Hose“, erklärt Andreas Albrecht . „Deshalb war für uns klar: Wir müssen am Freitag etwas machen.“ Albrecht ist einer der Gründungsmitglieder der Eiersammler. „Der Brauch ist aus einer Notsituation heraus entstanden.“ Und er hat Bestand: Im 29. Jahr ziehen die Männer los, um Eier zu sammeln. Auch zwei Frauen haben es in die Gruppe der Eiersammler geschafft: Ariane und Rafaela Schmitz. „Da freut man sich das ganze Jahr drauf“, sagt Ariane.

Ein dreifaches „Eier! Sammler!“ läutet den Startschuss ein. Ausgestattet mit Gitarren, Akkordeon, Ratschen, Tamburin, Trompete, Tröten und einer Nasenflöte ziehen die Eiersammler singend durch Emmingens Straßen. „Wir versuchen uns gegenseitig aus dem Weg zu gehen, denn die Rußhexen wollen uns die Eier klauen“, schildert Neshat Gashi die Spielregeln. Und er weiß: „Wenn sich unsere Wege kreuzen, dann geht es richtig ab.“

Deshalb lugt der jüngste Eiersammler vorsichtig ins Blumengeschäft „Pusteblume“, den ersten Halt der Gruppe. Er ruft: „Die Luft ist rein!“ Als die Gruppe die Türe öffnet stimmt sie ihr „Gockelmann“-Lied an. Die gastgebenden Frauen applaudieren. „Wenn wir Lieder singen, dann genießen die Leute das“, erklärt Gashi.

Neugierige wollen das Spektakel miterleben

Im hinteren Teil des Ladens stehen einige verkleidete Frauen. „Man weiß, dass die Gruppen durchs Dorf ziehen. Wir wollten das erleben“, schildert eine von ihnen. „Das ist das Highlight am Freitag“, findet sie. Plötzlich ruft jemand: „Die Rußhexen kommen!“

Dann ist es soweit. Alles geht ganz schnell. Schwarz gekleidete und mit alten Gardinen verschleierte Gestalten kommen auf den Laden zu. Die Schar von gut 20 Rußhexen kommt grölend angestürmt. Die Eiersammler verbarrikadieren sich. Doch der Widerstand ist zwecklos. Kein Gesicht bleibt sauber. Mit dem typischen Hexenlachen werden die Finger erst in den Rußtopf gesteckt und dann genüsslich an den Backen der Eiersammler abgewischt.

Die Rußhexen seien in Emmingen ein alter Brauch gewesen. Schon vor der Gründung des Narrenvereins hätten sich die jungen Männer Strümpfe über den Kopf gezogen und die Frauen eingerußt, erklärt Annette Schmitz. „Die alte Tradition haben wir 2001 wieder ins Leben gerufen“, sagt Rußhexe Barbara Schaz . Kollegin Schmitz ergänzt: „Aber im Gegensatz zu früher sind wir Rußhexen heute ausschließlich Frauen.“ Während die Hexen bei Passanten und den 2012 gegründeten Alten Schachteln noch gnädig sind und die Gesichter nur leicht einrußen, werden sie bei den Eiersammlern schon mal radikaler. „Wir verschaffen uns Zugang, auch wenn sie sich einsperren. Da sind wir kreativ“, berichtet Schaz.

Nach 19 Jahren geben die älteren Rußhexen den Topf nun an die jüngere Generation weiter. „Im Moment sind wir 28 Rußhexen, das ist zu viel“, sagt Schaz. Gut 14 von ihnen hören auf. Im nächsten Jahr werden sie am Fasnet-Freitag aber dennoch unterwegs sein: „Wir lassen uns was einfallen.“ Denn: Zusammen mit der Gruppe die Männer zu ärgern, mache den Reiz der Rußhexen aus, verraten einige von ihnen.

Den Abschluss findet der Abend dann bei Helmut Weber im Automuseum. Dort tanzen und singen alle zusammen – Eiersammler, Rußhexen, Alte Schachteln und Hexenmusik. „Besonders toll ist das gesellige, unkomplizierte Miteinander“, findet Albrecht. Gashi fasst den Fasnet-Freitag zusammen: „Das ist einfach immer ein lustiges Beieinander.“