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Fastnacht

Bis in die Seele der schwäbisch-alemannischen Fastnacht

Bad Dürrheim / Lesedauer: 3 min

Professor Werner Mezger und Fotograf Ralf Siegele legen ein neues Standard-Werk vor
Veröffentlicht:30.01.2015, 14:01

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Professor Werner Mezger gilt als höchste Instanz rund um Fasnet , Fasching und Karneval. Am Mittwochabend hat er im vollbesetzten Bad Dürrheimer Narrenschopf sein fünftes, gerade frisch aus der Druckerei geliefertes Buch zum Thema schwäbisch-alemannische Fastnacht vorgestellt. Es umfasst 288 Seiten mit 250 Abbildungen beziehungsweise Fotos und ist zwei Kilogramm schwer. Und es ist auch bedeutungsschwer.

Am 12. Dezember vergangenen Jahres ging das Werk in Druck – an exakt jenem Tag, als die Unesco die Schwäbisch-Alemannische Fastnacht zum Weltkulturerbe adelte. Das machte sich auch der Theiss-Verlag zunutze und versah die Buchhülle prompt mit einem entsprechenden Aufkleber.

Mezger, bekannt für höhere Ansprüche, zeigt sich gleichermaßen zufrieden wie selbstbewusst: „Das Buch ist schöner, besser und größer geworden, als wir es uns vorgestellt haben. Es ist das bisher schönste aus meiner Feder.“ Aber kann man nach all den Forschungen, die der 63-jährige Volkskunde-Professor an der Universität Freiburg in 20 europäischen Ländern betrieben hat, noch Neues erwarten?

Ja, zumindest teilweise. Der Autor gibt einen umfassenden Überblick von A wie Aschermittwoch bis Z wie Zunftmeister, er geht zurück bis auf den römischen Kalender, leuchtet so gut wie alle Einzelheiten der Materie aus – doch er wartet auch mit bisher nicht bekannten Aspekten auf.

Die Abgründe hinter den Masken

Zum Beispiel weist er anhand eines Gemäldes aus der Münchner Frauenkirche nach, dass die in der Fasnet weit verbreitete Glattlarve bereits auf das Jahr 1500 zurückzuführen ist und nicht erst auf 1650, wie bisher gedacht. Vor allem aber, dass dieser Larventyp keineswegs im Schwäbisch-Alemannischen entstand, sondern aus Italien nach Süddeutschland kam.

Das Werk ist ein 288-seitiger Monolog Mezgers. Narren kommen nicht zu Wort. Trotzdem lässt der Autor in ihre Seelen blicken. Er schreckt auch nicht vor unangenehmen Wahrheiten zurück und macht deutlich, „dass sich hinter den schönen Masken Abgründe auftun“. Weiter heißt es in dieser Textpassage: „Ihre vermeintliche Harmlosigkeit und ihr rätselhaftes Lächeln dienen offenbar nur dazu, die Menschen zu täuschen und sie zu verführen, während sich dahinter die Fratze des Bösen versteckt.“

So informativ, tiefschürfend und trotzdem leicht lesbar der Text ist – das Buch mit dem Untertitel „Kulturerbe und lebendige Tradition“ lebt zu einem wesentlichen Teil von den teilweise faszinierenden Fotos, die alle vom gleichen Fotografen sind: Ralf Siegele. Der 50-Jährige stammt zwar aus Karlsruhe, wo er eine Werbeagentur betreibt, aber er hat seit über 20 Jahren einen besonderen Bezug zur schwäbisch-alemannischen Fastnacht: Seine Frau stammt aus Hausach.

Die Fotos sind zum großen Teil in den vergangenen drei bis fünf Jahren entstanden. Auch Siegele hat einen Blick für die Seele der Fastnacht. Er beschränkt sich bei diesem Thema längst nicht mehr nur auf den Südwesten, er hat das Brauchtum auch schon in Ländern wie Österreich, Spanien oder Italien erkundet und abgelichtet.

Mezgers bisherige vier Bücher zur Fasnet sind nicht mehr lieferbar. Über das jetzt erschienene sagt er: „Ich denke, das ist eine Standardwerk für die nächsten zehn Jahre.“

„Schwäbische-Alemannische Fastnacht. Kulturerbe und lebendige Tradition“. Werner Mezger und Ralf Siegele (Fotos). Konrad-Theiss-Verlag, 288 Seiten. Preis 49,95 Euro. Ab sofort in den Buchhandlungen erhältlich.