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Sterbebegleitung

„Wir machen Lebens-, keine Sterbebegleitung“

Sigmaringen / Lesedauer: 3 min

Die ambulante Kinder- und Jugendhospizgruppe der Malteser gibt es seit fünf Jahren – Der Bedarf ist groß, Ehrenamtliche sind gesucht
Veröffentlicht:14.12.2018, 16:48

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Kraft geben in familiären Ausnahmesituationen: Seit fünf Jahren gibt es beim Malteser Hilfsdienst eine ambulante Kinder- und Jugendhospizgruppe, für die sich derzeit zwölf Ehrenamtliche engagieren und die auf Spenden basiert. Mit einem kleinen Festakt wurde die Gründung der Gruppe vom 11. Dezember 2013 am Freitag gefeiert. Mit dabei: „Gründungsvater“ Harry Zoll und Koordinatorin Dagmar Herold, Ehrenamtliche, aber auch Unterstüzer, Netzwerkpartner und Familien, die von der Hospizgruppe betreut werden.

„Ich war in Ravensburg 2012 auf einer ähnlichen Veranstaltung, da wurde mir erst bewusst, wie groß der Bedarf für eine solche Gruppe ist“, sagt Harry Zoll, mittlerweile im Ruhestand. Ein Jahr lang hat es gedauert, bis die Gründung einer eigenen Gruppe in Sigmaringen gelang. Schätzungen zufolge sind in einem Landkreis mit der Größe des Kreises Sigmaringen durchschnittlich 20 Kinder sterbenskrank, sagt Harry Zoll. Doch auch Familien mit schwerstkranken oder sterbenden Elternteilen fallen unter die Zuständigkeit der Kinder- und Jugendhospizgruppe.

Die Beweggründe der Ehrenamtlichen, zu helfen, sind unterschiedlich: „Ich habe vor 20 Jahren meinen Mann verloren, da war mein jüngster Sohn gerade neun“, sagt eine Begleiterin. „Ich wäre froh gewesen, wenn es so ein Angebot damals schon gegeben hätte.“ Ähnliches berichtet Yvonne Boos-Landeck, die ihren zweieinhalbjährigen, mehrfachbehinderten Sohn verlor. „Ich hatte keine Hilfe. Und ich habe mir geschworen, anderen Betroffenen in so einer Situation zu helfen, damit es denen nicht so schlecht geht, wie mir.“ Jeder Ehrenamtliche betreut eine Familie – in schweren Krankheitszeiten, nach dem Tod und darüberhinaus. Oftmals stehen alltägliche Dinge im Fokus, Behördengänge oder Hilfe mit Geschwisterkindern, die in solchen Krisenzeiten oft zurückstecken müssen. So war es auch bei Familie Allmosallakh aus Ostrach. Das Ehepaar verlor 2015 seine dreijährige herzkranke Tochter, kam frisch von Syrien nach Deutschland. Einmal die Woche kam Carolin Krumm. „Sie sind mir sehr ans Herz gewachsen“, sagt die Ehrenamtliche, die heute noch regen Kontakt zu der vierköpfigen Familie pflegt. „Man bekommt sehr viel zurück und es erfüllt einen.“

Der Dienst sei wenig bekannt, sagt Dagmar Herold. Erschwerend komme hinzu, dass es in Sigmaringen kein Kinderkrankenhaus gebe. Aber die Gruppe arbeite eng mit dem Palliativnetzwerk zusammen. Der Bedarf sei groß. Die Gruppe sucht nach weiteren Ehrenamtlichen, die sich ausbilden lassen möchten. „Wir machen Lebens-, keine Sterbebegleitung“, sagt Herold. Seit einem Jahr gibt es auch eine Trauergruppe für Kinder und Jugendliche zwischen sieben und zwölf Jahren, mit deren Hilfe Kinder nach einem familiären Verlust neuen Mut fassen sollen. „Nächstes Jahr wollen wir eine Trauergruppe für Jugendliche etablieren“, sagt Dagmar Herold. „Es ist wichtig, dass junge Menschen, die ein Elternteil durch Unfall, Krankheit oder Suizid verloren haben, gemeinsam trauern können.“