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Flurbereinigungsverfahren

Stadt übernimmt in Jungnau 16 Flächen

Sigmaringen / Lesedauer: 3 min

Kosten der Flurbereinigung belaufen sich auf 86 000 Euro – Anlagen an Stadt übergeben
Veröffentlicht:11.07.2018, 18:49

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Nach fast 20 Jahren Flurbereinigungsverfahren Sigmaringen-Jungnau haben Vertreter der beteiligten Behörden und der Teilnehmergemeinschaft ein Übergabeprotokoll unterzeichnet, mit dem formell die Anlagen der Landschaftspflege und des Naturschutzes zur weiteren Pflege- und Unterhaltungspflicht an die Stadt Sigmaringen übergeben wurden.

Bei der Flurneuordnung haben neben der Neugestaltung des Wege- und Gewässerverlaufs und des Grundstücksbestands auch die Landschaftspflege und der Naturschutz höchste Priorität. Die Landschaften werden mit neu geschaffenen Naturflächen erheblich aufgewertet, die bestehenden Gebiete so gestaltet, dass sie den größtmöglichen Nutzen für die Allgemeinheit bringen. Die Bereinigung oder Neuordnung der Flurstücke erfolgt so, dass nach Lage, Form und Größe möglichst einheitlicher Grundbesitz entsteht.

„Natürlich war im Vorfeld dieses Verfahrens viel Aufklärungsarbeit zu leisten, Gedanken an Grundstücksenteignung geisterten herum“, blickt Anton Fetscher, Ortsvorsteher von Jungnau , zurück. Im Laufe der Jahre haben sich die Gemüter beruhigt, und aus Bedenken wurde Zustimmung. „Am Ende hat jeder einen Vorteil, nur nicht jeder den gleich großen“, so Fetscher.

Projektleiterin Olga Gotzmann vom Landratsamt Ravensburg und Landespfleger Dirk Wortmann vom Landratsamt Reutlingen präsentierten Zahlen und Fakten und erfolgte Maßnahmen. Das Regelverfahren umfasste eine Gesamtfläche von 1366 Hektar. Der finanzielle Umfang lag bei insgesamt 86 000 Euro, der vom Land mit 73 000 Euro bezuschusst wurde. Ein Wege- und Gewässerplan wurde erstellt und die Aufstellung des Flurbereinigungsplans abgeschlossen. Es erfolgten Ausgleichsmaßnahmen auf etwa acht Hektar Fläche, die nun an die künftigen Eigentümer übergeben werden. 16 Flächen übernimmt die Stadt Sigmaringen, drei das Land Baden-Württemberg und zwei Flächen gehen an Privatpersonen.

Wortmann verwies auf die vielfältige Landschaft Jungnaus, das Tal der Lauchert mit seiner breiten Flussaue, die Anhöhen mit großflächigen Wäldern, die artenreichen Trocken- und Kalkmagerrasen oder die offenen Weißjura-Felsköpfe. Zu letzteren merkte er an, „dass die Freistellung der bewaldeten Felsköpfe am Hang besonders teuer und auch gefährlich war“. Weitere Maßnahmen waren die Pflanzung von Baumgruppen, die Offenhaltung artenreicher Trocken- und Magerrasen, die Pflege von Feldhecken und -gehölzen und die Schaffung von Extensivgrünland. Zur Stärkung der Erholungsinfrastruktur wurden zehn Sitzbänke und eine Sitzgruppe sowie die Hummelbühl-Hütte mit Park- und Spielplatz errichtet.

Seltener Tagfalter flattert im Jungnauer Gewann

„Als Nebeneffekt sind an den Wegen Sekundärbiotope entstanden, die nicht gleich weg gemäht werden müssen“, bemerkte der Landespfleger in Richtung der zukünftigen Eigentümer. Hier verwies Anton Fetscher auf den Spagat zwischen Ökologie und Landwirtschaft. „Da haben wir auch mit Interessenskonflikten zu kämpfen. Der Landwirt muss die Wege schon mit seiner Technik befahren können.“

Einen Bärenanteil an der Erstellung und Planung der ökologisch wertvollen Flächen hat die Teilnehmergemeinschaft, die sich zu Beginn des Verfahrens im Jahr 2000 gründete. Ihren Vorsitz hat seitdem Sybille Hofelich. „Wichtig war uns, das typische Landschaftsbild zu erhalten, die Hecken, das Tafelobst oder auch die seltene und besondere Vegetation zu schützen. Es gibt zum Beispiel viele Orchideen-Arten in unserer Gegend“, so die Jungnauerin. Auch der Kreuzenzian wächst im Jungnauer Gewann.

Er ist Wirtspflanze des Kreuzenzian-Ameisenbläulings, der in Jungnau vorkommt und ein am stärksten gefährdeter Tagfalter Europas ist. „Jedes Mal, wenn ich davon erzähle, platzt Herr Stumpp vor Stolz“, berichtete Wortmann. Von der sehr vorbildlichen Arbeit und einer ordnungsgemäßen Übergabe konnten sich alle Beteiligten im Anschluss mit einer Rundfahrt durch das südliche und westliche Jungnauer Gewann überzeugen. „Die Stadt will hier nichts ändern, sondern in das bestehende Verfahren einsteigen und so weitermachen“, sagte Fetscher bei der Übergabe.