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Schicksalsgeschichte

Schicksalsgeschichten bewegen die Zuhörer

Sigmaringen / Lesedauer: 3 min

„Heilige Stunde“ rückt das Thema ungeborenes Leben in den Mittelpunkt
Veröffentlicht:16.04.2019, 19:31

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Mit einem Zitat von Albert Schweizer hat Diakon Werner Knubben die „heilige Stunde für das Leben und dessen Gefährdung“ in der Kirche St. Fidelis eröffnet: „Leben ist Leben, das leben will, inmitten von Leben, das leben will.“ Die besondere Veranstaltung begann mit einem langsam sich steigernden, am Schluss aufwühlenden Solo des Saxophonisten Wolfgang Eisele – und endete auf die Sekunde genau mit dem Einsetzen des Glockengeläutes um neunzehn Uhr. Geschichten aus der Beratungsstelle „donum vitae“ hielten die aufmerksamen Zuhörer sechzig Minuten gefangen. Geschichten, die unter die Haut gingen – Geschichten von Frauen in Not und Verzweiflung, aber auch Geschichten von hoffnungsvoller Vorfreude auf das ungeborene Leben.

Zwei Mitarbeiterinnen der Beratungsstelle, Ingrid Weinmann und Susanne Scham, begleiteten Frauen in Konfliktsituationen und unterstützten sie bei ihren Entscheidungen. Im Chorraum von St. Fidelis trugen sie abwechselnd authentische Biographien vor, Lebensgeschichten, die von Bruno Hamm am Klavier und Wolfgang Eisele am Saxophon mit einfühlsamen Improvisationen aufgegriffen, in Töne und Klänge übersetzt und verstärkt wurden, sodass sie noch lange nachwirkten.

Susanne Scham berichtete über eine alleinerziehende Mutter zweier Kinder, die frisch verliebt in der sechsten Woche schwanger ist, und die nicht weiß, wie es weitergehen soll. Die Kinder sind aus dem Gröbsten raus, sie konnte wieder in ihrem alten Beruf Fuß fassen und ihr Freund will von einer Schwangerschaft nichts wissen. Die Beraterin trifft sie nach einem Jahr zufällig beim Einkaufen. Sie ist mit dem Kinderwagen unterwegs. Hier endet der Bericht. Wie es ihr geht, wie ihre Familienkonstellation jetzt aussieht bleibt offen.

Schicksal einer Nigerianerin

Ingrid Weinmann erzählte vom Schicksal einer Nigerianerin, einer jungen Frau, die im achten Monat schwanger ist und die nicht wirklich weiß, warum sie an die Beratungsstelle vermittelt wurde. Eigentlich weiß sie nur, dass sie dies tun muss, wenn sie einen Schwangerschaftsabbruch machen möchte. „Was bringt sie in die Not, diese Entscheidung treffen zu müssen“, fragt die Beraterin – und erfährt von einer Odyssee über das Meer, einem getöteten Mann, einer kleinen Tochter, die in Afrika zurückgeblieben ist. Auf der Flucht habe sie einen Landsmann kennengelernt, sich verliebt, aber die Familie des Mannes sei mit ihr nicht einverstanden, da sie schon ein Kind habe. Ein Kind allein ohne Mann wolle sie nicht, obwohl ihr die Beraterin versichert, dass das in Deutschland keine Besonderheit sei. Nein, erwidert die junge Frau, sie könne das nicht, hoffe aber, dass Gott ihr verzeihe.

Ein junges Paar, gespielt von Hanna Stauß und Johannes Kretschmann, ringt im Gespräch mit der Beraterin um ein gemeinsames Für oder Wider und verlässt nachdenklich die Beratungsstelle, den letzten Satz der Beraterin im Ohr: Ich erinnere an die Gnade der Natur, die uns neun Monate Zeit lässt, mit dieser neuen Lebensaufgabe vertraut zu werden, buchstäblich schwanger zu gehen.

In der 28. Schwangerschaftswoche erfährt Frau G., dass ihr Kind das Downsyndrom und einen Herzfehler hat. In einem Atemzug wird bei der Vorsorgeuntersuchung im Krankenhaus Trisomie 21 mit Begriffen wie Krankheit, Behinderung, Herzoperation, Hör- oder Sehschäden und Abtreibung in Verbindung gebracht. Frau G. entscheidet sich für ihr Kind, und mit ihrer Geburt gehört Ronja zu den fünf Prozent der Kinder mit Trisomie 21, die heute nicht abgetrieben werden. „Wir haben einen Engel zur Tochter bekommen“, sagt Frau G., denn Ronja entwickelt sich entgegen allen ärztlichen Bedenken prächtig.

Auch die Musiker trugen mit ihren Reflexionen der positiven Entwicklung der Geschichte Rechnung, indem sie das Gehörte in eine heiter beschwingte Melodie, ähnlich einem Kinderlied, das pure Lebensfreude ausstrahlt, transferierten. Mit einem herzlichen Dankeschön an alle Beteiligten und der Einladung zu Gespräch und Austausch beendete Martin Bösch, der erste Vorsitzende des „donum vitae“ Regionalverbandes Hohenzollern, eine Veranstaltung, der man mehr Zuhörer gewünscht hätte.