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Polizeireform

Polizei gibt sich selbst schlechte Noten

Sigmaringen / Lesedauer: 3 min

Präsidium Konstanz hat offenbar eine Menge Probleme – Interne Umfrage liefert Details
Veröffentlicht:30.12.2016, 17:56

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In einer Befragung zur landesweiten Polizeireform haben Polizisten insbesondere dem Präsidium Konstanz – verantwortlich für den Bodenseekreis, die Kreise Konstanz und Ravensburg sowie Sigmaringen – schlechte Noten gegeben. Vor allem fehlende Bürgernähe, verlorenes Expertenwissen und ein schlechter Zuschnitt des Zuständigkeitsbereichs stoßen auf Kritik.

Schon zuvor waren Teile der Befragung an die Presse durchgesickert und wurden auch von Innenminister Reinhold Gall (SPD) kommentiert. Doch ein genauer Blick in die eigentlich interne Befragung, die der Schwäbischen Zeitung vorliegt, offenbart das ganze Ausmaß der Krise der hiesigen Polizei . Insgesamt 13 Themenbereiche mussten rund 11300 Beamte in Baden-Württemberg bewerten. In vier davon landet Konstanz auf dem letzten Platz, in weiteren vier auf dem zweitletzten Platz von 17 Präsidien und weiteren zentralen Polizeieinrichtungen.

Insbesondere den Zuschnitt des Verantwortungsbereich des Präsidiums Konstanz – es reicht von dort über den See zum Bodenseekreis, nach Sigmaringen und Ravensburg bis nach Isny im Allgäu – halten die Beamten offenbar für missraten. Sie bewerteten diesen Punkt mit der Note 3,92 auf der von eins bis fünf reichenden Notenskala. Das ist kein Wunder: Schon im Vorfeld wurde die Entscheidung, das Präsidium im Zuge der Polizeireform 2014 nach Konstanz – an den Rand des Zuständigkeitsbereichs und mit dem Bodensee als Barriere zum Kerngebiet – zu legen heftig kritisiert.

Doch auch bei anderen Punkten sehen die Polizisten in der Region offenbar wenig Licht. So kritisieren sie einen Verlust an Expertenwissen durch die Reform, vergeben hier die Note 3,66. Für das Ziel einer „Bürgernahen Polizeiarbeit“, also eines guten Kontakts zwischen Polizei und Bürgern vor Ort, vergaben die Polizisten die Note 3,92. Und dass durch die Reform mehr Polizisten für den Streifendienst vor Ort zur Verfügung stehen als bisher, sieht offenbar kaum ein Polizist als korrekt an. Hier bekommt Konstanz die Note 4,57.

Uwe Stürmer , stellvertretender Chef des Polizeipräsidiums Konstanz, Leiter der Kripo Friedrichshafen sowie Leiter der Projektgruppe, die die Polizeireform im Land bewerten soll, nimmt die Befragung im SZ-Gespräch ernst: „Es besteht tatsächlich in der Polizei eine Unzufriedenheit mit der Polizeistrukturreform“, sagte er am Freitag. Insbesondere stelle der Zuschnitt des Präsidiums Konstanz die Polizei „angesichts der Verkehrssituation und der trennenden Wirkung des Bodensees vor besondere Herausforderungen“.

Kein Wunder: Wenn etwa der Polizeichef von Isny zur einer Besprechung nach Konstanz und zurück fahren muss, muss er derzeit rund 220 Kilometer fahren. Auch die Anfahrtswege für die zentral angesiedelte Kripo sind lang. Unlängst wurde kritisiert, dass Spezialisten der Polizei zur Unfallaufnahme bisweilen Stunden brauchen, bis sie am Einsatzort im Kreis eintreffen – lange Staus und ewig gesperrte Straßen waren bereits die Folge.

Die Polizei scheint sich der schwierigen Lage allerdings bewusst zu sein. Die aktuelle Befragung der Polizisten ist laut Stürmer nur ein Teil einer umfassenden Analyse, die Erfolge und Probleme der Polizeireform offenlegen soll. Im März 2017 sollen die Ergebnisse des Werks dann auch tatsächlich der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Auch wenn es laut Stürmer nicht möglich sei, „die Reform rückabzuwickeln“, sieht er letztlich eine Chance nachzubessern. Das Ziel sei noch immer eine schlagkräftige Polizei in der Region, mit kurzen Wegen, die effektiv arbeiten könne.