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Patienten verlangen kaum noch nach Besuchsdienst

Sigmaringen / Lesedauer: 4 min

Caritativer Förderverein wird seit Jahreswechsel nicht mehr ans Krankenhaus bestellt – Ehrenamtliche enttäuscht
Veröffentlicht:25.05.2018, 14:20

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98 Prozent der im Krankenhaus befragten Patienten wünschen keinen Besuchsdienst durch einen kirchlich-sozialen Träger. Das sagt Pflegedienstleiterin der SRH Kliniken im Landkreis Sigmaringen, Silvia Stärk. Der caritative Förderverein der drei katholischen Kirchengemeinden St. Peter und Paul Laiz , St. Johannes der Täufer Inzigkofen und St. Gallus Gutenstein hatte jüngst beklagt, dass seit dem Jahreswechsel kein Krankenbesuch im SRH Klinikum Sigmaringen durch den Besuchsdienst erfolgt sei, weil das Krankenhaus keine Patienten-Namen mehr an die Pfarrgemeinden übermittele. Das liegt laut Silvia Stärk jedoch daran, dass schlicht kaum mehr Patienten Interesse daran hätten, besucht zu werden, sagte sie der „Schwäbischen Zeitung“ auf Nachfrage.

„Im Zuge des neuen Datenschutzgesetzes sind wir verpflichtet, die Patienten zu fragen, ob sie einen Besuch wünschen“, erklärt Stärk. Früher sei nur die Konfession abgefragt und automatisch an die Pfarrgemeinden weitergegeben worden. „Die Möglichkeit, sich von der Besucherliste streichen zu lassen, haben früher kaum Leute in Anspruch genommen“, sagt Stärk. Vermutlich sei die Hemmschwelle größer gewesen, diesen Wunsch explizit zu äußern. Eine Absage sei nun einfacher zu machen, weil man einem Besuch ausdrücklich zustimmen müsse. „Womöglich wollten die Leute höflich sein und haben deshalb nicht widersprochen“, mutmaßt die Pflegedienstleiterin. „Die Patienten wollen das unserer Erfahrung nach nicht mehr, haben weniger Berührungspunkte mit der Kirche.“ Der Kommunionsdienst am Wochenende werde hingegen besser angenommen. Vier katholische und ein evangelischer Besuchsdienst seien im Krankenhaus aktiv.

Karl Bulach , Vorsitzender des caritativen Fördervereins kann sich kaum Vorstellen, dass so viele Patienten dem Besuchsdienst auf einmal derartig skeptisch gegenüber stehen sollen. 26 ehrenamtliche Helferinnen sind für die Seelsorgeeinheit im Einsatz und besuchen Patienten im Krankenhaus. 2016 waren es noch 36 Ehrenamtliche, die 600 Besuche absolviert hatten. „Man muss akzeptieren, wenn die Leute das nicht wollen“, sagt Bulach.

„Die Besuche sind dazu da, dass sich der Patient nicht allein gelassen fühlt“, sagt der Vorsitzende. Die Besuche können eine Art seelsorgerliches Gespräch beinhalten, oder man plaudert über Gott und die Welt, je nach Wunsch des Patienten. „Wenn die Patienten einen erfüllbaren Wunsch haben, kümmert sich der Besuchsdienst auch darum“, sagt Bulach. An Weihnachten bringen die Ehrenamtlichen auch ein kleines Präsent mit, auch Geburtstagsbesuche werden gemacht.

Ehrenamtliche machen derzeit nur noch Hausbesuche

Beate Walter aus Laiz ist eine von vier Freiwilligen, die sich in Laiz um den Besuchsdienst kümmert. Seit Dezember sei sie nicht mehr ehrenamtlich im Krankenhaus auf Besuch gewesen, derzeit übernimmt sie nur noch Hausbesuche zu Geburtstagen in Laiz. Sie fürchtet um das Ehrenamt. Im Laufe der vergangenen zwei Jahre hätte die Frequenz der Krankenbesuche zwar abgenommen – „die Dauer der Krankenhausaufenthalte hat sich auch stark reduziert“, sagt sie –, dass auf einmal niemand mehr besucht werden will, kann sie sich jedoch nicht vorstellen. „Ich hatte vielleicht einmal in fünf Jahren den Fall, dass ein Patient keinen Besuch wollte.“

Vor Inkrafttreten der neuen Datenschutzverordnung vor mehr als einem Jahr sei sie selbst Patientin im Krankenhaus gewesen. „Die Schwester hat meine Konfession aber gar nicht erst abgefragt“, so Beate Walter. „Die Begründung lautete: Weil wir das nicht müssen.“ Laut Pflegedienstleiterin am SRH-Klinikum, Silvia Stärk, wird diese Information mittlerweile anders und konsequent abgefragt. „Die Nachfrage ist bei uns im System hinterlegt und kann nicht übergangen werden“, sagt sie – vorausgesetzt, es handele sich um geplante, sogenannte elektive Krankenhausaufenthalte und nicht um Notfälle.

Noch vor einigen Jahren war Beate Walter viele Stunden ehrenamtlich in der Klinik tätig, 2017 waren es immerhin etwa zwei Besuche pro Monat. Walter sieht die Zwangsruhepause des Besuchsdiensts als „Verarmung“ des Ehrenamts. Sie habe die Krankenbesuche immer gern gemacht: „Man lernt so viele Menschen kennen, und es kommt eine große Dankbarkeit zurück“, sagt sie.