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Stadthalle

Palmer fordert Sicherheitsdienst für den Sigmaringer Bahnhof

Sigmaringen / Lesedauer: 4 min

Der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer von den Grünen war in Sigmaringen zu Gast - und hat deutliche Worte rund um die Flüchtlingssituation im Land und in der Stadt geäußert.
Veröffentlicht:21.02.2018, 12:08

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Rund 350 Interessierte hören am Dienstagabend in der Stadthalle dem Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer zu, der über seine Erfahrungen in der Flüchtlingspolitik spricht. Der Buchautor kennt die Sigmaringer Verhältnisse überraschend gut. An der LEA ist seiner Meinung nach nicht zu rütteln, aber die Bürger sollten sich für Verbesserungen einsetzen. Zur Schließung der Bahnhofshalle ab 17.30 Uhr sagt der Grünen-Politiker: „Das Land oder der Bund müssen so viele Sicherheitskräfte bezahlen, dass der Bahnhof offen bleiben kann.“ Die Beeinträchtigungen für die Bürger müssten in Grenzen gehalten werden, damit sie mit den Flüchtlingen lebten könnten.

Noch eine Minute, sagt der Mann, der Boris Palmer zum Bahnhof bringen soll, mit strengem Unterton. Der letzte Zug nach Tübingen fährt um kurz vor zehn und Boris Palmer hat länger geredet als er sich vorgenommen hatte. Zum Signieren der Bücher bleibt kaum noch Zeit. Doch trotz der Hektik zum Schluss hat der Tübinger Oberbürgermeister in Sigmaringen Denkanstöße hinterlassen.

Boris Palmer untermauert in Sigmaringen die Thesen aus seinem Buch „Wir können nicht allen helfen“. Zum Signieren der Bücher bleibt nach der Veranstaltung kaum noch Zeit.
Boris Palmer untermauert in Sigmaringen die Thesen aus seinem Buch „Wir können nicht allen helfen“. Zum Signieren der Bücher bleibt nach der Veranstaltung kaum noch Zeit. (Foto: Michael Hescheler/Schwäbische.de)

Die Probleme nennt er beim Namen: Sachlich, ehrlich, schonungslos – das ist Palmers Pfund. Den Titel seines Buchs „Wir können nicht allen helfen“ habe Kritiker dazu veranlasst, ihn als Rassisten abzukanzeln. Doch diese Menschen würden die eigentlichen Probleme ausblenden. Laut UN seien aktuell 65 Millionen Menschen auf der Flucht.

Wenn sie alle nach Deutschland kämen, seien dies schlicht zu viele. „Oder würden Sie in Ihren Wohnungen Flüchtlinge aufnehmen?“, fragt der Kommunalpolitiker. Zur Verdeutlichung ein Beispiel aus seiner Partei: Selbst unter Grünen würde die Aufnahmebereitschaft nachlassen, wenn durch Migration die Bildungschancen der eigenen Kinder negativ beeinflusst würden.

Familienvater kritisiert Palmers Polemik

Seine Position zur „brenzligen Frage“ der Kriminalität erklärt er anhand von Sexualstraftaten. Zehn Prozent der Fälle würden von Asylbewerbern verübt. Doch es gebe signifikante Unterschiede zwischen Zuwanderern mit und ohne Aufenthaltstitel. Täter seien junge, alleinstehende Männer und Flüchtlinge ohne Bleibeperspektive. „Eine 70-jährige Asylbewerberin wird wohl kaum zur Sexualstaftäterin werden“, sagt er. Ein Familienvater, der in der Nähe der Kaserne wohnt, kritisiert Palmers Polemik.

Diese Darstellung sei ihm zu einseitig. Sein Sohn gehe in die zweite Klasse und erlebe positive Folgen einer angemessenen Migration. Ob er dies auch so sehe, will er von Palmer wissen. „Ich sehe diese Verbindung nicht“, entgegnet der Oberbürgermeister. „Es nützt einem gar nichts, wenn man im Prinzengarten zum Picknicken sitzen möchte, dies aber nicht kann, und Daimler auf der anderen Seite wegen der Migration mehr Umsatz mache.“

Das gute an der Migration lasse sich mit dem schlechten nicht aufrechnen und umgekehrt, so Palmers These. Die Diskussion erreicht das Sigmaringer Sicherheitsgefühl. „Warum muss ich mich schlecht fühlen, wenn mir fünf, sechs Männer entgegen kommen. Das ist mein Land und ich bin Steuerzahlerin“, klagt eine Frau. Palmer geht auf ihre Schilderung ein, indem er von der emotionalen auf die sachliche Ebene wechselt. Er zitiert Polizeipräsidenten, die anhand von Statistiken argumentierten, dass Deutschland insgesamt sicherer geworden sei. „Doch Fallzahlen nützen nichts, wenn sich die Leute anders fühlen“, sagt er und geht auf die aktuelle Tübinger Tagespolitik ein. Um zu erfahren, wie es um das Sicherheitsgefühl in seiner Stadt bestellt sei, habe er eine repräsentative Umfrage machen lassen. Das Ergebnis könne er zwar nicht verraten, weil es der Gemeinderat erst erfahren soll, doch Palmer sagt so viel: „Die Situation hat sich dramatisch verändert. Wenn es in Tübingen so ist, ist es in Sigmaringen genauso.“

Als Maßnahmen schlägt er die Einstellung von Sicherheitskräften vor. In Tübingen würden die Flüchtlingsunterkünfte bewacht. Sigmaringen müsse sich beim Land und Bund dafür einsetzen, dass die Kosten für Security-Kräfte übernommen würden. „Der Prinzengarten muss der Bürgerschaft weiter zur Verfügung stehen.“

Wo sind die Störenfriede?, will er wissen. Die Bürgerinitiative „Gemeinsam für Sigmaringen“ hatte als Veranstalter damit gerechnet und deshalb Sicherheitskräfte beauftragt. In Bezug auf Medien und Verschwörungstheorien gibt es kritische Wortmeldungen, doch Palmer gelingt es, diese zu entkräften. Angespannt sei er gekommen, sagt er. „Doch Sigmaringen ist so bedrohlich wie Schwäbisch Gmünd oder Göppingen.“ Spricht’s und spurtet auf den Zug.