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Nach Sexualkontakt: Urteil bleibt bestehen

Sigmaringen / Lesedauer: 4 min

29-Jähriger zieht Berufung nach vier Verhandlungsstunden zurück
Veröffentlicht:01.06.2018, 18:19

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Eine spannende Wendung hat am Freitag der Prozess gegen einen 29 Jahre alten Mann aus einer Nachbargemeinde von Sigmaringen genommen, der angeklagt war, vor zwei Jahren Oralverkehr mit einer damals 13-Jährigen gehabt zu haben. Lange hatte er vor dem Landgericht in Hechingen versucht, sich von den Vorwürfen zu distanzieren – doch ausgerechnet die für das Gericht glaubwürdige Aussage seines damaligen Kumpels machte diesen Versuch zunichte.

Es ist eine Nacht im Juni 2016, als der arbeitslose Angeklagte wie so oft bei seinem Kumpel übernachtet. Mit dabei sind auch hin und wieder zwei minderjährige Mädchen, die sich zu Hause nicht gut aufgehoben fühlen. Der Angeklagte soll in dieser Nacht Oralverkehr mit einem der Mädchen gehabt haben – das Mädchen ist zu dem Zeitpunkt gerade einmal 13 Jahre alt. „Sie hat die ganze Zeit versucht, mich zu küssen und mich zu massieren. Ich habe zu ihr gesagt: Wenn du 18 bist, können wir darüber reden“, sagte er. Es sei in sexueller Hinsicht nichts gelaufen, beteuerte er. Als der Staatsanwalt Karl-Heinz Beiter den Angeklagten locken wollte, dass es doch bestimmt verführend auf ihn gewirkt habe, wenn eine junge Dame ihm Avancen macht, blieb er standhaft: „Nein, das gehört nicht zu meinem Konzept“, sagte er: „Nichts unter 18.“

Der Richter Volker Schwarz, der den Prozesstag immer wieder mit bissigen Kommentaren würzte, sagte: „Wir halten fest, dass der Angeklagte bei der Auswahl seiner Sexualpartner nach einem Konzept vorgeht – für sein sonstiges Leben gilt das eher nicht.“

Gutachter: Sexualkontakt war einvernehmlich

Bereits im Februar war der Fall vor dem Sigmaringer Amtsgericht verhandelt worden. Das Schöffengericht war damals zu der Auffassung gelangt, dass es zu dem sexuellen Kontakt zwischen der 13-Jährigen und dem Angeklagten gekommen war – und dies einvernehmlich. Aufgrund der angenommenen Einvernehmlichkeit erhielt der Angeklagte wegen eines minder schweren Falls von sexuellem Missbrauch von Kindern eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt wurde (die „Schwäbische Zeitung“ berichtete). Das Sigmaringer Gericht hatte seinen Urteilsspruch damals vor allem auf die Aussagen des psycholgischen Gutachters gestützt, der die Glaubwürdigkeit des Mädchens nicht grundsätzlich anzweifelte, aber doch von einem einvernehmlichen Sexualkontakt ausging.

Angeklagter setzt zunächst alles auf einen Freispruch

Dieses Sigmaringer Urteil wollte der Angeklagte so nicht stehen lassen und ging in Berufung. Er verfolgte offenbar die Strategie, Widersprüchlichkeiten bei den Aussagen der 13-Jährigen damals vor dem Amtsgericht für sich nutzen zu können und hoffte auf einen Freispruch vor der höheren Instanz, dem Landgericht.

Das Verhör des Mädchens fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Sie blieb bei ihrer Sigmaringer Version, zum Oralverkehr gezwungen worden zu sein. Anderthalb Stunden musste sie im Gericht durchhalten. Danach war ihre Mutter an der Reihe. Mit Spannung erwarteten Verteidiger, Richter und Staatsanwalt schließlich die Aussage des damaligen Kumpels des Angeklagten, in dessen Wohnung es zu dem Oralverkehr gekommen sein soll. Dieser war nämlich im Februar nicht zum Sigmaringer Prozess geladen worden. Jetzt sagte er – auch unter Ausschluss der Öffentlichkeit – offenbar glaubwürdig aus, dass es erstens den sexuellen Kontakt zwischen der 13-Jährigen und dem Angeklagten gegeben habe – und das dieser zweitens auch einvernehmlich gewesen sei.

Für Verteidiger Alwin Beuter war es nun an der Zeit, eine Unterbrechung zu beantragen, um mit seinem Mandanten zu sprechen. Das Ergebnis dieser Unterredung: Verteidiger und Angeklagter beschlossen, die Berufung zurückzuziehen. Für seinen Mandanten sei es eine gute Sache, dass jetzt zumindest klar sei, dass es sich in der Nacht damals im Juni um eine einvernehmliche sexuelle Handlung gehandelt habe, sagte Beuter. In Sigmaringen hatte es dafür bekanntlich keinen glaubwürdigen Zeugen gegeben, sondern lediglich die Aussage des Gutachters. „Immerhin haben wir jetzt Klarheit für alle“, sagte Beuter. Damit ist das Sigmaringer Urteil nun rechtskräftig.