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Mord

Ex-Mann: Angeklagte hatte „zwei Gesichter“

Aalen / Lesedauer: 2 min

Ex-Mann: Angeklagte hatte „zwei Gesichter“
Veröffentlicht:16.03.2012, 18:55

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Am zweiten Tag der wegen Erkrankung eines Laienrichters neu aufgerollten Verhandlung gegen eine des Mordes an ihrem sechsjährigen Sohn angeklagte Verkäuferin aus Aalen ist die Beweisaufnahme gestern fortgesetzt worden.

Die Schwurgerichtskammer unter Vorsitz von Richterin Sabine Roggenbrod hörte weitere Zeugen, darunter ein zweites Mal Rettungsassistenten, Krankenschwestern und einen Arzt, die Mutter und Sohn nach ihrer Einlieferung ins Aalener Ostalb-Klinikum medizinisch versorgten.

Eine Lehrerin der Hermann-Hesse-Förderschule in Aalen schilderte bewegend, wie sie den am 14. September eingeschulten Jungen in seiner nur dreiwöchigen Schulzeit erlebte: „Er war liebenswert, fröhlich und aufgeschlossen, aber auch fordernd.“ Sie bestätigte die Aussage einer Kindergärtnerin nicht, die das Kind am Mittwoch als aggressiv und provozierend beschrieben hatte. Der kleine Kerl sei immer adrett gekleidet gewesen und habe ein liebevoll zubereitetes Schulbrot dabei gehabt. „Seine Mutter habe ich als starke Frau erlebt, vielleicht überfürsorglich. Sie und ihr Sohn waren ein Herz und eine Seele“, erklärte die Sonderschullehrerin.

Die Aussage des geschiedenen Ehemannes der Angeklagten, den sie schon mit 15 Jahren kennenlernte, skizzierte ein anderes Bild: „Das passt zu ihr“, sei sein erster Gedanke gewesen, als er von der Tat erfuhr. „Sie hat zwei Gesichter.“ Seine Ex-Frau habe ihre Kinder geliebt, es aber nicht zeigen können. Sie habe sich schnell überfordert gefühlt und dann unbeherrscht reagiert, getobt und die beiden Söhne aus der 2002 geschiedenen Ehe geschlagen und sogar misshandelt. Beide hätten von sich aus den Kontakt zur Mutter abgebrochen, auch nicht auf ihre Briefe aus der Haft reagiert und unabhängig voneinander geäußert: „Es hätte auch uns treffen können.“

Am Nachmittag erläuterte der Günzburger Rechtsmediziner Dr. Dieter Hagmayer anhand von Lichtbildern noch einmal den Befund seiner am 18. Oktober 2011 vorgenommenen Obduktion des getöteten Kindes. Er beschrieb die Todesangst, die der Sechsjährige ausgestanden haben muss, als er von seiner Mutter mindestens zehn Minuten lang gewürgt wurde.

Zu Beginn des Verhandlungstags hatte der Ellwanger Chirurg und Notfallmediziner Dr. Johannes Turnwald wiederholt, wie er am Mittag des 9. Oktober 2011 den sechsjährigen Jungen in der Wohnung der Angeklagten wiederbelebte. Das Kind war von seiner verzweifelten Mutter gewürgt und mit Messerstichen, 28 sogenannten „Probierstichen“ und zwei lebensbedrohlichen, schwer verletzt worden und zu diesem Zeitpunkt bereits hirntot.

Am 30. März stellt der an allen Prozesstagen anwesende Psychiater Dr. Hans Eugen Bisson, leitender Arzt der Justizvollzugsanstalt Hohenasperg, sein über die Zukunft der Angeklagten mit entscheidendes Gutachten vor. Auch das Urteil wird dann erwartet.