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Baufirmen suchen händeringend nach Auszubildenden

Sigmaringen / Lesedauer: 3 min

61 Prozent der Lehrstellen im Kreis Sigmaringen sind unbesetzt – Handwerkskammer mit Online-Speed-Dating
Veröffentlicht:13.08.2020, 12:07

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Zu Beginn des neuen Ausbildungsjahrs sind viele Baufirmen im Landkreis Sigmaringen vergeblich auf der Suche nach Auszubildenden. Darauf weist die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) unter Berufung auf aktuelle Zahlen der Arbeitsagentur hin.

Danach blieben im Juli 61 Prozent aller Ausbildungsstellen auf dem Bau unbesetzt. Von 108 ausgeschriebenen Plätzen im Kreis Sigmaringen waren noch 66 zu vergeben. Bereits im vergangenen Jahr waren zum selben Zeitpunkt 51 Prozent aller Ausbildungsplätze im Bauhauptgewerbe unbesetzt.

Nur wenn die Arbeitsbedingungen auf Baustellen attraktiver werden, lässt sich das Nachwuchs-Problem lösen.

, Regionalleiter IG BAU Südwürttemberg Andreas Harnack

Andreas Harnack, Regionalleiter der IG BAU Südwürttemberg , spricht von einem „Alarmsignal“. Wenn es den Firmen nicht gelinge, Schulabgänger für die dringend gebrauchte Arbeit als Maurer, Straßenbauer oder Baugeräteführer zu finden, dann gerate das Fundament der ganzen Branche ins Wanken. „Aber nur wenn die Arbeitsbedingungen auf Baustellen attraktiver werden, lässt sich das Nachwuchs-Problem lösen“, sagt Harnack.

In der laufenden Tarifrunde fordert die IG BAU deshalb ein monatliches Einkommensplus von 100 Euro für alle Azubis. Außerdem soll die lange, meist unbezahlte Fahrerei zur Baustelle entschädigt werden, um die Arbeit attraktiv zu halten – auch gegenüber anderen Branchen, in denen weit weniger gependelt wird.

Hohe Abbrecherquote bei Berufseinsteigern

„Wer sich bei der Berufswahl für den Bau entscheidet, der muss auch Familie, Freizeit und Arbeit unter einen Hut bringen können. Aber das klappt für die meisten Berufseinsteiger nur sehr selten“, so Harnack. Diese Unzufriedenheit spiegele sich auch in einer hohen Abbrecherquote wider, denn jeder Azubi bringt die Ausbildung nicht zu Ende.

Auf die aktuelle Situation reagiert die Handwerkskammer Reutlingen mit ab 1. September mit dem ersten Online-Speed-Dating. Zwei Monate lang können Jugendliche auf Ausbildungsplatzsuche über eine Plattform mit Betrieben in Kontakt treten und sich auf ein erstes Date zum Kennenlernen oder ein Vorstellungsgespräch verabreden.

Bei einem Speed-Dating kommen Bewerber mit mehreren Ausbildungsbetrieben ins Gespräch und finden in kurzer Zeit heraus, ob es passen könnte. Dieses bewährte Konzept wird nun unter dem Slogan „Dein Weg ins Handwerk“ erstmals in digitaler Form angeboten.

Dafür gebe es mehrere Gründe, sagt Christiane Nowottny , Geschäftsbereichsleiterin Berufsausbildung der Handwerkskammer Reutlingen. Einer davon sei das Coronavirus. „Ein normaler Veranstaltungsbetrieb ist seit Monaten unmöglich. Bildungsmessen und Infotage an Schulen fanden in diesem Jahr praktisch nicht statt“, so Nowottny.

Firmen suchen online nach Azubis

Zugleich sei die Online-Variante ein zeitgemäßes Format, um Schüler und Schulabgänger anzusprechen. Der Aufwand für Jugendliche und Betriebe sinke beträchtlich. „Die Kontaktaufnahme erfolgt direkt und zeitsparend über den Rechner oder das Smartphone. Die Ausgaben für den Messestand entfallen“, so Nowottny.

Jugendliche finden auf der Plattform freie Lehrstellen für den Start in 2020 und 2021 mit detaillierten Informationen zu den Voraussetzungen und Anforderungen sowie die Kontaktdaten des Betriebs. Das laufend aktualisierte Angebot kann auf Ausbildungsberufe, Betriebe und Orte eingeschränkt werden.

Wer an einem Gespräch interessiert ist, legt über den integrierten Kalender direkt seinen Wunschtermin fest. Eine Besonderheit der Plattform: Interessenten entscheiden, ob der Erstkontakt telefonisch oder per Video stattfinden soll.

Zwei Wochen vor Beginn des Ausbildungsjahres sind noch 724 Ausbildungsplätze in der Lehrstellenbörse der Kammer zu finden, so viele wie nie zuvor. Für das Ausbildungsjahr 2021 sind bereits über 750 Angebote gemeldet. „Das Handwerk will ausbilden und hält die Zahl der Ausbildungsplätze stabil. Daran hat Corona nichts geändert“, ergänzt Nowottny, die davon überzeugt ist, dass das neue Format von Jugendlichen und Betrieben gleichermaßen gut angenommen wird.