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Landeserstaufnahmestelle

Auffällige Flüchtlinge: Verantwortliche versprechen Besserung

Sigmaringen / Lesedauer: 3 min

Regierungspräsident zur Sicherheitsdebatte in Sigmaringen: „Wir haben das im Griff“
Veröffentlicht:25.04.2018, 21:08

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Die Sicherheitslage im Umfeld der Landeserstaufnahmestelle für Asylbewerber (LEA) in Sigmaringen verbessert sich – diese Botschaft suchte der Tübinger Regierungspräsident Klaus Tappeser bei einem Besuch der Einrichtung am Mittwoch zu vermitteln. Zuletzt war die Kriminalität in der Stadt gegen den allgemeinen Trend im Land stark angestiegen. „Wir haben das im Griff“, betonte Tappeser nun.

Mehr als jede zweite Straftat (56,9 Prozent) in der Stadt Sigmaringen ist 2017 von einem Asylbewerber begangen worden – ausländerrechtliche Delikte bereits herausgerechnet. Besonders stark angestiegen waren die Straftaten in den Bereichen Ladendiebstahl und Rauschgiftkriminalität, wie aus der kürzlich veröffentlichten Statistik des Polizeipräsidiums Konstanz hervorgeht. Doch auch in sämtlichen anderen Bereichen, von der Körperverletzung bis hin zu Sexualstraftaten, war die Zahl im zweistelligen Prozentbereich gestiegen. Das Innenministerium hat deswegen inzwischen ein Sicherheitskonzept für Sigmaringen erarbeitet, eine eigens eingerichtete Ermittlergruppe hat zuletzt 21 Mehrfachtäter unter den Asylbewerbern verhaftet.

Für die nach oben geschnellten Deliktzahlen hat Tappeser eine Erklärung: Er habe dafür gesorgt, dass jede Straftat und jede Ordnungswidrigkeit zur Anzeige gebracht werde. „Wenn ich die Mitarbeiter bitte, Anzeige zu erstatten, dann gehen in der Statistik natürlich die Zahlen hoch.“

Nicht einmal zur Hälfte belegt

Derzeit leben etwa 370 Menschen in der ehemaligen Graf-Stauffenberg-Kaserne – erlaubt wären im Regelbetrieb bis zu 875, wie eine Vereinbarung von Land, Stadt und Kreis Sigmaringen festhält. Die größten Gruppen kommen aktuell aus Nigeria, Marokko, Gambia, Guinea und Georgien.

Die meisten Bewohner leben völlig unauffällig in der Erstaufnahmestelle. Als kriminelle Mehrfachtäter zählen nach Polizeiangaben überwiegend „junge Männer mit schlechter Bleibeperspektive aus Nordafrika“. Die Zahl der verbliebenen LEA-Bewohner in dieser Kategorie beziffert der scheidende LEA-Chef Fabian Heilmann auf allenfalls „zehn Personen, wenn überhaupt“.

Dass Menschen mit schlechter Bleibeperspektive eher auffällig werden, hat auch der Sigmaringer Bürgermeister Thomas Schärer (CDU) festgestellt. Er erinnert das Land deswegen an sein Versprechen, dass kein Asylbewerber länger als sechs Monate in der Sigmaringer LEA bleiben soll. Eine entsprechende Garantie hat die Landesregierung der Stadt und dem Landkreis gegeben – hält sie aber nicht ein. Aktuell 50 der 370 Bewohner warten schon länger als ein halbes Jahr auf eine Anschlussunterbringung.

„Ich hätte die Garantie nicht ausgehandelt“, sagt dazu Regierungspräsident Tappeser. Denn das Land habe nur begrenzt Einfluss: „Wir sind nicht Herr des Verfahrens“, so Tappeser mit Blick auf die bisweilen schleppenden Abläufe beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, das der Regierung in Berlin untersteht. LEA-Chef Heilmann verweist zudem darauf, dass ein sechs Monate langes Verweilen in der Erstaufnahme nicht bedeutet, dass die entsprechenden Menschen sechs Monate lang in Sigmaringen bleiben – manche werden von einer Erstaufnahmestelle in eine andere verlegt.

Ärger hatte zuletzt auch der massive öffentliche Alkoholkonsum einiger Asylbewerber hervorgerufen, vor allem am Bahnhof. Bürgermeister Schärer fordert deshalb verpflichtende Präventionskurse für LEA-Bewohner, die wiederholt durch Alkoholmissbrauch aufgefallen sind. Doch damit stößt er bei Tappeser auf Ablehnung. „Wir haben ja Präventionsangebote. Aber ein LEA-Bewohner kann dazu genauso wenig gezwungen werden wie ein Sigmaringer Bürger. Das sind keine Internierten hier.“

Schärer kann diese Argumentation nicht nachvollziehen.

Ein Pflichtkurs ist aus meiner Sicht kein Eingriff ins Persönlichkeitsrecht und auch keine Sanktion. Im Gegenteil, es kann den Betroffenen helfen

sagt er. Und ergänzt: „Wenn Sie die Ursachen von Vorfällen ansehen, die Bürger immer wieder stören, wie Ruhestörung oder ungebührliches Verhalten, dann hat das meistens mit Sucht zu tun.“

Mitte Mai erläutert die Polizei im Sigmaringer Gemeinderat, wie sich das Sicherheitskonzept auf die Kriminalitätsstatistik für das erste Quartal 2018 ausgewirkt hat. Laut Regierungspräsident Tappeser sind die Deliktzahlen im Vergleich zu 2017 schon wieder deutlich rückläufig.