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An vereinfachtem Verfahren für Baugebiete scheiden sich die Geister

Scheer / Lesedauer: 3 min

Gemeinderätin fordert Umweltprüfung – Planungsbüro soll Fragen beantworten
Veröffentlicht:30.09.2019, 06:00

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In der jüngsten Sitzung des Gemeinderates sind sowohl in der Bürgerfragestunde als auch unter dem Tagesordnungspunkt „Verschiedenes“ wichtige Themen angesprochen worden.

Bürger Jörg Josty und Rätin Anna Pröbstle forderten eine nachhaltige Entwicklung im Bereich der Erschließung von Baugrund, im sozialen Wohnungsbau und im Umweltschutz. In der Kritik stand vor allem der Paragraf 13b des Baugesetzbuches, der Gemeinden ein beschleunigtes Verfahren für das Ausweisen von neuen Baugebieten ermöglicht. Dabei ist kein Umweltgutachten erforderlich. Die Stadt Scheer ist dabei, drei Baugebiete auf diesem Weg zu planen. Diese Planung wurde in der vorigen Wahlperiode angestoßen.

Rätin Anna Pröbstle kritisierte heftig, dass bei den Planungen auf das Umweltgutachten verzichtet werde. Sie stellte den Antrag auf Umweltprüfung. Sie forderte, dass ein Gutachten erstellt werde, um auszuarbeiten, was an Kompensationsmaßnahmen anfallen würde, wenn die Gemeinde die Fläche über den herkömmlichen Weg ausweisen würde. Sie erklärte, der Paragraf 13b sei zur Innenverdichtung geschaffen worden und jetzt werde er zur Arrondierung missbraucht. „Von den geplanten Baugebieten ist keines im Innenbereich“, warf sie der Gemeinde vor und trug entsprechende Zitate aus wissenschaftlichen und politischen Gutachten vor. Sie wünschte sich, dass ein nachhaltiges Stadtentwicklungskonzept erstellt werde, bevor im beschleunigten Verfahren neue Baugebiete ausgewiesen werden. Die Altstadt müsse einbezogen werden und der landwirtschaftliche Flächenverbrauch reduziert.

Es folgte eine angeregte Debatte. Bürgermeister Lothar Fischer räumte ein, dass die neuen Baugebiete auf landwirtschaftlichen Flächen entstehen: „Da ist kein Biotop drauf. Wir haben auf der Gemarkung reichlich Biotope. Ackerflächen ziehen keine so hohen Umweltausgleichskosten nach sich, sodass die Bauplätze nicht so teuer werden“, erklärte er. Wenn die Chance, die der Paragraf 13b derzeit biete, nicht genutzt werde, sei die Möglichkeit, Baugebiete zu erschließen auf lange Jahre verwirkt.

Auch Rätin Liane Hildenbrandt verteidigte das Vorgehen der Gemeinde: In Heudorf gab es in den vergangenen Jahren keine Bauplätze, sodass viele Bauwillige den Ort verlassen haben. „Wir haben fast den Kindergarten schließen müssen“, erklärte sie. Rat Christoph Auer bekräftigte diese Sicht: Er wolle Kindergärten und Grundschule halten. Dazu brauche es Wohnraum. „In der Altstadt gehört uns nichts. Da können wir nichts entwickeln. Wir brauchen dort Platz, wo die Leute bauen und wohnen wollen, damit wir eine lebendige Stadt haben“, sagte er. Bürgermeister Fischer erklärte, dass es in der Altstadt schwierig sei: Die Eigentümer wohnten nicht vor Ort und hätten kein Interesse an Sanierung. Die Altstadtentwicklung müsse in Anbetracht der derzeitigen Aufgaben auf die nächsten Jahre verschoben werden.

Pröbstle konterte, dass die Gebäude, die mit dem Paragraf 13b ermöglicht und gebaut werden, in 50 Jahre die Leerstände seien. Diese Sicht teilte Bürgermeister Fischer nicht: In den vergangenen Jahren habe sich in einigen Wohnhäusern der Wechsel von Großeltern auf Enkel vollzogen.

Das Thema Bauen kritisierte auch Jörg Josty: Im Heudorfer Bebauungsplan seien keine Geschosswohnung geplant. Einfamilienhäuser seien für viele Familien zu teuer. „Was tut die Gemeinde in Sachen sozialer Wohnungsbau?“, fragte er. Bürgermeister Fischer erklärte, die Gemeinde könne keine Wohnungen bauen, da sei sie auf Investoren angewiesen. Auch wollte Josty wissen, ob es eine Untersuchung zur Verdichtung des Innenbereichs gebe. Bürgermeister Fischer erklärte, dass die Bebauung in Heudorf gut verdichtet werden könnte, dass aber die Eigentümer ihre Flächen nicht hergeben. „Das hat auch mit der Zinspolitik zu tun. Grundstücksverhandlungen sind derzeit sehr schwierig“, klagte Bürgermeister Fischer. Er kündigte an, dass in einer nächsten Sitzung, wenn die Planung der Baugebiete vorangetrieben werde, der Planer Lothar Zettler vom Büro Lars Consult kommen werde, um die Fragen zum Umweltgutachten und zum Paragraf 13b zu beantworten.