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Stegstrecker wollen Zunftmeister nicht mehr

Pfullendorf / Lesedauer: 4 min

83 Mitglieder lehnen Seelmann-Eggebert ab – Neue Abstimmung bei außerordentlicher Mitgliederversammlung
Veröffentlicht:14.05.2015, 15:06

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Der „Supergau“, so der zweite Vorsitzende Thomas Obert bei der Hauptversammlung am Mittwoch, ist bei der Narrenzunft Stegstrecker eingetreten. Die 158 anwesenden Mitglieder verweigerten Zunftmeister Michael Seelmann-Eggebert die Wiederwahl. 83 Mitglieder stimmten in der geheimen Wahl gegen Seelmann-Eggebert, der nach der Satzung zwei Drittel der Stimmen gebraucht hätte. Lediglich 69 Mitglieder wollten den bisherigen Zunftmeister weiter im Amt sehen.

Dass die Wahlen Zündstoff bieten könnten, lag von Anfang an in der Luft. Seelmann-Eggebert hatte die Zunft nämlich im vergangenen Sommer informiert, dass er nicht für eine Wiederwahl zur Verfügung stehen würde, kurz vor der diesjährigen Fasnet zog er diesen Entschluss zurück und gab bekannt, dass er das Amt doch weiterhin ausüben wolle. Eine Entscheidung, die bei den Mitgliedern nicht auf einhellige Zustimmung stieß, wie Seelmann-Eggebert wusste.

In seinem Zunftmeisterbericht, der ansonsten dem Verlauf der diesjährigen Fasnet gewidmet war, erinnerte er an kontrovers und emotional geführte Debatten zur Zunftmeisterwahl. Trotzdem stelle er sich, ermutigt und bestärkt vom Vorstand, der Wiederwahl. „Ich weiß sehr wohl, dass meine Entscheidung nicht unumstritten ist, aber wie jeder in einem verantwortungsvollen Amt bin ich in die Pflicht genommen, das aus meiner Sicht Beste für die Zunft zu tun, auch wenn es mühevoll sein sollte“, sagte Seelmann-Eggebert der Versammlung. Eine konstruktive, auch kritische Diskussion sei für die Weiterentwicklung notwendig, aber sie müsse in geordneten Bahnen verlaufen. Außerdem müssten von den Verantwortlichen mehrheitliche Entscheidungen solidarisch mitgetragen werden und es dürfe nicht nur auf die Fehler derer geschaut werde, die sich um die Umsetzung bemühen, sagte er weiter. Spätestens als Ehrenzunftmeister Karl Fehrenbach als Wahlleiter nachdrücklich an die Mitglieder appellierte, „verantwortungsvoll mit der Wahl umzugehen“, war allen klar, dass es in der geheimen Abstimmung zum Eklat kommen könnte, obwohl niemand einen Gegenkandidaten vorschlug.

Es herrscht Ausnahmezustand

Nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses herrschte im Seepark-Restaurant zunächst der Ausnahmezustand. „Wir haben keinen Zunftmeister“, sagte Fehrenbach und erklärte die Versammlung für beendet, zumal die weiteren Vorstandsmitglieder spontan bekannt gaben, ihre Ämter nicht mehr ausüben zu wollen. Erst der Hinweis von Christoph Ritter, dass der Wahlausgang nichts mit der weiteren Tagesordnung zu tun habe und die Mitglieder erwarten, dass der Stellvertreter die weiteren Punkte abwickelt, brachte halbwegs Ruhe in die Reihen. Die weiteren Wahlen, darunter auch die Wiederwahl von Kassenwart Wolfgang Obert , wurden zwar ausgesetzt, aber die Ordensverleihungen führte der stellvertretende Zunftmeister durch. Wie nach dem Wahleklat zu erwarten war, fand die von Seelmann-Eggebert eingebrachte Satzungsänderung zum erweiterten Vorstand keine Zustimmung, sondern wurde entsprechend einem Vorschlag von Wolfram Lohr „zur Überarbeitung“ zurückgewiesen. Eine klare Mehrheit fand hingegen die von Andreas Narr vorgeschlagene Satzungsänderung, den Narrenrat künftig von der Generalversammlung wählen zu lassen, um die Gruppen wieder näher an den Narrenrat zu rücken.

Im Vorfeld hatten Markus Hiestand, der nach dem gesundheitsbedingten Rücktritt von Oliver Ritter im vergangenen Jahr kommissarisch die Aufgabe des Geschäftsführers übernahm, und Zunftmeister Seelmann-Eggebert über ein aktives Jahr und eine gelungene Fasnet mit vielen Höhepunkten berichtet. Kassenwart Wolfgang Obert bilanzierte einen hohen vierstelligen Verlust, der exakt den entgangenen Einnahmen aus dem verregneten Stadtseefest 2014 entsprach. „Die finanzielle Situation des Vereins ist trotzdem nicht dramatisch“, verwies er auf ein stattliches Rücklagenpolster.

Wie geht es weiter?

Die Narrenzunft Stegstrecker beruft innerhalb der nächsten drei bis vier Wochen eine außerordentliche Mitgliederversammlung ein, bei der ein neuer Zunftmeister, der satzungsgemäß für die gesamte Geschäftsführung verantwortlich ist, gewählt wird. Aus den Reihen des Vorstands, so Zeugwart Thomas Hiestand mit aller Deutlichkeit, gibt es keinen Vorschlag für den vakant gewordenen Zunftmeisterposten und auch keine Vorschläge für alle anderen neu zu besetzenden Ämter. Erst nach der Wahl eines neuen Zunftmeisters wollen die aktuellen Vorstandsmitglieder ihre Entscheidung treffen, ob sie mit dem neuen Zunftmeister zusammenarbeiten und ihre Ämter weiterführen wollen. Die Vorstandsmitglieder, auch Kassenwart Wolfgang Obert, der hätte neu gewählt werden müssen, haben sich bereit erklärt, ihren Aufgaben bis zur außerordentlichen Mitgliederversammlung nachzukommen. Sollten bei dann kein Zunftmeister und keine Vorstandsmitglieder mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit sowie keine Beiräte gewählt werden, wird in einem zweiten Tagesordnungspunkt über die Auflösung des Vereins abgestimmt. Die Frage, ob der Verein in der aktuellen Situation das für den 27. bis 29. Juni geplante Stadtseefest veranstalten kann, wurde nicht abschließend geklärt.