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Musikexperiment

Integratives Musikexperiment begeistert Publikum

Pfullendorf / Lesedauer: 3 min

Bigband und Blaskapelle heizen ein – Wunsch nach einer Fortsetzung des Projekts
Veröffentlicht:14.10.2018, 12:40

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Anette Ebinger, Schulleiterin des Staufer-Gymnasiums und derzeit Präsidentin des Rotary Clubs Pfullendorf-Meßkirch, hat wahrlich nicht zu viel versprochen, als sie am Donnerstagabend „ein ganz besonderes Konzert“ und „etwas wirklich Einmaliges“ ankündigte. In der Aula ihrer Schule musizierten nämlich die Lautenbacher Blaskapelle und die Bigband des Gymnasiums gemeinsam. Ein integratives Musikprojekt, das hervorragend gelang, wie die rund 170 Zuhörer im Lauf des Abends feststellen durften. Sie, die sicher interessiert, aber ohne große Erwartungen an ein Konzert mit einer Schülerband und einer Kapelle aus Menschen mit Betreuungsbedarf gekommen waren, konnten gar nicht genug bekommen von der Musik, die unter die Haut und in die Beine ging, und forderten mit lautstarkem Beifall eine Zugabe nach der anderen.

Ensemble gibt es seit 30 Jahren

Vor über 30 Jahren entstand in der Dorfgemeinschaft Lautenbach der Wunsch nach einer eigenen Musikkapelle. Jean-Christophe Klocken-bring, der die Kapelle bis heute leitet, griff den Gedanken auf und rief ein Musikensemble ins Leben, in dem Menschen mit und ohne Behinderung gemeinsam musizieren. Vor einigen Jahren begegnete der international renommierte Karlsruher Flötist Jos Rinck den etwa 25 Lautenbacher Musikern. Daraus entstand eine Zusammenarbeit, die der Blaskapelle ganz neue Perspektiven und Klangwelten eröffnete.

Erheblich jünger, nicht nur an Jahren seit der Gründung im Jahr 2013, sondern auch hinsichtlich des Alters der Musiker, ist die etwa 30 Nachwuchsmusiker starke Bigband des Staufer-Gymnasiums, die von den Lehrern Timo Fritsch und Berthold Schreiber geleitet wird. Die beiden Lehrer und Jos Rinck führten die Kapellen nun auf Einladung des Rotary-Clubs zusammen. Ein Experiment, so Berthold Schreiber am Rand des Konzerts im Gespräch mit der Schwäbischen Zeitung, bei dem keineswegs sicher war, dass es funktionieren würde. Schon bei der ersten der nur vier gemeinsamen Proben wurden alle Zweifler eines besseren belehrt. „Es war gleich ein Zusammenfinden, es war außergewöhnlich“, berichtete Jos Rinck, der durch das Programm führte, den Zuhörern, die ein knapp zweistündiges Konzert mit unterschiedlichsten Stilelementen und quer durch alle Musikepochen erlebten. Etliche Musiker aus beiden Kapellen erwiesen sich dabei quer durch die aus beiden Orchestern gemischten Register als hervorragende Solisten, die für ihre Einlagen viel spontanen Beifall erhielten. Jos Rinck und Timo Fritsch standen abwechselnd am Dirigentenpult.

Los ging es mit einer Collage. Aus einem leisen Summen und Surren entwickelte sich bei der Improvisation „Herzschlag“ ein kräftiges Rumoren und Brummen, bevor die Melodie in Beethovens siebte Sinfonie und schließlich in Partyrock überging. Der Jazzmusiker Duke Ellington fand ebenso Einzug ins Programm wie Modest Mussorgski, die in Lautenbach erarbeitete Collage „Die Entstehung der Musik“, klassischer Bigbandsound, mitreißender Rock oder die Minimal Music des amerikanische Zeitgenossen Philipp Glass. Gänsehautfeeling erlebten die Besucher bei einer Variation zu „Amazing Grace“, die Jos Rinck „für die Menschenrechte und gegen Rassismus“ ins Programm aufgenommen hatte, und die mit dem Wunsch aus Beethovens neunter Sinfonie endete: „Alle Menschen werden Brüder.“ Am Ende bebte die Bühne unter einigen Stücken aus der Zeit des Rock’n Roll, bevor zum ruhigeren Ausklang der „Pink Panther“ in bestem Bigbandsound durch die Aula schlich.

„Ich hoffe, dieses Projekt geht weiter“, sagte Jos Rinck zum Abschluss und versprach: „Dann haben wir mehr Zugaben.“