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Donata Höffer verlässt Deutschland

Herdwangen-Schönach / Lesedauer: 4 min

Donata Höffer verlässt Deutschland
Veröffentlicht:16.03.2010, 10:40

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Wer kennt sie nicht in Herdwangen-Schönach, Pfullendorf und ein ganzes Stück darüber hinaus: Donata Höffer, die Schauspielerin, die mit ihrer Kunst Jahr für Jahr Hunderte von Literaturfreunden in Lesungen lockte. Heute morgen ist sie ins Flugzeug Richtung Jerusalem gestiegen, um für immer dort zu bleiben.

Von unserer Mitarbeiterin Anthia Schmitt

Es ist ein langer Traum, den sich Donata Höffer mit ihrem Umzug nach Jerusalem erfüllt. Bereits als Jugendliche war sie von Fotografien der Stadt hingerissen und wollte Jerusalem unbedingt kennen lernen. 20 Jahre sollte es dauern, bis sie zur ersten Israel-Reise startete. Die Faszination, die die Stadt auf die junge Frau ausübte, blieb, wuchs sogar. 1997 verlegten die drei Söhne ihren Wohnsitz nach Jerusalem. „Seitdem habe ich den Traum, auch dorthin zu gehen“, sagt Höffer beim Abschied. Jetzt sei sie 60 geworden und habe beschlossen, von nun an nach 44 Berufsjahren das Leben zu genießen.

Zehn Jahre lebte die gebürtige Berlinerin, die ihren Hauptwohnsitz in Hamburg hatte, in der Schönacher Wohnsiedlung Hügelhof. Von hier aus reiste sie zu Film- und Fernsehaufnahmen, eilte in Tonstudios, um Hörspiele und Hörbücher zu sprechen, und nahm sich ganz viel Zeit für eigene Produktionen. Die Region zog daraus Vorteile: Ihre Projekte feierten nicht selten in Pfullendorf Premiere. Unvergessen sind dem hiesigen Publikum – die Fangemeinde wuchs von Aufführung zu Aufführung - die „feurigen Schwestern“, die Lesungen „Schiffbruch mit Tiger“ und „Wenn die Wale fortziehen“, die „Purpurflügel“ oder die Gedichtabende zu Georg Trakl und Else Lasker-Schüler. Nicht selten hatte sie bei ihren Auftritten Musikerkollegen aus der Region an ihrer Seite: Dorle Ferber, Stephanie Menacher, Christoph Betz, Sabine Haußmann oder Winfried Burr. Auch ausgefallene Aufführungsorte verblüfften ihre Zuhörer immer wieder: der Garten der Familie Ruck an einem Sommerabend, das Gewächshaus der Gärtnerei Schorer, die Christuskirche, die Geberit-Abwasserwand und ganz oft der Saal bei den behinderten Menschen in Lautenbach. Typisch für Höffer: Sie trug mit einer einzigen Ausnahme – ein Abend, der sich mit dem schrecklichen Krieg in Palästina auseinander setzte - immer ein rotes Kleidungsstück. „Das ist für mich die Farbe des Lebens“, erklärt sie.

Engagiert setzte sich Höffer in ihrer künstlerischen Arbeit immer wieder mit den Entrechteten des Nazi-Regimes auseinander, forcierte und gestaltete folgerichtig die Verlegung des „Stolpersteins“ für Jan Kobus, jenen jungen polnischen Zwangsarbeiter, der im Dritten Reich wegen seiner Liebe zu einem deutschen Mädchen in aller Öffentlichkeit dort gehängt wurde, wo heute das Wohngebiet Eichberg ist. „Das war bedeutsam, dass das hier möglich wurde“, sagt Höffer.

Etwa 30 Produktionen, so schätzt sie, seien in ihrer Zeit im Linzgau entstanden: „Es war künstlerisch eine gute Zeit für mich, es war schön, selbständig und eigenverantwortlich zu arbeiten, Texte und Dramaturgie selbst zu gestalten.“ Dankbar ist sie deshalb nicht nur Kulturmacher André Heygster, der bereits beim ersten Gespräch beschloss, die zugezogene Künstlerin zu unterstützen, sondern auch den Menschen, die sie in den zehn Jahren begleiteten: „Ich habe viele gute Erfahrungen gemacht, die Begegnungen mit den Menschen waren für mich sehr kostbar.“

Ihre Wohnung am Hügelhof hat Donata Höffer aufgelöst. Drei Kubikmeter Kisten mit dem Wichtigsten durfte mit in den Flieger nach Jerusalem, wo sie ab sofort nicht nur das Leben, sondern auch die Wärme und das Licht genießen will: Briefe, Fotos, Tagebücher, Musik-CDs und ein paar Bilder von Künstlern der Kunsthalle Schönach. Auch in ihrer neuen Heimat hält kein Fernseher und kein Computer Einzug in ihr Leben. „Ich will mich mit Literatur beschäftigen und klassische Musik hören, darauf freue ich mich sehr“, sagt sie, Jerusalem, das sei auch eine Reise nach innen. „Nicht mehr so viele Verpflichtungen und nicht mehr diese Disziplin, sondern Ruhe und Stille.“ Am meisten freut sie sich auf ihren acht Monate alten Enkel und die Begegnungen mit den Menschen, die sie in Jerusalem bereits kennt. Und sie will hebräisch lernen, wenn sie sich in ein paar Wochen an ihr neues Leben gewöhnt hat.

Eine Rückkehr nach Deutschland, irgendwann später? „Gastspiele sind durchaus denkbar, aber jetzt will ich erst einmal eine Pause“, sagt sie und freut sich bereits auf den Tag, an dem ihre Tochter, die derzeit noch in Hamburg studiert, zum ersten Besuch bei der Mutter anreist: „Dann sind wir alle zusammen und das habe ich mir immer gewünscht.“