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Tierhaltung

Kontroverse Debatte über Kuhstall

Ostrach / Lesedauer: 3 min

Europa-Abgeordnete Maria Heubuch spricht in Buchbühlhalle
Veröffentlicht:09.05.2016, 10:52

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Der geplante Großkuhstall Hahnennest hat bei einem Vortrag der Europa-Abgeordneten Maria Heubuch (Grüne) in der Buchbühlhalle in Ostrach zu einer kontroversen Diskussion geführt.

In der gemeinsamen Veranstaltung von Kreis-Grünen, dem Bund und dem Nabu saßen zwar mehrheitlich Skeptiker des Projekts, aber auch Befürworter – darunter die Hahnennest-Bauern, die das Projekt verwirklichen wollen. Maria Heubuch ist Milchbäuerin und seit 2014 Europa-Abgeordnete.

Kleinbetriebe unter Druck

„1000 Kühe in einem Stall: Sind Agrarfabriken noch zu stoppen?“, lautete der Titel des Abends – die Veranstalter bezeichneten damit den geplanten Kuhstall als „Agrarfabrik“. Maria Heubuch machte allerdings deutlich, dass sie mit diesem Begriff nicht viel anfangen kann: Für die einen sei ein Stall mit 100 Kühen schon eine Agrarfabrik, während die Milchbauern das großzügiger sehen würden. „Aber bei 1000 Kühen haben wir schon eine ganz andere Dimension“, sagte Heubuch. Bei Geflügel und Schweinemast gebe es zunehmend größere Ställe, und nun gebe es auch bei Milchvieh diese Entwicklung, stellte sie fest. Die Anzahl der Betriebe werde weniger. „Das bedeutet natürlich auch Arbeitsplatzverlust.“ Dies betreffe auch außerlandwirtschaftliche Arbeitsplätze. Auch die bäuerlichen Kleinbetriebe in der Umgebung würden bei Großställen unter Druck gesetzt, weil ihr Land gebraucht werde. Auch der Grundsatz, Landeigentum möglichst breit zu streuen, gerate in Gefahr. Ebenfalls komme bei Milchvieh-Großbetrieben der Milchmarkt zusätzlich unter Druck.

Was das Tierwohl angeht, differenzierte die Referentin: „Das muss man fairerweise sagen: Es ist in kleinen und großen Ställen möglich, Tierschutz-Standards einzuhalten.“ Je höher die Tieranzahl sei, desto schwieriger werde es allerdings. So werde der „Keimdruck“ auf die Tiere größer. Auch die persönliche Betreuung sah Heubuch nicht mehr als gegeben an in einem Großstall: „Wenn ich in meinen Stall gehe, kenne ich die Tiere. Und die kennen auch mich.“ Maßgebend sei der Betreuungsschlüssel: „Wie viel Mensch auf wie viel Tier wird hier eigentlich gerechnet?“, fragte sie mit Blick auf Großkuhställe. Die Frage sei auch, ob dafür ausgebildetes Personal sich um die Kühe kümmere. „Den Blick fürs Tier, den muss man lernen. Im Übrigen gibt es Menschen, die lernen das nie.“

Emotionale Wortmeldungen

Die anschließende Fragerunde moderierte die Landtagsabgeordnete Andrea Bogner-Unden (Grüne). Sie blieb angesichts der ein oder anderen emotionalen Stellungnahme aus dem Publikum dabei betont sachlich. Während einige Bürger sich zustimmend zu Heubuchs Aussagen äußerten, gab es auch Kritiker. So meldete sich Thomas Metzler , einer der Hahnennest-Bauern, zu Wort. Er bemerkte, Heubuch sei über die Verhältnisse in Hahnennest nicht ganz im Bilde. „Wir haben in Hahnennest die letzten vier Jahre 21 Arbeitsplätze geschaffen“, betonte Metzler. Für die Betreuung der 1000 Kühe sei geplant, zehn Arbeitskräfte einzustellen. Er stellte in Frage, ob ein Betrieb mit 120 Kühen eine bessere Tierbetreuung biete, angesichts des Verwaltungsaufwands, den ein Stallbetreiber leisten müsse.

„Wollen keinem etwas wegnehmen“

„Wir wollen keinem anderen Landwirt etwas wegnehmen“, stellte Metzler darüber hinaus fest – und erntete dafür höhnisches Gelächter im Publikum. „Lassen wir den Herrn bitte aussprechen“, mahnte Andrea Bogner-Unden daraufhin zur Fairness. Thomas Metzler ergänzte seine Aussagen: Mit dem geplanten Projekt wollten die vier Hahnennest-Betriebe ihren Standort sichern für die nächsten Generationen. „Und ich muss mal die Bevölkerung fragen: Was ist daran anrüchig, dass wir Landwirtschaft betreiben wollen?“, ging Metzler in die Offensive. Maria Heubuch betonte in ihrer Antwort unter anderem, dass sie in ihrem Vortrag nicht konkret über das Projekt Hahnennest gesprochen habe.

Eine Bürgerin fragte danach, was mit den Kälbern im geplanten Kuhstall geschehen soll. Für die Jungtier-Aufzucht gebe es drei, vier interessierte Betriebe in nächster Nähe, antwortete Edwin König, einer der Hahnennest-Landwirte und Geschäftsführer des Milchparks. Hahnennest selbst brauche nur einen Teil der Nachzucht, der Rest der Kälber würde an einen weiteren Betrieb gehen.