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Jerusalemweg

5800 Kilometer zu Fuß für den Frieden

Oberschmeien / Lesedauer: 4 min

Felix Stein will im Oktober den längsten Friedensweg der Welt bestreiten
Veröffentlicht:18.06.2018, 10:38

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Felix Stein will ab Oktober 5824 Kilometer zu Fuß zurücklegen und von Oberschmeien nach Jerusalem pilgern. Der 26-Jährige begeht den sogenannten Jerusalemweg, den längsten Friedensweg der Welt, der durch neun verschiedene Länder verläuft. Im Mai will er in Jerusalem ankommen.

Die Idee kam ihm auf seiner Weltreise durch Südamerika, Kanada, Kuba, Marokko, Spanien, Schweiz, Italien Frankreich und Portugal im vergangenen Jahr, für die er seinen Job als Bankkaufmann gekündigt hatte. „Ich wollte die Reise mit einer Wanderung beenden“, so der 26-Jährige. Von Porto wanderte er nach Rom. Von da an sollte es nach Jerusalem gehen, Ziel war es, an Heiligabend in Bethlehem anzukommen.

Doch plötzlich auftauchende Schmerzen aufgrund falscher Vorbereitung – „mein Rucksack war mit 23 Kilo zu schwer – und finanzieller Fehlkalkulation beendete er die Wanderung nach 3500 Kilometern vorzeitig. „Ich merkte, dass mir das Geld nicht reichen würde“, so Stein. Nach mehr als einem Jahr des Reisens, davon viereinhalb Monaten zu Fuß, musste er seine Wanderung abbrechen. Nun will er den zweiten Teil vollenden.

Die Friedenstaube verbreiten

Den Gründer des Jerusalemwegs, Johannes Aschauer, hat Felix Stein schon kennengelernt. Von ihm hat er den Auftrag, den Weg an unerschlossenen Stellen zu markieren – mit Aufklebern. Darüber hinaus hat es sich Stein zur Aufgabe gemacht, eine Friedenstaube, das Logo des Weges, in regelmäßigen Abständen auf den Boden oder andere Wegmarken zu sprühen und den Weg mittels GPS zu erschließen, damit sich andere Wanderer besser orientieren können. Von Oberschmeien bis Bad Reichenhall an der deutsch-österreichischen Grenze will er zunächst Markierungen anbringen. Offiziell beginnt der Friedensweg am Kap Finisterre (Spanien) und führt über Frankreich, die Schweiz, Deutschland, Österreich, Ungarn, Serbien, Kosovo, Mazedonien, Griechenland, Türkei, Syrien und Jordanien nach Israel.

Johannes Aschauer hatte den Weg, der 500 Kilometer durch Syrien verläuft, kurz nach Beginn des syrischen Bürgerkriegs etabliert. „Er hat es schon rumoren hören – die reichen Syrer hatten bereits das Land verlassen“, erzählt Felix Stein. Er schwärmt von der Begegnung mit dem österreichischen Polizisten. „Es ist verrückt, wie viel Liebe er in diesen Weg steckt.“

Angst vor der Reise, durch Länder wie Syrien, hat Stein nicht. Eher die Befürchtung, aufgrund der Stempel in seinem Pass nicht nach Syrien oder Israel einreisen zu dürfen. „Welche Chance haben die Menschen, denen das Geld oder Ressourcen zur Flucht fehlen?“, fragt der 26-Jährige. Er sieht den Weg als Bindeglied zwischen den Kulturen, Religionen und Nationen. Möglichst viele Leute sollen vom Jerusalemweg erfahren.

Stein ist erfahren

Pilgererfahren ist Felix Stein, er ist schon zweimal den französischen Teil des Jakobswegs gelaufen – 2014 und 2017 in die entgegengesetzte Richtung. Das Pilgern ist für ihn eine spirituelle Grenzerfahrung. „Man ist sich selbst ausgesetzt und begibt sich in einen Wettstreit mit seinem Körper.“ Nach den ersten 300 Kilometern frage man sich immer: „Warum mache ich das?“. Die Antwort folge dann im Laufe der Reise. Begeistert berichtet er von zwischenmenschlichen Begegnungen und zyklisch wiederkehrenden Stimmungstiefs und -hochs.

„Der Weg gibt einem immer das zurück, was man gerade braucht“, so Stein. Er erinnert sich an einen schweren Tag auf dem Jakobsweg, als er feststellte, dass er seine Zigaretten in der Herberge vergessen hatte. „Da war ich ziemlich schlecht gelaunt“, so Stein. Neben einem Baum entdeckte er jedoch zufällig eine liebevoll unter einem Stein verstecke Zigarettenschachtel mit einem Zettel „Buen Camino“ (deutsch: „Guten Weg“), dem Pilgergruß. Ein andermal war er krank, musste sich erbrechen, woraufhin ihn eine ältere Frau bei sich daheim ein paar Tage gesund pflegte – Begegnungen, die Kraft und Motivation geben.

Am 8. Oktober geht Felix Stein also ein weiteres Mal auf Wanderschaft, er begibt sich auf die Route der Kreuzritter. „Am meisten freue ich mich darauf, meine Freunde aus Israel zu sehen“, so Stein. Die Freude beruhe auf Gegenseitigkeit. „Jeden Tag erhalte ich SMS in denen sie fragen: ,Wann läufst du endlich los?’“.