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Pinselstrich

Den feinen Pinselstrich hat sie bei Oma abgeschaut

Deggenhausertal / Lesedauer: 4 min

Den feinen Pinselstrich hat sie bei Oma abgeschaut
Veröffentlicht:22.06.2012, 14:35

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Das Talent hat sie wohl von ihrer Großmutter geerbt. Oder zumindest viel von der Oma gelernt, die das kleine Mädchen über die Schulter schauen ließ, wenn sie mit feinem Pinselstrich Bauernschränke bemalte oder Keramik verzierte. Bei der Manufaktur Ulmer Keramik war die Großmutter als Künstlerin beschäftigt. Und ihre Enkelin, die Diane Russo heißt, ist ebenfalls eine Künstlerin geworden. Am Sonntag wird ihre Ausstellung in Heiligenberg eröffnet.

Das Haus der Deggenhauserin legt Zeugnis ab über ihre Kunst, die auf keinen bestimmten Stil festgelegt ist. Das Faszinosum Bauernmalerei hat Russo bis heute nicht mehr losgelassen. Davon zeugt der filigran bemalte Schrank im Treppenhaus der fünfköpfigen Familie. Beim Anblick der feinen Blütenranken auf den Türen wird deutlich, dass die Bezeichnung „Bauernmalerei” oft ein Bild im Kopf entstehen lässt, das nicht unbedingt der Wirklichkeit entspricht.

Es sind nicht zwangsläufig naive Malereien oder einfache Skizzen aus dem Dorfleben, die unter diesem Begriff subsumiert werden. Vielmehr gehören auch zarte naturalistische Bilder, wie die, die den Schrank von Diane Russo zieren und Zeugnis ablegen von einer sensiblen Pinselführung, zu dieser oft verkannten künstlerischen Richtung.

Russo schildert Russo gefühlvoll, was in ihr vorgeht, wenn sie von irgendwo her einen alten Schrank ergattert und ihn zum Kunstobjekt macht. „Wenn ich den Schrank beize, stelle ich mir vor, was dieses Möbelstück schon alles miterlebt hat, welche Geschichte das Holz erzählen könnte”, sagt die Künstlerin. Und gibt dem ehemaligen Gebrauchsgegenstand durch Farbe einen ganz neuen „Anstrich”, quasi ein neues „Gesicht”.

Harmoniert ein bemalter Bauernschrank mit einem abstrakten Acryl-Gemälde? Im Haus von Diane Russo ist das durchaus der Fall. Denn nur wenige Treppenstufen entfernt hängen die Werke, welche die „andere” Seite der Künstlerin offenbaren. Bilder ohne gegenständliche Abbildungen, die auf den ersten Blick vollkommen Abstraktes, beim genauen Betrachten durchaus aber eine gewisse sich häufig wiederkehrende Motivik aufweisen.

Der Strudel etwa, ein Phänomen, das Diane Russo nicht loslässt. Immer wieder taucht er in den Bildern auf, ein Sog der Farben, der Natur, des Kosmos. „Strudel hat eine universelle Bedeutung, kommt im Wasser , bei Blüten und im Schneckenhaus vor”, schildert Russo die Faszination. Fast schon ein bisschen verschämt erzählt die Künstlerin von ihrer Beschäftigung mit dem Esoterischen, aus der einige ihrer Werke entstanden sind.

Zu abstrakt darf es jedoch auf Dauer nicht werden; hat die Deggenhauserin eine Weile an einem solchen Bild gearbeitet, bedarf es wieder eines naturalistischen Motives. Blumen zum Beispiel, die Diane Russo liebt und allein schon ob ihrer Farbenpracht gerne in Acryl verewigt - und sogar auf ihrem Oberarm mit sich trägt, den ein Blüten-Tattoo ziert. Und da sind dann noch die Tiere. Der Gepard zum Beispiel, der die Wand des Zimmers eines ihrer beiden Söhne ziert.

Im Atelier in Deggenhausen geht es übrigens nicht nur auf der Leinwand tierisch zu, zwischen den Bildern turnen die vier Mini-Samtpfoten herum, die gerade bei Familie Russo leben. Samt Katzenmama und einer rührenden Hündin, die auch zur Familie gehört.

Für ihre Tochter taucht Russo ins Reich der Feen und Elfen ein und lässt anmutige Einhörner auf ihren Bildern entstehen. Das weckt auch das Kindliche in der 38-jährigen Künstlerin, strahlend schildert sie, wie sie sich beim Malen ganz in die Fantasiewelten versenken kann. Da kann es dann auch einmal passieren, dass sie morgens um drei Uhr ins Atelier geht, um eine Idee gleich umzusetzen.

Die Ausstellung, die am Sonntag in Heiligenberg eröffnet wird, ist mit dem Titel „Sommertage” überschrieben. Hier darf das schon erwähnte Bild mit dem blühenden Flieder nicht fehlen und auch in den „Margaritengarten” lädt die Künstlerin ein. Sommerliche Leichtigkeit sollen die Bilder ausstrahlen, auch diesmal werden klassische und moderne Elemente zum typischen Stilmix der Diane Russo verbunden. Die Künstlerin stellt seit 2009 nicht nur in der Region - wie etwa im Café Kurz in Deggenhausen, in der Volksbank Markdorf oder im Rathaus Salem -, sondern auch in Stuttgart und demnächst vielleicht auch in Dresden aus.