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Kreisparteitag

Landrätin: Die Eltern müssen umdenken

Krauchenwies / Lesedauer: 3 min

Kreisparteitag spricht sich für geringere Schüler-Untergrenze in Berufsschulklassen aus
Veröffentlicht:13.10.2019, 14:51

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Die Christdemokraten haben sich auf ihrem Kreisparteitag am Freitag im Gasthaus Linde in Göggingen dafür ausgesprochen, die zulässige Schüler-Untergrenze in Berufsschulklassen im ländlichen Raum von 16 auf zehn Schülern zu senken – einigen Berufsschulklassen in handwerklichen Berufen droht aktuell wegen Unterschreitung der zulässigen Grenze von 16 Schülern die Schließung. „Berufliche Bildung – entscheidend für Mittelstand und ländlichen Raum“ hieß die Podiumsdiskussion, die der CDU-Kreisvorsitzende Klaus Burger beim Parteitag in Göggingen moderiert hat. Landrätin Stefanie Bürkle – der Kreis ist Träger der beruflichen Schulen –, Kreishandwerksmeister Siegmund Bauknecht und Oberstudiendirektor Klaus Steinhart, Leiter der Ludwig-Erhard-Schule Sigmaringen (kaufmännische Schule), nahmen an der Diskussion teil. Wie Klaus Burger aufzeigte, sei die Zahl der Schüler an den beruflichen Schulen im Kreis jüngst gesunken: Waren es 2016/17 noch 4035 Schüler, so wurden im Schuljahr 2018/19 noch 3747, also 288 weniger, gezählt.

Landrätin Stefanie Bürkle rechnet damit, dass der Rückgang noch ein paar Jahre weiter anhält. „Wir haben nicht den Tiefststand erreicht“, sagte sie. Bis 2025 werde die Zahl der Schüler an den beruflichen Schulen im Kreis über alle Bildungsgänge hinweg voraussichtlich um weitere 20 Prozent abnehmen. Allerdings sei bis dahin eine Trendwende in Sicht, die geburtenstarken Jahrgänge kämen ins entsprechende Alter: „Danach gehen wir von einer Erholung aus“, so Stefanie Bürkle. Dies alles müsse man bei der Planung des Neubaus der Sigmaringer Bertha-Benz-Schule berücksichtigen.

Wenn ein Bildungsgang dreimal hintereinander die Mindestanzahl an 16 Schülern nicht erreicht, droht die Schließung. Die Besonderheit ist aber, dass diese Kennzahl erst im zweiten Lehrjahr, in den so genannten Fortführungsklassen, erhoben wird; im ersten gemeinsamen Berufsfachschuljahr werden Schüler oft noch gemeinsam unterrichtet, die Spezialisierung erfolgt ab dem zweiten Jahr.

Kreishandwerksmeister: „Unsägliche Regelung“

Kreishandwerksmeister Siegmund Bauknecht bezeichnete die Regelung von 16 Schülern als „unsäglich“ und als eine „offensichtliche Benachteiligung des ländlichen Raumes“. Schulleiter Klaus Steinhart bestätigte dies und ergänzte: „Wir haben bei weitem nicht die hohe Bevölkerungsdichte, dass wir es uns in jedem Jahr gelingen wird, eine Klasse mit 16 Schüler zu befüllen.“

Die für ländliche Landkreise wie Sigmaringen ungute Gemengelage wurde in der Podiumsdiskussion aufgezeigt: Größere Fläche, aber weniger Einwohner als Ballungszentren, weitere Schulwege für die Berufsschüler, gleichzeitig aber schlecht ausgebauter öffentlicher Nahverkehr, was führerscheinlose Jugendliche besonders betrifft – schon kann in manchen Schulklassen die Zahl von 16 Azubis nicht mehr erreicht werden. Klaus Burger zählte besonders gefährdete Berufe auf: Fleischer, Fleischereifachverkäufer, Landwirte, Bäcker, Maler und Tischler. Siegmund Bauknecht präzisierte, dass man vor allem im Nahrungsmittelbereich Probleme habe.

Bürkle: Jugendliche denken um, die Eltern nicht

Der Kreishandwerksmeister beklagte, dass es eine Geringschätzung der handwerklichen Berufes gebe. Viele glaubten, dass man nur mit Abitur und Studium gutes Geld verdienen könne. „Was natürlich ein großer Trugschluss ist“, ergänzte er. Landrätin Bürkle nahm dabei weniger die Schüler, sondern eher die Eltern in den Blick: „Wenn wir ehrlich sind, fängt das Problem in den Köpfen der Eltern an.“ Sie glaube, dass die Jungen im Gegensatz zu den Eltern das mittlerweile verstanden hätten.

Es entstand eine Diskussion mit dem Publikum. Gerhard Lutz beispielsweise, Gemeinderat aus Herbertingen und beruflich als Professor an der Hochschule Biberach mit jungen Leuten befasst, forderte dazu auf, dass das Handwerk gezielt Abiturienten und Studienabbrecher anspreche – und zwar auch welche, die schon Mitte 30 seien. Dem Antrag, sich für eine Reduzierung der Mindestschüleranzahl von 16 auf zehn stark zu machen, stimmte der Kreisparteitag zu. Die Regelung soll nicht mehr landeseinheitlich gelten, sondern der ländliche Raum davon ausgenommen werden.