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Deutschlandtrikot

Josef Kugler ergreift die Hand des Papstes

Hohentengen / Lesedauer: 4 min

Bei einer Generalaudienz steht der 65-Jährige aus Eichen in der ersten Reihe
Veröffentlicht:14.08.2018, 17:42

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Als Radpilger reist Josef Kugler mit leichtem Gepäck. Das Deutschlandtrikot hat die weite Strecke von Eichen nach Rom aber ungetragen überstanden. „Das wollte ich tragen, wenn ich den Papst sehe“, sagt er. Dass er ihm aber direkt gegenüber stehen, ihm die Hand schütteln und ihm ein Heiligenbild würde überreichen können, daran hätte er nie geglaubt. „Mein größter Traum ist damit in Erfüllung gegangen.“

Seit 25 Jahren schwingt sich Josef Kugler jedes Jahr für eine Wallfahrt aufs Rad. „Ich besuche Marienwallfahrtsorte“, sagt er. Auch nach Rom hat es ihn schon mehrfach gezogen, wo er bereits an einer Generalaudienz und einer heiligen Messe teilgenommen hat. „Was ich aber in diesem Jahr erlebt habe, gibt es nur einmal im Leben, das ist nicht mehr zu toppen“, schwärmt er.

Rund 30 Generalaudienzen gibt Papst Franziskus im Jahr auf dem Petersplatz , immer mittwochs. Im Schnitt nehmen 50 000 Besucher an diesen Audienzen teil. Aber so nah wie Josef Kugler aus Eichen kommen nur die wenigstens an den Heiligen Vater heran. Bei der Beantragung einer Audienzkarte wird im Vorfeld von der Präfektur des Pästlichen Hauses entschieden, von welchem Platz aus ein Gläubiger die Audienz verfolgen darf. Für Brautpaare sowie Fuß- und Radpilger können Sonderkarten angefragt werden. „Genau das hat mir Kardinal Marx, der Bischof von München geantwortet, als ich ihn in einem Brief gefragt habe, ob er mir behilflich sein kann“, erzählt Kugler. Dass ihn jemand handschriftlich um Unterstützung bittet, hat den Kardinal offenbar beeindruckt. Auch ein Schreiben des CDU-Landtagsabgeordneten Klaus Burger an die Präfektur verfehlt ihre Wirkung offenbar nicht. Kugler erhält ein Schreiben, das ihm unter der Nummer 77 einen Platz für die Generalaudienz am 27. Juni zuweist.

Was das aber tatsächlich bedeutet, erfährt Kugler erst, als er sich am Tag vor der Audienz am Bronzetor mit eben diesem Schreiben seine Audienzkarte abholen möchte. Da liegen schon mehr als 1000 Kilometer auf dem Rad hinter ihm. „Ich habe eine weiße Audienzkarte bekommen und erst verstanden, dass das etwas ganz Besonderes ist, als ich zurück im Schwesternheim war, in dem ich übernachtet habe“, sagt er. Dort und auch in der Pizzeria, in der er zu Abend aß, seien alle ganz aus dem Häuschen gewesen. „Das ist ein Platz ganz vorne, haben sie gesagt und dass man näher an den Papst gar nicht herankommt.“ Die „prima fila “ ist die erste Reihe in unmittelbarer Nähe zum Papst-Baldachin. Da sei seine Aufregung gleich noch einmal größer geworden.

Am Mittwoch ist Josef Kugler um 8 Uhr unter den ersten, die ihre reservierten Plätze auf dem Petersplatz einnehmen. „Zwei Stunden habe ich in der prallen Sonne gewartet, das war ganz schön anstrengend“, erinnert er sich. Um ihn nehmen dann nach und nach Menschen aus der ganzen Welt ihre Plätze ein. Direkt neben ihm zwei Paare aus England und Österreich. „Aber ich habe auch sehr viele Asiaten gesehen“, sagt er.

Nachdem der Papst um 10 Uhr erschienen ist und das Evangelium gelesen hat, begrüßt er die angereisten Gruppen in verschiedenen Sprachen. „Vorher ist er mit seinem Wagen durch die Menschenmenge gefahren“, sagt Kugler. Er traut seinen Augen zunächst nicht, dass der Papst zum Ende der Audienz ausgerechnet auf die „prima fila“ zukommt, in der auch er selbst steht, ein Gefolge aus Mitarbeitern und Fotografen im Schlepptau. Bei allen bleibt er für ein kurzes Gespräch stehen.

Geistesgegenwärtig holt Josef Kugler eines der Bildchen vom Heiligen Wendelin hervor. „Dem ist die Kapelle in Eichen geweiht“, sagt er. Auf dem Blatt sei ein Lied abgedruckt und ein Bild aus dem Inneren der Kapelle. „Davon habe ich einige im Schwesternhaus verteilt.“ Jetzt sollte auch Papst Franziskus eins bekommen. Der Heilige Vater erkannte den Mann aufgrund seines Trikots zwischen den Anzugträgern sofort als Deutschen und sprach ihn deshalb in dieser Sprache an. „Er hat sich sehr über das Bild von Wendelin gefreut“, sagt Kugler. Seine Sympathie für den Papst ist nach dieser Begegnung noch mehr gewachsen. „Das ist jemand, der bodenständig ist und auch auf die normalen Menschen sieht und sie im Herzen hat“, findet er. „So wie mich.“

Der Rosenkranz, den er von einem Mann aus dem Gefolge in die Hand gedrückt bekommen hat, hat bei der Madonnenstatue im Hause Kugler einen Ehrenplatz bekommen. „Ich habe ja beim Radfahren auch immer einen Rosenkranz am Lenker“, sagt er. „Aber bei dem aus Rom hätte ich zu viel Angst, dass ich ihn verliere.“